0462 - Der Wissende
seiner Suggestivkraft zu beeinflussen, daß er ihm zur Flucht verhelfen würde. Dazu waren diese Fähigkeiten zu schwach ausgebildet und zu wenig geschult. Vielleicht sollte er sich in Zukunft mehr darum kümmern - wenn es noch eine Zukunft für ihn gab. In dieser Hinsicht gab er sich keinen übertriebenen Hoffnungen hin, wenn er sie auch nicht ganz verloren hatte.
Aber immerhin sollte es ihm gelingen, durch geschickte Fragestellung einiges zu erfahren, was ihm später nützlich sein konnte. So interessierte er sich zum Beispiel für die jetzige Position des Schiffes. Natürlich wüßte Schekonu, daß die ALTAON schon tagelang im Schutz der blauen Sonne stand und wartete, aber er hatte keine Ahnung, in welchem Teil der Galaxis diese Sonne zu finden war.
In einem Beiboot gab es auch Sternkarten, aber sie allein würden ihm nicht weiterhelfen, wenn er die Ausgangskoordinaten nicht kannte.
Notfalls würde er blind fliegen, bis er auf eine außergewöhnliche Konstellation traf, die in den Karten wiederzufinden war.
Aber das alles waren zweitrangige Sorgen.
Erst einmal mußte die Flucht gelingen.
Er konnte sich entsinnen, daß er während des Unterrichtes, der seiner Flugprüfung vorangegangen war, ein Schiff der Takerer besichtigen mußte. Er wußte noch, daß der Hauptkorridor in der Mitte vom Bug bis zu den Antriebsräumen im Heck führte. In der Mitte etwa zweigten dann die Gänge zu den Hangars ab, in denen die Beiboote startbereit auf ihren Schienen standen. Es handelte sich dabei um torpedoförmige, nur zwanzig Meter lange Schiffe mit erstaunlich großem Aktionsradius und Linearantrieb.
Wenn es ihm gelang, ein solches Schiff zu stehlen und damit in den Raum zu gelangen, konnte ihm die geplante Flucht vielleicht gelingen.
Die blaue Sonne half ihm dabei.
Er mußte eingeschlafen sein, denn er schreckte auf, als sich die Zellentür öffnete und Farenda eintrat.
Ein Wachposten, der draußen auf dem Gang stand, verschloß die Tür wieder mit dem elektronischen Schlüssel. Selbst der Kommandant konnte nun die Zelle nicht mehr von sich aus verlassen.
„Bleiben Sie liegen, Schekonu", sagte Farenda und setzte sich in den Sessel. „Sie sind schließlich unser Gast."
Es klang nicht einmal ironisch, stellte Schekonu fest. Er richtete sich aber trotzdem auf, mit dem Rücken zur Wand.
„Es ist sehr zuvorkommend von Ihnen, mir meine Bitte zu erfüllen, Kömmandant. Sie opfern einen Teil Ihrer freien Zeit, einem Gefangenen die Langeweile zu vertreiben. Oder haben Sie einen anderen, logischeren Grund, mich aufzusuchen?"
Farenda lächelte milde.
„Sie sind ein Wissender, man merkt es. Sie lassen sich nichts vormachen, das stimmt auch. Und Sie vermuten oft das, was richtig ist. Trotzdem glaube ich, Ihnen gewisse Dinge nicht mitteilen zu dürfen.
Ich hoffe, Sie verstehen das."
„Meine Freunde wurden durch Sie getötet, nicht wahr? Gut, Sie müssen es nicht bestätigen, ich weiß es auch so.
Aber tun Sie mir den Gefallen, es auch nicht abzustreiten - es würde unser Verhältnis empfindlich belasten. Einverstanden?"
Farenda sah sich in die Enge getrieben. Aber er verriet nichts, wenn er auf den Vorschlag Schekonus einging. Vielleicht erhielt er eine Gegenleistung. Es kam auf einen Versuch an.
„Ich streite nichts ab", sagte er einfach.
„Zufrieden?"
Schekonu blieb ganz ruhig sitzen, obwohl er ein Mordgeständnis vernahm. Das Geständnis, daß mehr als ein Dutzend seiner besten Freunde nicht mehr lebte. Und der Mann, der vor ihm saß, trug die Schuld an ihrem Tod. Er war der Mörder.
„Ja, zufrieden", murmelte der Wissende. „Und was verlangen Sie als Gegenleistung?"
Farenda zögerte. Er wußte nicht, welche Information für ihn am wichtigsten sein konnte. Die Frage war, ob er für sich privat etwas herausholen sollte, oder ob er im Sinne des Taschkars handeln sollte. Er beschloß, allgemein zu handeln, sich also nach beiden Seiten hin abzusichern.
„Von wem erhielten Sie den Auftrag, nach Molakesch zu fliegen, um den angeblichen Ganjo zu identifizieren?"
„Eine Frage, die ich nicht beantworten kann, weil sie die geheimen Informationsquellen der Moritatoren betrifft. Natürlich haben die Fremden aus der anderen Galaxis damit zu tun, aber den Auftrag erhielt ich nicht von ihnen. Mehr kann ich darüber nicht sagen, ohne unsere Gesetze zu brechen."
„Wenn Sie vor dem Taschkar stehen, werden Sie alle Ihre Gesetze brechen müssen, wenn Sie weiterleben wollen, Schekonu."
„Ich will aber nicht
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