046 - Xendarro, der Vampir
heiratete, wodurch all diese Schätze automatisch auch ihr gehören würden. Es liegt in der Hand einer Frau, wie gut sie den Mann, den sie haben möchte, um den Finger wickeln kann.
Sie hielt sich für fähig, ihn alle anderen Affären vergessen zu lassen. Von nun an sollte es in seinem Kopf und in seinem Herzen nur noch einen einzigen Namen geben.
Den Namen von Isabel Cruz.
Er führte sie in den Salon, wo ihnen Juan Guevara zwei Tequilas servierte.
Wenn der Vampir sich unbeobachtet fühlte, starrte er mit solcher Gier auf den Hals des Mädchens, daß sein Blick sie zutiefst entsetzt hätte, wenn er ihr aufgefallen wäre.
Aber sie war viel zu sehr mit Paco Santana beschäftigt. Ihre Heiterkeit war größtenteils echt, aber sie tat noch ein bißchen dazu, ohne es zu übertreiben.
Paco sollte sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlen, sie wollte ihn mit ihrer natürlichen Fröhlichkeit anstecken, und Guevara stellte fest, daß sein Arbeitgeber so übermütig wie schon lange nicht mehr war.
Santana fragte das Mädchen, was es essen wolle, es wäre alles da, von Wachteleiern über russischen Kaviar bis zu Hasenbraten, Wildschweinkeulen, Steaks…
Die Speisen wären alle tiefgefroren und könnten nach einem kurzen Aufenthalt im Mikrowellenherd von Guevara serviert werden.
Isabel traf ihre Wahl, und Juan Guevara begab sich in die Küche.
»Er ist ein Prachtbursche«, sagte Santana und goß sein Glas wieder voll.
»Gib mir auch noch einen«, verlangte Isabel Cruz und leerte ihr Glas.
Santana lächelte. »He, willst du bei mir etwa mithalten? Ich fürchte, das schaffst du nicht.«
»Oh, ich kann was vertragen, ich bin ziemlich trinkfest.«
»Das ist bei Mädchen eine Seltenheit.«
»Ich bin eben etwas Besonderes«, sagte Isabel und ließ ihre dunklen Augen blitzen.
Er trat einen Schritt zurück, um sie besser von Kopf bis Fuß mustern zu können. »O ja, bei Gott, das bist du wirklich.«
Sie sprachen nicht über die Rolle, denn zwischen ihnen beiden war längst klar, daß Santana diesen Vorwand nur gebrauchte, um mit Isabel die Nacht in seinem Liebesnest verbringen zu können.
Sie hatte nichts dagegen, im Gegenteil, sie freute sich darauf, ihre diesbezüglichen Talente in die Waagschale zu werfen. Über die Rolle würden sie morgen reden.
Morgen, wenn Paco nach dieser ersten Nacht so verrückt nach ihr war, daß er wie ein Süchtiger immer wieder nach ihrem süßen Gift lechzte.
»Ich bin froh, daß ich Juan Guevara habe«, sagte Santana. »Er ist ein Juwel. Ich glaube, einen so zuverlässigen, loyalen Verwalter würde ich nie wieder finden, deshalb behandele ich ihn wie ein rohes Ei.«
Sie schmiegte sich an ihn. »Hast du vor, mich auch mit Samthandschuhen anzufassen?«
»Über dich werde ich nach dem Abendessen wie eine reißende Bestie herfallen«, sagte er grinsend, knurrte wie ein Tiger und biß sie in den Hals.
Guevara servierte das Essen und zog sich zurück.
»Also, ehrlich gesagt, mir gefällt dein Verwalter nicht«, sagte Isabel zum erstenmal schaudernd, denn sie hatte einen Blick von dem Mann aufgefangen, der ihr Angst machte.
»Was hast du gegen ihn? Er ist ein netter, arbeitsamer, ruhiger Kerl.«
»Wieso ist er so schrecklich blaß? Er sieht aus, als befände sich kein Tropfen Blut in seinen Adern.«
»Vielleicht fühlt er sich heute abend nicht wohl. Ich werde ihm sagen, daß wir ihn nicht mehr brauchen – oder legst du Wert darauf, daß er Anstandsdame spielt?«
»Oh, ich kann schon selbst auf mich aufpassen.«
»So ist es richtig.«
Sie sah ihn unter ihren halb gesenkten Wimpern mit einem Blick an, der ihm einfach unter die Haut gehen mußte. »Ich bin sicher, du wirst mit mir nichts anstellen, wogegen ich mich wehren müßte.«
Er grinste breit. »Bestimmt nicht.«
»In diesem Fall würde Juan Guevara nur stören, findest du nicht?«
»Du bist ein wunderbares Mädchen, Isabel. Ich freue mich, daß wir einander so großartig verstehen.«
»Als ich dich zum erstenmal sah – in der Kantine, erinnerst du dich? – –, da wußte ich sofort, daß wir beide dieselbe Wellenlänge haben.«
»Mir ging es genauso«, gab Santana zu.
»So etwas spürt man einfach«, sagte Isabel Cruz, und der Vampir stand draußen vor der Tür und hörte sich das Gespräch an, während sein Bluthunger so groß wurde, daß er ihn kaum noch unterdrücken konnte.
Er wäre am liebsten in den Salon gestürmt und über das Mädchen hergefallen. Er hätte Santana niederschlagen können, dann wäre ihm das
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