0464 - Der Tod der Lebedame
ich.
Seine Augen wurden klein und tückisch. »Das müssen Sie mir erst mal erklären.«
»Unser gemeinsamer Freund Dalland lebt. Sie suchen ihn ebenso wie wir…« M.E.T. setzte sich wieder. Ich fand, daß sich sein Gesicht kaum merklich gerötet hatte. Er griff nach dem Glas und trank. Die anderen Männer starrten mich noch immer an, als erwarteten sie von mir eine Akrobatiknummer der Spitzenklasse.
»Sie haben ihr! also gefunden«, fuhr ich fort und blickte Humphrey an. Der wich meinem Blick sofort wieder aus. Er fummelte mit den Händen an seinen Anzugtaschen herum. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, murmelte er.
»Wir brauchen Dalland lebend«, sagte ich. »Warum überlassen Sie ihn nicht uns?«
»Sie können ihn haben«, meinte M.E.T. »Lebend?« fragte ich.
Trentwoods Augen waren fischähnlicher denn je. »Von mir aus! Ich bin fertig mit ihm, hören Sie? Einfach fertig!«
»Das ist interessant«, sagte ich und zog mir einen freien Stuhl heran. Ich ließ mich rittlings darauf nieder und legte die Arme auf die Lehne. »Lassen Sie hören, was Sie mit ihm verbindet«, forderte ich Trentwood auf.
Der Syndikatsboß holte ein langes, schmales Etui aus Alligatorenleder aus der Innentasche seines seidig glänzenden 300 Dollar-Anzuges. Nun wählte er mit Bedacht eine Virginia und schob sie zwischen die Lippen. Einer der Männer gab ihm Feuer.
M.E.T. inhalierte tief und sagte dann: »Zunächst möchte ich etwas klarstellen. Dalland gehörte nie zu einer meiner Firmen. Aber ich hatte für ihn die Abwicklung eines profitablen Geschäftes engagiert. Er hatte den Auftrag, dieses Geschäft in meinem Namen in Lourenco Marques abzuwickeln.«
»Ein Diamantengeschäft«, vermute ich.
»Es steht nicht zur Debatte, worum es ging«, meinte M.E.T. »Ich bin nicht verpflichtet, darüber Auskunft zu geben. Fest steht, daß ich Dalland rund 100.000 Dollar in bar mitgab. Er benötigte so viel, um das schon erwähnte Geschäft abzuwickeln.«
»Bot er Ihnen irgendwelche Sicherheiten dafür?« erkundigte ich mich.
M.E.T. lächelte nachsichtig. »Ich bin kein Mann, den man betrügt, Mr. Cotton.«
»Dalland hat es getan.«
»Er hat es versucht, ja, auf Kosten eines 49fachen Mordes.«
»Sie wissen also, daß er es war, der die Maschine zum Absturz brachte?«
»Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich die Dinge zusammenzureimen.«
»Warum sind Sie nicht zu uns gekommen, um Ihre Aussage zu machen?« M.E.T. lächelte spöttisch. »Ich habe keine Beweise, Mr. Cotton. Meine Kombinationen fußen auf Theorien, Hypothesen, Annahmen…«
»Lassen Sie mich Ihre Hypothesen hören!« sagte ich.
»Viel ist dazu nicht zu sagen. Dalland hatte plötzlich 100.000 Dollar in der Hand. Das brachte ihn auf die Idee, das Geld zu behalten. 100.000 Dollar sind eine hübsche Grundlage, um irgendwo ein profitables Geschäft zu beginnen. Das werden Sie zugeben.«
»Lassen Sie die Garnierungen beiseite«, ersuchte ich ihn. »Halten wir uns an die nüchternen Fakten!«
»Für Dalland erhob sich die Frage, wie er das Geld behalten konnte, ohne des Diebstahls verdächtigt zu werden«, sagte M.E.T. grimmig. »Er kam zu dem Schluß, daß er nur dann eine Chance hatte, unbelästigt unterzutauchen, wenn er für alle, insbesondere für mich als seinen Gläubiger, sterben würde.« M.E.T. grinste matt. »Sie verstehen, wie ich das meine. Er hatte keineswegs die Absicht, die Lebensbühne zu verlassen. Für ihn sollte das Dasein mit dem Geld erst richtig beginnen! Aber für die Öffentlichkeit, für mich und die Behörden sollte John F. Dalland tot sein. Deshalb ließ er die Maschine abstürzen.«
»Sie glauben, daß er ein Double charterte?«
»Genau. Der Teufel mag wissen, wen Dalland aufgetrieben hat und mit einem fingierten Auftrag von Amsterdam nach New York schickte. Der Ärmste wußte mit Sicherheit nicht, worauf er sich einließ, als er mit Dallands Papieren und einer Bombe abflog.«
»Das haben Sie auch schon erfahren?«
»Ja. Es wurde in den Abendnachrichten gebracht. Aber geahnt habe ich es längst, was die Kiste zum Absturz brachte.«
»Wer hat die Leiche von Dallands Double gestohlen?« fragte ich.
»Er selber, nehme ich an«, meinte M.E.T. »Zuzutrauen wäre ihm das.«
»Warum hätte er das tun sollen? Dallands Spekulationen beruhten darauf, daß die Opfer der Katastrophe bis zur Unkenntlichkeit verbrennen würden. Als dieser Umstand nicht eintrat, sah er sich gezwungen, das Double aus dem Leichenschauhaus zu holen, um den Betrug
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