0463 - Der Leopardenmann
belästigen zu dürfen…«
Ganz wohl schien dem Uniformierten nicht dabei zu sein, aber er scheuchte den Zivilisten zur Seite. Offenbar war es ihm trotz der unklaren Situation ein Vergnügen, es diesem Anzugträger zu zeigen, wer hier Hausrecht hatte.
Nicole zeigte ihm ihr strahlendes Lächeln, zog sich so unauffällig wie möglich zurück und fand das Gepäck unberührt zwischen den beiden Bussen. Ein Kavalier war nicht in Sicht, also schleppte sie es eigenhändig zu einer der Imbißstuben, in denen man sich auch hinsetzen und ausruhen konnte, und bestellte einen Kaffee.
Das Durcheinander verlief sich allmählich. Nach einer Weile rollte auch der zweite schwarze Cadillac davon. Diesmal hatte man die »Kojak-Leuchte« vom Dach heruntergenommen.
Nicole registrierte, daß die Flughafen-Sicherheitskräfte verstärkt worden waren. Sie wünschte sich nicht, jetzt in der Haut der TI-Leute zu stecken, die die schießende Frau im Blitztempo von der Bühne gezaubert hatten. Die Angelegenheit konnte ein übles juristisches Nachspiel haben, weil die Schießerei sich auf dem Flughafen-Vorplatz und damit noch im Sicherheitsbereich abgespielt hatte.
Nicole bedauerte, daß das Amulett ihr nicht mehr gezeigt hatte. Die Silberscheibe, die Merlin in grauer Vergangenheit aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen hatte, war auch schon mal besser in Form gewesen.
Etwas mußte mit dem Amulett passiert sein. Früher hatte es besser, schneller und präziser reagiert. Nicole fiel auf, daß es sich auch seit einiger Zeit nicht mehr telepathisch bemerkbar gemacht hatte. Bis vor kurzem hatte es so ausgesehen, als würde es ein eigenes Bewußtsein entwickeln, das sich immer wieder mal zu Wort meldete, mit Warnungen oder Kommentaren. Aber seit einiger Zeit war da nichts mehr.
Ja, seit wann eigentlich?
Nicole versuchte sich zu erinnern.
... seit Ted Ewigk an seiner magischen Verletzung litt!
Also, seit er Sara Moons Dhyarra-Kristall auf Julian Peters geschleudert hatte.
Aber Nicole konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß es zwischen diesen beiden Dingen einen Zusammenhang gab.
***
»Sind sie wahnsinnig geworden?« stieß Shackleton im Fond der Limousine hervor. »Was ist in Sie gefahren, daß Sie plötzlich unmotiviert um sich schießen? Dafür habe ich Ihnen die Waffe nicht gegeben! Oder ist das Ihre ganz spezielle Art des Protestes gegen die Fürsorge, die man Ihnen angedeihen läßt, weil wir Sie nicht verlieren wollen?«
Tiffany schwieg. Was sollte sie auch sagen? Weder Shackleton noch sonst jemand würde ihr auch nur eine Silbe glauben.
Ich habe einen Leoparden gerochen und auf einen Mann geschossen, der sich dann in einer Lichtexplosion auflöste.
Klar. Das war völlig logisch und verständlich.
Nur begriff sie nicht, wieso dieser Mann, den sie nicht einmal richtig erkannt hatte, sich unter ihren Schüssen in Licht auflösen konnte.
Allmählich fürchtete sie, tatsächlich verrückt zu sein. Und sie war Shackleton fast dankbar, als er sie anfuhr: »Nun geben Sie mir schon die Waffe, ehe Sie damit noch mehr Unheil anrichten! Ist Ihnen klar, daß Sie jemanden hätten treffen können?«
Schweigend hielt sie ihm die Waffe entgegen. Er faßte sie am Lauf, wickelte sie in ein Tuch ein und ließ sie dann in der Innentasche seiner Anzugjacke verschwinden.
»Wollen Sie meine Fingerabdrücke sichern?« fragte sie.
»Ich will nur nicht, daß meine dran sind«, erwiderte er trocken. »Sonst dreht man vielleicht aus dem Ärger, den es garantiert noch geben wird, am Ende mir einen Strick. Aber ich werde nicht dafür bezahlt, das Opferlamm zu spielen.«
Der Beifahrer wandte sich nach hinten um. »Sir, seit dem Flughafen ist ein Taxi hinter uns her.«
»Abhängen«, sagte Shackleton.
»Haben wir schon versucht. Aber der Fahrer ist ziemlich zäh. Sollen wir ihn stoppen und überreden , es bleiben zu lassen?«
Shackleton schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben schon Ärger genug. Es muß wahrhaftig nicht noch mehr sein. Aber registrieren Sie das Kennzeichen und lassen Sie über die Taxizentrale feststellen, ob man etwas über den Fahrgast weiß. Auch späteres Fahrziel und dergleichen.«
»Glauben Sie etwa, in dem Taxi sitzt der Leopard?« entfuhr es Tiffany.
Ihr unerwünschter Leibwächter seufzte abgrundtief. »Nein, Tif. Hören Sie endlich mit diesem Schwachsinn auf, ja? Nicht der Leopard, aber vielleicht der Mörder, der Sie als Zeugin beseitigen will. Oder der jemanden mit dieser Arbeit beauftragt
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