0464 - Der Tod der Lebedame
ein gewisser Ernest Byrnes. Wir sind in der Wohnung seiner Zimmerwirtin.«
»Byrnes ist nicht zu Hause?«
»Ich wette, er wird sich so schnell nicht wieder hier sehen lassen. Phil und ich werden versuchen, ihn zu finden.«
»Rufen Sie mich an, wenn sich etwas Neues ergibt!« sagte Mr. High.
»Sie kennen doch Johnny Finch?« fragte ich, als ich aufgehängt hatte und nach Kleingeld kramte, um die Anrufe zu bezahlen.
»Nee«, sagte die Zimmerwirtin. Die gleiche Antwort erhielt ich auf die Frage nach Bruno Dertinger. Phil und ich verließen die Wohnung. Auf eine genaue Untersuchung des Zimmers hatten wir verzichtet. Damit mußten wir warten, bis die offizielle Erlaubnis vorlag Auf der Straße schauten wir uns nach einem roten Ford Comet um. Es war keiner zu sehen. Aus der Kneipe auf der gegenüberliegenden Straßenseite ertönte das rhythmische Dröhnen einer Musikbox. Phil und ich überquerten die Fahrbahn mit der Sorgfalt von Leuten, denen bewußt ist, daß sie auf der Abschußliste in Unruhe geratener Gangster stehen.
Fattys Kneipe entpuppte sich als ein langer, schmaler Raum, dessen Wände aus unverputzten roten Backsteinen bestanden. Der Wirt machte seinem Namen alle Ehre. Er war klein und fett. Seine dunklen Augen verschwanden fast hinter den Fettpolstern des runden Gesichtes. Trotzdem machte er keinen trägen Eindruck. Es war einer von den Dicken, die die Vitalität von Gummibällen haben.
»Was darf es sein?« fragte er und wischte mit einem feuchten Lappen die Theke sauber.
»Wir möchten zu Ernie«, sagte ich.
Fatty blickte mich an. »Zu welchem?«
»Zu Ernie Byrnes.«
Fatty legte den Lappen zusammen, als handele es sich um eine kostbare Damastserviette. »Tut mir leid, der hat sich schon ein paar Tage nicht mehr bei mir blicken lassen.«
»Was ist mit seiner Puppe?« fragte Phil. Fattys Augen huschten zu Phil und wieder zurück. »Polizei?« fragte er so leise, daß man es praktisch von seinen wulstigen Lippen ablesen mußte.
Ich beugte mich nach vorn und sagte: »Er wird im Zusammenhang mit einem Mordfall gesucht. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß er jemals in diese Straße und sein Zimmer zurückkehren wird, es ist jedoch mehr als wahrscheinlich, daß Sie mit empfindlichen Schwierigkeiten rechnen müssen, wenn Sie ihn zu decken versuchen.«
»Ich bin doch nicht sein Vater!« entrüstete sich Fatty. »Warum müßt ihr Burschen immer gleich aggressiv werden? Ich betreibe eine Kneipe. Ich stehe auf der Seite des Gesetzes. Ich bin Wirt, aber kein Sittenrichter. Wenn meine Gäste das Recht in den Hintern treten, müssen sie sich mit den Konsequenzen abfinden. Ich selbst habe damit nichts zu tun.«
»Geben Sie uns zwei Whisky!« sagte ich. »Aber keinen Selbstgebrannten!«
»Ich bin doch kein Hill-Billy!« sagte Fatty grinsend. »Ist Four Roses recht?«
Wir nickten wie auf Kommando und sahen zu, wie der Wirt die Gläser mit Eis, Whisky und Soda füllte. »Bleibe mal hier und halte die Stellung«, sagte ich zu Phil. »Ich sehe mich draußen um.«
Ich rutschte vom Hocker und marschierte auf die Tür zu, die zu den Toiletten führte. In dem schmalen Korridor, der dahinter lag, mußte ich mich an aufgestapelten Bier-Kartons vorbeidrücken. Am Ende des Ganges, noch hinter dem Eingang zu den Damen- und Herren-Toiletten, war eine Tür, auf der PRIVAT stand. Unterhalb der Tür fiel ein schmaler, heller Lichtstreif auf das Linoleum des Korridors.
»Ich setze 20 dagegen«, sagte ein männlicher Baß.
»Ich gehe mit, Boß!« bemerkte eine andere männliche Stimme.
Ich drückte die Klinke nach unten und riß die Tür auf. Dann trat ich über die Schwelle.
Unter dem grünen Schirm einer tiefhängenden Lampe saßen drei Männer. Vor ihnen, auf dem gleichfalls grünen Filz des runden Tisches, lagen Karten, Chips, Dollarscheine. Jeder hatte ein großes Whiskyglas vor sich stehen.
Zwei der Männer sprangen auf, als ich eintrat. Einer griff nach dem Jackett, das hinter ihm über der Stuhllehne hing.
»Laß das, Duff!« sagte der dritte Mann. Er war als einziger sitzen geblieben und starrte mich aus leicht hervorquellenden Augen fast ausdruckslos an.
»Hallo, M.E.T.«, sagte ich halblaut und zog die Tür hinter mir ins Schloß. »Sind Sie am Gewinnen?«
***
Martin Ernest Trentwood war eine Enttäuschung für alle, die der Meinung sind, daß ein Gangster wie ein Filmschurke aussehen muß. Er war ein etwas schwergewichtiger Mann von joval anmutendem Äußeren, mit einem quicken, stets einsatzbereiten
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