0464 - Der falsche Ganjo
unentschlossen da, dann machte er sich an die Arbeit.
Dephin watete zu ihrem Versteck zurück. Im Innern brannte Rigelers Scheinwerfer. Rigeler lag auf dem Rücken. Seine Augen bewegten sich. Sie kamen Dephin übermäßig groß vor.
„Da bin ich wieder!" sagte Dephin. „Wie geht es denn unserem Patienten?"
Rigeler schien ihn überhaupt nicht zu verstehen.
„Sobald es hell wird", sagte er verbissen, „stehe ich auf und mache mich mit Ihnen auf die Suche nach übernommenen Oldonen."
Hulos, der mit einem Becher in der Hand neben Rigeler kniete, sah Dephin bedeutungsvoll an.
„Wir werden sehen", erwiderte Dephin ausweichend.
Er ließ sich neben dem Ausgang nieder. Innerhalb einer halben Stunde war der schmale Spalt zugeschneit. Dephin machte sich deshalb keine Sorgen. Sie konnten sich leicht befreien. Immerhin wurde es jetzt in ihrem Versteck ein bißchen wärmer.
Hulos kam zu Dephin gekrochen. Im Licht des Scheinwerfers sah das Gesicht des Waffenwarts zerknittert aus.
Als könnte er den Blick des Generals deuten, strich Hulos über sein Haar. Seine Mundwinkel waren leicht nach unten gezogen.
Er sieht traurig aus! dachte Dephin. Seltsam, daß mir das erst heute auffällt.
„Ich glaube nicht, daß ich noch einmal schlafen werde", sagte Hulos.
Sie hörten Rigeler im Schlaf stöhnen.
Der General machte den Scheinwerfer aus.
Minutenlang saßen sie schweigend nebeneinander in der Dunkelheit. Das für siganesische Begriffe gigantische Dach ächzte unter der Last der höher werdenden Schneedecke.
Dephin neigte den Kopf zur Seite. Seit seiner Kindheit sah er Häuser als etwas Lebendiges an.
Häuser konnten tausend Geräusche machen, von denen jedes eine Bedeutung besaß. Häuser waren Spiegelbilder ihrer Bewohner.
„Wir müßten uns den Kriegsaufseher schnappen!"
sagte Hulos plötzlich. „Ich wette, daß er von einem Lappin beherrscht wird."
„Weshalb sind Sie so sicher?" erkundigte sich Dephin. Er sprach leise, um Rigeler nicht aufzuwecken.
„Lanscholmon als Stellvertretender Kriegsaufseher war unbeeinflußt", erinnerte Hulos. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Takerer beide unkontrolliert wirken lassen. Dazu sind ihre Funktionen zu wichtig."
„Sie haben sicher recht", sagte Dephin mit geheucheltem Interesse.
Der Waffenwart schien zu merken, daß der General an andere Dinge dachte.
„Welche Pläne haben Sie, Sir?"
„Unser kurzer Ausflug, den wir beide gestern abend noch einmal unternommen haben, hat uns keine Erfolge gebracht", sagte Dephin. „Trotzdem wissen wir, wo wir suchen müssen. Wenn wir den Kriegsaufseher nicht erwischen, nehmen wir einen anderen Beeinflußten."
Eine kleine Lawine rutschte quer über das Dach nach unten und brachte das Versteck der drei Siganesen zum vibrieren.
„Den Oldonen steht ein strenger Winter bevor", sagte Hulos zusammenhanglos. „Da sie außerdem noch Krieg gegeneinander führen, werden sie viel entbehren müssen."
„Der Krieg kann in ein paar Tagen beendet sein", behauptete Dephin. „Wir müssen nur verhindern, daß der falsche Ganjo im Sinne der Takerer wirken kann."
„So einfach ist das", sagte Hulos trocken.
Sie brachen das Gespräch ab. Dephin, weil er mit sich und seinen Gedanken allein sein wollte, und Dart Hulos, weil er sensibel genug war, um das zu spüren.
Hulos fiel in einen unruhigen Schlaf. Jedesmal, wenn der Schnee auf dem schrägen Dach ins Rutschen geriet, schreckte er hoch.
Als er zum wiederholten Mal erwachte, fiel durch einen Spalt im Schnee Tageslicht in ihr Versteck.
Hulos blickte sich um. Dephin hatte sich durch die Schneemassen einen Weg nach draußen gebahnt.
Rigeler schlief noch. Sein Gesicht sah spitz aus.
Seine Brust hob und senkte sich unregelmäßig.
Hulos kroch ins Freie. Er versank zunächst bis zu den Hüften im Schnee. Überall sah er Dephins Fußspuren. Es hatte aufgehört zu schneien. Die Luft war kühl und klar. Als Hulos hochblickte, sah er ein paar graue Rauchfetzen vorbeiwehen. Sie kamen aus Kaminen der umliegenden Häuser.
Hulos wollte auf die Schneemauer vor ihrem Versteck klettern, als Dephin zurückkam. Sein Gesicht war gerötet von der kalten Luft. Er atmete keuchend.
„Alles in Ordnung, Dart!" berichtete er. „Auf der Straße herrscht normaler Verkehr."
„Ich bin gerade aufgewacht", erklärte Hulos.
Dephin sprang zu ihm herab und blickte in die höhlenartige Vertiefung im Dach.
„Wir müssen Amos wecken", entschied er. „Er muß uns sagen, ob er sich kräftig genug fühlt, um
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