046 - Penelope von der 'Polyantha'
er Mr. Dorban ruft«, begann sie eben, als Arthur Dorban plötzlich in der Haustür erschien.
Er war vollständig angekleidet und trug ein Gewehr unter dem Arm. Penelope machte sich keine Gedanken darüber, daß er bewaffnet war, denn viele Kaninchen trieben im Garten, ihr Unwesen, und manchmal brachte, er den ganzen Vormittag damit zu, sie zu jagen. Aber Mr. Whiplow schien anderer Meinung darüber zu sein -für ihn hatte die Waffe eine besondere Bedeutung. In seinem Gesicht zeigten sich Angst und Entsetzen, und er suchte schnell Deckung hinter Penelope. Aufgeregt sprach er über ihre Schulter.
»Machen Sie doch keine solchen Geschichten, Arthur! Legen Sie sofort das Gewehr weg!«
Mr. Dorban lachte, so daß man seine weißen Zähne sehen konnte. Mit einem Griff hatte er die Waffe geöffnet und zeigte sie ihm.
»Ist nicht geladen! Gehen Sie von der Dame fort, Sie beunruhigen sie!«
Er stellte die Flinte an die Mauer und ging auf ihn zu. Whiplows Augen folgten jeder seiner Bewegungen.
»Sie sind auf demselben Schiff wie meine Frau herübergekommen. Wo waren Sie?«
»Auf dem Land. Ich wollte eigentlich nicht kommen, Slic - Arthur, wollte ich sagen -, aber Amerika war mir über.«
»Sie hätten schreiben sollen. Wir hätten das beste Fremdenzimmer für Sie in Ordnung gebracht und die Dorfkapelle bestellt, Sie am Bahnhof zu empfangen.«
Hinter Slicos höflicher Ironie lag eine geheime Drohung.
»Sie kennen Miss Pitt ja schon - in Toronto wollten Sie Eindruck auf sie machen. Sie sind doch ein richtiger Mädchenjäger!«
Whiplow war verlegen und antwortete nicht.
»Sie werden uns entschuldigen?« wandte sich Arthur mit hochgezogenen Augenbrauen an Penelope.
Sie nickte langsam, denn sie fühlte, daß sie hier, überflüssig war. Als die beiden ins Haus gegangen waren, setzte sie sich wieder auf ihre Bank und dachte über alles nach. »Wenn Whiplow nicht schweigt ...« Sie erinnerte sich wieder an die Worte, die Mrs. Dorban damals im Schlaf gesprochen hatte. Worüber sollte er schweigen? Hatte Arthur Dorban irgendein Verbrechen zu verheimlichen? Das war doch unwahrscheinlich. Er war wohlbekannt in dem Dorf, und die Polizeibeamten, die auf ihren Patrouillen hier vorbeikamen, unterhielten sich oft lange mit ihm. Er machte nicht den geringsten Versuch, sich zu verbergen.
Sie ärgerte sich über ihre Verdächtigungen. Der Besuch Mr. Whiplows würde sich wahrscheinlich sehr einfach erklären lassen. Alle Menschen hatten irgend etwas zu verbergen - es mußten ja nicht notwendigerweise immer Verbrechen sein. Wie leicht kam man in unangenehme Situationen, die man nicht gern der Öffentlichkeit preisgeben wollte! Irgendwie war ihr klar, daß El Slicos schlechter Ruf nichts mit Mr. Whiplows Schweigen zu tun hatte. Es mußte sich um etwas anderes handeln.
Seufzend erhob sie sich. Draußen auf dem Meer sah sie die Umrisse eines dunklen Schiffes, das in weiter Ferne vorüberzufahren schien. Plötzlich hörte sie ein Geräusch und wandte sich um. Der Gärtner, der einzige Engländer unter den Angestellten, stand vor ihr.
»Morgen, mein Fräulein. Na, schauen Sie nach der ›Polyantha‹ aus?«
»Meinen Sie das Schiff dort? Kennen Sie es?« »Ja, es lag gestern in der Tor-Bay, dort habe ich es gesehen. Es gehört einem Franzosen, heißt es. In der Nähe von Dartmoor hat es Vorräte an Bord genommen.«
»Ist es ein Passagierschiff?«
Der Gärtner grinste. »Es ist eine Jacht.«
»Was, eine Jacht? Dafür ist es aber sehr groß.«
Der Gärtner wollte nicht zugeben, daß ein fremdes Schiff größer und besser sein könne als ein englisches, und erzählte, daß es noch viel größere Jachten gebe.
Penelope entfernte sich von dem geschwätzigen Mann und überließ ihn seiner Tätigkeit.
Arthur war mit seinem Besuch in das Wohnzimmer gegangen. Sie konnte seine Stimme deutlich hören. Da sie nichts Besseres zu tun wußte, ging sie in das Arbeitszimmer. Später sah sie die beiden Männer an den Fenstern vorbeigehen. Arthur entdeckte sie sofort an ihrem Tisch und führte seinen Begleiter außer Sicht und Hörweite.
»Whiplow«, sagte er nun schon zum drittenmal, »Sie sind der erste Mensch, der mich hereingelegt hat.«
»Das haben Sie mir vorher auch schon erzählt«, brummte Whiplow. »Was meinen Sie eigentlich damit, daß ich Sie hintergangen haben soll, Arthur? Ich kann es in Amerika einfach nicht mehr aushaken. Es ist zu langweilig für einen Mann wie mich, der an ein lustiges Leben gewöhnt ist. Mein Gott, Sie haben
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