0461 - Ein Killer läßt die Wallstreet wackeln
ist Ihre Tochter?«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Ihre Frage überrascht mich. Ich sehe nicht, was sie mit dem Fall zu tun haben könnte.«
»Sie können die Antwort verweigern.«
Er lächelte sparsam. »Sie sind kein Finanzbeamter, Mr. Cotton. Ich kann Ihnen antworten. Alices mütterliches Erbteil betrug zwei Millionen Dollar in Aktien, Wertpapieren und Schmuck. Inzwischen dürfte es sich durch Zinsen und Erträgnisse um eine runde Million vermehrt haben.«
Ich pfiff durch die Zähne. »Falls die Ehe zwischen Hover und Ihrer Adoptivtochter zustande gekommen wäre, hätte Hover über das Vermögen verfügen können?«
Er betrachtete die Glut seiner Zigarre. »Oh, ich hätte mein möglichstes getan, einen Riegel vorzuschieben.«
»Geben Sie mir für alle Fälle die Adresse Ihrer Tochter in Boston.«
Er ging zum Schreibtisch, schrieb die Adresse auf einen Notizzettel und gab ihn mir. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr zur Redaktion der Night-Revue.
Selbstverständlich herrschte in der Redaktion eine gedrückte Stimmung, aber eine Zeitung muß erscheinen, ohne Rücksicht darauf, was einem ihrer Mitarbeiter zugestoßen ist. McDunn saß hinter seinem Schreibtisch und stellte die Textseiten für die Nachtausgabe zusammen. Er sah noch gedunsener und müder aus als während der Nacht. »Ich habe wenig Zeit, G-man«, brummte er und schob seine Brille zur Stirn hoch. »Der Andruck der Nachtausgabe muß in zwei Stunden beginnen.«
»Bringen Sie einen weiteren Bericht über den Hover-Fall?«
»Klar, G-man! Die Sensation kann sich unsere Zeitung nicht entgehen lassen. Ich bin überzeugt, Chester würde es nicht einmal übelnehmen. Er war durch und durch Reporter, und ein echter Reporter macht aus seinem eigenen Tod noch eine Schlagzeile. Ich dachte an die Schlagzeile: Reporter fand die Mörderspur! Er bezahlte mit dem Leben!«
»Ich habe noch etwas für Sie, McDunn!« In ein paar Sätzen erklärte ich ihm meinen Plan. Zunächst wollte er mich selbst interviewen, aber ich winkte ab. Schließlich gab er mir seine Sekretärin mit.
Ich diktierte ihr das Interview in die Maschine. Die entscheidenden Sätze, auf die es mir ankam, lauteten: »Es gibt mehrere Beweise für die Unschuld John Hovers. Selbstverständlich kann ich diese Beweise nicht aufzählen, ohne den bzw. die wirklichen Täter zu warnen. Aber John Hover würde sich selbst den besten Dienst erweisen, wenn er sich dem FBI stellen würde.«
Nach diesem Satz ließ ich meinen angeblichen Interviewer sagen: »Wenn John Hover diese Ausgabe unserer Zeitung liest, wird er Ihre Äußerung für eine Falle halten, sogar für eine recht plumpe Falle.«
Ich antwortete: Es handelt sich nicht um eine Falle. Für Hover gibt es eine einfache Methode, sich von der Wahrheit meiner Worte zu überzeugen. Es genügt, uns anzurufen. Wir können ja nicht sämtliche Telefonzellen New - Yorks überwachen. Ich werde ihm per Telefon sagen, welche Beweise wir für seine Unschuld besitzen, und ich hoffe, das wird ihn überzeugen.
Innerhalb von zwanzig Minuten lag das Interview bei McDunn auf dem Schreibtisch. Er überflog den Text, griff zum Telefonhörer, drückte den Knopf und schrie in den Apparat: »Ihr bekommt den endgültigen Text mit einer halben Stunde Verspätung. Richtet euch darauf ein.«
Er schmetterte den Hörer auf die Gabel, sah mich von unten herauf an und knurrte: »Falls das FBI Sie nicht mehr benötigt, würde ich es mit Ihnen als Schreiber versuchen.«
***
Erst vor dem Eingang zum Drugstore im Block 782 der 3. Avenue fiel es Allan Gove ein, daß der Fremde ein Exemplar der Night-Revue als Erkennungszeichen vorgeschrieben hatte. Er kehrte um und hielt nach einem Zeitungsstand Ausschau. Er stieß auf einen farbigen Zeitungsjungen, der die Night-Revue ausschrie: »Reporter unserer Zeitung bei den Nachforschungen im Hover-Fall ermordet! G-man sagt seine Meinung über Cutter-Mord! Zwei Sensationen in einer Ausgabe!«
Gove kaufte ein Exemplar. Obwohl es ihn brennend interessierte, die Berichte zu lesen, faltete er doch die Zeitung zusammen und steckte sie in die Manteltasche. Erst als er an einem Tisch des Drugstores saß, fiel ihm ein, daß er auch zwei Exemplare hätte kaufen können. Jetzt wagte er nicht, die zusammengefaltete Zeitung aus der Manteltasche zu nehmen.
Der Gang-Chef hatte den Drugstore etwa zwanzig Minuten vor acht Uhr betreten. Um zehn Minuten nach acht hatte sich noch niemand um ihn gekümmert. Allan Gove rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin
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