0461 - Lupina gegen Mandragoro
wieder zu verschwinden. Uns beiden war nicht wohl zumute. Wir spürten den Druck, der auf uns lastete. Jeden Moment konnten wir in eine heimtückische Falle Mandragoros laufen.
Aus der ersten Attacke des Monsters hatten wir gelernt. Während der Strahl meiner Lampe über den Boden strich, leuchtete Suko mehr in die Höhe und suchte tastend das Astwerk der Bäume ab. Es sah unheimlich aus, wenn die fahlen Arme aus dem Düstern gerissen wurden, um Augenblicke später wieder zu verschwinden.
Wir näherten uns Regionen, die wir überhaupt nicht kannten. Da keiner von uns einen Kompaß bei sich trug, wußten wir zudem nicht, in welch eine Richtung wir gingen. Irgendwann, das stand fest, würden wir das zerstörte Gebiet verlassen und wieder normale Regionen betreten, vorausgesetzt, man ließ uns so weit kommen.
Vorerst jedoch mußten wir durch den gespensterhaften Wald schreiten, der so tot und öde war, aber trotzdem voller Leben steckte, auch wenn es dämonisch war.
Suko hatte eine Frage. »Wie sieht es eigentlich mit Tieren aus? Stehen sie auch unter Mandragoros Kontrolle?«
»Reichen dir die Bäume nicht?«
»Schon, ich will nur auf alles gefaßt sein.«
»Still!«
Ich blieb neben einem krumm gewachsenen, kahlen Laubbaum stehen und lauschte. Weit vor uns hatte ich etwas gehört. Es mußte ein Schrei gewesen sein.
Der Laut wiederholte sich nicht.
Ich erklärte Suko, was ich vernommen hatte. Mein Freund hob die Schultern. »Hast du ungefähr heraushören können, wie weit es entfernt gewesen ist?«
»Nein.«
»Das ist natürlich schlecht.«
Ich winkte ab. »Vielleicht sind Lupina und Morgana mit irgendwelchen Monstren zusammengetroffen. Es laufen noch genügend von denen herum.«
»Die werden gegen die Wölfe keine Chance haben.«
»Komm, laß uns weitergehen.« Mich hielt nichts mehr, weil ich das Gefühl hatte, daß irgend etwas passieren mußte. Es war nur eine Ahnung, die sich allerdings immer mehr verdichtete.
Suko dachte ähnlich. Aus diesem Grunde bewegten wir beide uns noch vorsichtiger, blieben aber schon kurze Zeit später stehen, weil vor uns aus dem Dunst Geräusche erklangen, die sich anhörten, als würde eine Person sich in wilder Flucht befinden.
Noch sahen wir nichts, löschten jedoch unsere Lampen und suchten zunächst einmal Deckung.
Wir fanden sie hinter den Baumstämmen. Die Rinde sah aus wie erstarrtes Öl, so fettig und schwierig.
Ich konnte Suko kaum erkennen, obwohl er sich seitlich gegen den Stamm preßte, aber auch die hastigen Schritte wiederholten sich nicht. Es blieb unnatürlich still.
Bis zu dem Zeitpunkt, als im Dunst der leise Schrei aufklang. Einen Moment später sahen wir auch die Gestalt.
Es war Morgana Layton!
Sie befand sich auf der Flucht. Mit gewaltigen Schritten hetzte sie durch den Wald. Verwandelt hatte sie sich nicht wieder. Wir sahen sie als Mensch auf uns zulaufen.
Aber sie wurde verfolgt!
Aus dem Dunst und in Kopfhöhe erkannten wir die Gegenstände, die uns an dunkle, fliegende Schlangen erinnerten.
Es mochte in diesem verdammten Wald alles mögliche geben, bestimmt aber keine fliegenden Schlangen. Was sich da peitschend und auch sehr schnell durch die Luft bewegte, waren Wesen, wie Suko sie schon einmal kennengelernt hatte.
Und sie wollten Morgana Layton!
***
»Mein Gott«, sagte der Arzt und schüttelte den Kopf, wobei er direkt in das bleiche Gesicht des Reporters schaute, »haben Sie ein Glück gehabt, Mr. Conolly.«
»Wieso?«
»Das Messer hat bei Ihnen nur eine Fleischwunde hinterlassen. Es hätte auch Adern und Sehnen durchtrennen können.« Der Weißkittel hob die Schultern. »Die Folgen können Sie sich selbst ausmalen.«
Bill erlaubte sich ein Grinsen, bevor er antwortete. »Ich bin eben ein Glückspilz.«
»Das kommt auf die Sicht an.«
Bill schielte auf seinen Arm, der in einer Schlinge hing. Um die Schulter hatte der Knochenflicker einen Verband gelegt. Er leuchtete so weiß wie frisch gefallener Schnee. »Wann kann ich ihn denn wieder normal bewegen?« fragte Bill.
»Vorerst nicht.«
»Das hätte ich auch selbst gewußt.«
»Was regen Sie sich auf? Sie sind krank, machen Sie mal Urlaub oder was weiß ich, wenn Sie schon nicht in ein Hospital wollen.«
»Ich muß zurück nach London.« Der Arzt legte sein faltenreiches Gesicht schief. »Wenn Sie mit einer Hand lenken können, bitte sehr.«
»Sie sind ein Sadist, Doc.«
»Das haben mir schon andere gesagt.«
Ein Mann schob sich an den Porsche, in dem Bill noch immer
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