0461 - Lupina gegen Mandragoro
hockte. Er war auch im Wagen verarztet worden. Der Mann glich einer lebenden Bohnenstange, so dünn war er. Auf seinem Kopf saß eine Schiebermütze. Er trug einen kurzen Mantel und darunter eine Strickjacke. Das Hemd schimmerte grün, seine Krawatte sah aus wie ein langer, ziemlich breiter Blutstreifen, der erst in Höhe des Gürtelschlosses endete. Bill überlegte krampfhaft, wer der Ankömmling war. Er hatte irgend etwas mit der Polizei zu tun, die die Straße zu beiden Seiten hin abgesperrt hatte. Mit drei Wagen waren sie gekommen.
»Kann ich mit ihm reden, Doc?«
»Ja.«
»Okay, danke.«
Der Mann setzte sich auf den Beifahrersitz. Die Mütze nahm er nicht ab. Er hatte ein längliches Gesicht, das an den Kopf eines Pferdes erinnerte. Er schaute sich um und nickte einige Male. »Ein schöner Wagen, Mister.«
»Klar. Aber Sie sind bestimmt nicht gekommen, um mir das zu sagen, oder?«
»Nein.« Der Mann griff in die Tasche und holte einen Ausweis hervor, den er Bill auf den Schoß warf. »Lesen Sie.«
Der Reporter las halblaut vor. »Inspektor Max Strong.«
»Richtig.«
»Sorry, Inspektor.« Bill reichte den Ausweis zurück. »Ich habe Sie nicht sofort erkannt.«
Strong lachte und zeigte tabakbraune Zähne. »Das kann ich mir vorstellen. Als wir hier eintrafen, da schwebten Sie in einem Zustand zwischen Wachsein und Bewußtlosigkeit. Sie haben auch gesprochen, und das wundert mich.«
»Was habe ich denn gesagt?«
»Gehen Sie nicht in das Haus.« Immer wieder haben Sie den Satz gesagt.
»Und? Hat einer von Ihnen das Haus betreten?«
»Nein. Irgendwie klang Ihre Warnung verdammt echt.«
»Das ist sie auch gewesen.«
»Sie können sich vorstellen, Mr. Conolly, wie gespannt wir auf Ihre Erklärungen sind…«
»Woher wissen Sie meinen Namen?«
»Ich nahm mir die Freiheit, Ihre Papiere ein wenig durchzusehen. Sie sind Reporter?« Max Strong fragte es in einem Ton, als hätte er mit Zeitungsleuten schon Ärger gehabt.
»Ja, das bin ich.«
»Aber Sie gehören nicht zu den Typen, die diesen Artikel über die Seymours geschrieben haben?«
»Nein.«
»Sorry, aber Ihre Antworten sind mir ein wenig zu vage. Können Sie sich vielleicht präziser ausdrücken?«
»Ich werde es versuchen.«
Strong grinste. »Danke, Mister.«
Bill setzte sich ein wenig anders hin, die Wunde schmerzte. Dabei verzog er sein Gesicht und sagte:
»Inspektor, was ich Ihnen jetzt berichte, das glauben Sie mir nie.«
»Ich bin Kummer gewöhnt, Mr. Conolly, halten Sie sich aber bitte an die Tatsachen. Sie schreiben hier nicht für irgendein Blatt.«
»Keine Sorge, das wird schon laufen.«
Der Reporter begann mit seinem Bericht. In der Tat zeigte das Gesicht des Beamten ein ungläubiges Staunen, und es wurde von Sekunde zu Sekunde länger. Er knetete sein Kinn, schüttelte den Kopf, hörte aber zu und unterbrach Bill mit keinem Wort. Als Conolly fertig war, schaute er Strong an.
»Na und?«
»Sie sind nicht zufällig Autor von Horror-Romanen?«
»Nein, das nicht.«
»Ich könnte es mir allerdings sehr gut vorstellen.« Strong schüttelte den Kopf. »Das gibt es doch nicht. Das ist fast schon der helle Wahnsinn, Mister.«
»Leider eine Tatsache.«
»Und jetzt?«
»Wie meinen Sie?«
»Was sollen wir Ihrer Meinung nach unternehmen?«
»Auf keinen Fall in das Haus gehen.«
»In dem sich diese Kugel befindet?«
»So ist es.«
»Aber da liegt noch Seymour im Keller. Er ist Ihrer Aussage nach von seiner Frau umgebracht worden, und Sie haben dann Edna Seymour getötet. Sieht nicht gut für Sie aus, Mister.«
»Bei mir war es Notwehr.«
»Was Sie beweisen müßten. Sieht trotzdem nicht gut für Sie aus. Da bin ich ehrlich. Aber lassen wir das. Wenn wir Ihren Ratschlag befolgen, was dann? Wir könnten ewig hier sitzen bleiben und darauf warten, daß dieses komische Etwas aus dem Bau kriecht. Oder wie denken Sie sich das?«
»Das müssen Sie aber.«
»Nein.«
»Inspektor. Sie brauchen nicht tagelang zu warten. Ich habe Ihnen von John Sinclair berichtet. Er wird zurückkehren, und nur er ist in der Lage, dieses Gebilde zu zerstören.«
Max Strong sagte zunächst einmal gar nichts. Einige Male schüttelte er den Kopf und fragte dann:
»Ich weiß überhaupt nicht, weshalb ich hier sitze und Ihre Aussagen ernst nehme. Das ist doch der größte Blödsinn, den ich bisher gehört habe.«
»Vielleicht denkt Ihr Unterbewußtsein da anders, Inspektor.«
»Das kann sogar sein. Bisher ist alles Theorie. Haben Sie etwas dagegen, wenn
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