046 - Xendarro, der Vampir
großer Sorge. Dieser Schrei ging ihm nicht aus dem Sinn, er vermeinte ihn immer wieder zu hören. Pausenlos gellte er in seinen Ohren. Das machte ihn wahnsinnig.
»Isabel!« schrie er wieder. »Juan!«
Seine Stimme hallte durch das Haus, doch der Verwalter ließ sich nicht blicken. Teufel noch mal, Juan mußte den schrillen Schrei doch auch gehört haben.
Vielleicht ist er schon bei ihr, dachte Paco Santana, während er auf die Schlafzimmertür zueilte. Er stolperte in den Raum und blickte sich gehetzt um.
Weder Isabel noch Juan waren da. Santana eilte weiter, betrat das Bad, und nun sah er das Mädchen. Nackt lag sie auf dem Boden, die Glieder seltsam verrenkt, die Augen in panischem Schrecken aufgerissen…
Tot!
»Neiiin!« brüllte Paco Santana seinen Schmerz heraus. »Isabel! Mein Gott, wer hat das getan?«
Das Fenster war offen, Santana rannte hin, sah hinaus, bemerkte niemanden, machte kehrt und warf sich neben der nackten Leiche auf die Knie.
Er begriff das nicht. Wieso war Isabel tot? Sie war doch vor wenigen Minuten noch quicklebendig gewesen. Juan Guevara!
Warum hatte er sich auf sein Rufen nicht gemeldet? War er der Mörder?
Der Mann muß den Verstand verloren haben! dachte Santana entsetzt. Tagtäglich werden irgendwo auf der Welt Menschen verrückt, drehen ganz plötzlich, ohne ersichtlichen Grund, durch und bringen jemanden um. In diesem Augenblick noch völlig harmlos, im nächsten ein gefährlicher Mörder, weil das Gehirn, dieser komplizierte Apparat, auf einmal einen Kurzschluß hat…
Das mußte mit Guevara passiert sein!
Aber wie? Wie hatte er es getan? Paco Santana konnte an der Toten nicht den kleinsten Kratzer feststellen. Hatte der Schreck ihr Herz zum Stillstand gebracht?
Ihr Kopf war halb auf die Seite gedreht, deshalb konnte er die Bißwunde an ihrem Hals nicht sehen.
Er war so geschockt, so durcheinander, daß er nicht wußte, was er tun sollte.
Isabel – tot… Isabel – tot … Isabel – tot … Das hämmerte pausenlos auf ihn ein und ließ kaum Platz für andere Gedanken. Der Wahnsinn wollte nicht in seinen Schädel. Er weigerte sich zu glauben, was er sah, aber dieses nackte tote Mädchen war eine grauenvolle Tatsache, die er früher oder später akzeptieren mußte.
Er sprang auf. »Juan!« schrie er außer sich vor Wut und Haß. »Wo bist du? Wo steckst du, du gottverdammter Mörder? Wo hast du dich verkrochen? Komm heraus aus deinem Versteck!«
Er wankte aus dem Bad, durch das Schlafzimmer, auf den schummrigen Gang.
»Juan, ich bringe dich um, wenn ich dich erwische! Ich erschlage dich wie einen räudigen Hund!«
Er lief zu Juan Guevaras Zimmer, stieß die Tür auf, doch der Verwalter war nicht da.
Santana riß Schranktüren auf, nahm einen von zwei gekreuzten Degen von der Wand, stach in die Bettdecke, zerfetzte in seiner Wut und in seinem Schmerz die Vorhänge, schlitzte die Polstermöbel auf und stellte sich immer wieder vor, es wäre Juan Guevara, den der Degenhieb traf.
Paco Santana wütete in allen Räumen auf die gleiche Weise, und er verausgabte sich dabei so sehr, daß er bald entkräftet zusammensackte, den Degen wegwarf, die Hände vors Gesicht schlug und schluchzend weinte.
»Polizei«, preßte er nach einer Weile heiser hervor. »Ich muß die Polizei verständigen! Juan hat die Villa verlassen! Sie müssen ihn suchen! Ich habe keine Zeit, ich muß mich beeilen! Je mehr Zeit vergeht, desto größer ist sein Vorsprung und damit auch seine Chance, zu entkommen!«
Santana quälte sich hoch und eilte die Treppe hinunter. Es gab mehrere Apparate im Haus. Eines der Telefone stand in der Halle auf einem zierlichen dreibeinigen Tischchen.
Der Schauspieler packte den Hörer und riß ihn aus der Gabel. Da irritierte ihn am oberen Treppenende eine Bewegung. Er schaute hinauf und rechnete damit, Juan Guevara, Isabels wahnsinnigen Mörder, zu sehen.
Doch dort oben stand nicht der Verwalter, sondern das Mädchen.
Sie trug jetzt einen Bademantel und lächelte ihn seltsam an. Langsam ließ der Fernsehstar den Hörer sinken.
Isabel Cruz lebte!
Jetzt verstand er überhaupt nichts mehr!
***
Die Wände waren schwarz tapeziert, und silberne und goldene Sternzeichen und Symbole funkelten uns entgegen. Es gab Kreise und Linien, die sich überschnitten oder an Fixpunkten miteinander verbunden waren.
Die Wohnung beeindruckte mich ebenso wie die Frau mit dem langen kupferfarbenen Haar, die uns ein wenig widerstrebend eingelassen hatte.
Hatten wir in dieser
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