0458 - Der Zombie-Zug
Woge über ihm.
Sie stürmte gegen ihn an, riß ihn zu Boden, und der Druck auf seinem Körper lastete tonnenschwer. Noch war sein Mund frei. Gellend schrie er auf, bis sich eine teigige Pranke auf seine Lippen legte und den Schrei erstickte.
Er wurde hochgerissen. Die Hände waren einfach überall an seinem Körper. Sie schleiften ihn mit, und James sah nicht, wohin sie ihn brachten. Irgendwann veränderte sich die Umgebung. Er sah keinen Himmel mehr über sich, sondern ein Dach oder eine Innenverkleidung.
Da wußte er, daß sie ihn in den Geisterzug geschleppt hatten, durch den plötzlich ein Ruck lief.
Gleichzeitig ertönte der schrille Pfiff. Krachend fiel eine Tür ins Schloß.
Sekunden später setzte sich der Geisterzug in Bewegung…
***
Für Madge Claim war eine Welt zusammengebrochen. Sie hatte all ihre Hoffnungen auf diesen Zug gesetzt und war fest davon ausgegangen, ihren Mann wieder in die Arme schließen zu können.
Gilbert aber hatte sie töten wollen!
Noch immer glaubte sie, seine eiskalten Totenklauen zu spüren.
Tränen rannten über ihr Gesicht. Madge Claim erlebte die schlimmsten Minuten ihres Lebens. Sie hörte auch den Schuß aus der Waffe des Konstablers, aber sie kümmerte sich nicht darum. Die Umgebung nahm sie sowieso nur durch einen nassen Tränenschleier wahr.
Dann kamen die anderen.
Madge hatte sie nicht aus dem Zug steigen sehen, sie waren plötzlich da und bildeten eine Wand, die den armen Konstabler erdrückte. Er fiel zu Boden, die Untoten stürzten sich auf ihn, und Madge vernahm auch seine gellenden Schreie.
Sie konnte ihm nicht helfen. Eine waffenlose Frau in ihren Jahren war einfach zu schwach für derartige Dinge, so blieb sie als Zuschauerin an den Wand stehen und wußte plötzlich, daß sie alles falsch gemacht hatte.
Gilbert war nicht mehr so wie früher. Der Tod hatte ihn verändert.
Er war zu einem Monstrum geworden.
Von ihrem Helfer sah sie nichts mehr. Der Konstabler war unter den Körpern der Untoten verschwunden, doch eine dieser Gestalten hielt sich abseits.
Das war Gilbert!
Er stand wieder auf den Füßen. In der Dunkelheit sah die Frau, wie er nach rechts und links schaute. Dann hatte er sein Ziel entdeckt.
Mit unsicher wirkenden Schritten wankte er Madge entgegen. In seinem Körper steckte noch die Pistolenkugel, das machte ihm jedoch nichts aus. Dieser Treffer behinderte ihn in keiner Weise, und er wankte einfach weiter.
Madge bekam es mit der Angst zu tun. Schon jetzt hatte Gilbert die Arme ausgebreitet. Es sah so aus, als wollte er alles umfangen, was sich in seiner Nähe befand.
Madge kam einfach nicht weg. Sie hatte das Gefühl, als wären ihre Sohlen an der Erde festgeleimt worden. Aus dem halb geöffneten Mund drangen ächzende Laute. Die Angst umspannte sie wie eine gewaltige Foltermaschine. Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, daß die übrigen Zombies, deren Zahl sie nicht einmal wußte, ihren Helfer angehoben hatten und zum wartenden Zug hin schleppten.
Dann wurde das Blickfeld von der Gestalt ihres Mannes eingenommen. Er war schon so weit heran, daß er nur die Arme auszustrecken brauchte, um sie zu erreichen. Noch einen halben Schritt ging er vor, aber Madge hob die Hände.
Mit den Flächen stieß sie gegen seine Brust, ohne ihn zurückdrücken zu können. Er selbst griff zu, hieb eine Pranke in das Fleisch ihrer Schulter und beförderte sie zurück.
Hinter Madge befand sich direkt die Tür. Sie gab keinen Halt, war zudem nicht ganz geschlossen, so daß die beiden in den ehemaligen Warteraum hineintaumelten.
Noch drei Schritte konnte sich die Frau auf den Beinen halten.
Dann wurde sie umgestoßen, fiel auf eine Sitzbank, die unter ihrem Gewicht zusammenkrachten. Der Zombie hechtete los.
Sie sah seine Bewegung, das furchtbare Gesicht, sie merkte die tastenden Hände und wußte, daß nun niemand mehr da war, der ihr noch helfen konnte.
Bis alles anders wurde!
***
Zuerst hatten wir den zweiten Pfiff gehört. Schon auf dem hoffentlich richtigen Weg zum Bahnhof waren wir stehengeblieben, schauten uns an, und mein Vater nickte.
»Die Richtung ist gut, Junge!«
»Okay, weiter.«
Der alte Herr hatte noch eine gute Kondition, aber er baute später ab, als ich unser Ziel sah. Zu den Gleisen mußte ich einen langen Hang hochlaufen.
Aus der Dunkelheit schälten sich die Umrisse des alten Bahnhofs bereits hervor, als meinen Vater und mich ein anderes Ereignis ablenkte. Zum erstenmal sahen wir den Geisterzug.
Wir hörten sein
Weitere Kostenlose Bücher