0464 - Der Tod der Lebedame

Sessel.
    »Lassen Sie mich los!« protestierte der kleine Mann. »So können Sie doch nicht…« In diesem Moment traf ihn Dallands Faust. Kelly flog quer durchs Zimmer. Mit weit aufgerissenen, furchterfüllten Augen starrte er Dalland entgegen, der sich langsam und drohend näherte. »Bitte, John!« wimmerte Kelly. Dalland schlug erneut zu. Kelly rutschte zu Boden. Dalland riß ihn wieder hoch.
    »Willst du jetzt reden?« preßte Dalland durch die Zähne.
    »Sie bringen mich ja um!« lispelte Kelly.
    Mühsam stemmte sich Kelly hoch. In seinen Augen schimmerten Tränen der Angst und des Schmerzes. »Ich konnte doch nicht anders«, japste er. »Ich kanri mich nicht gegen Trentwood stellen! Sein Wort gilt, das wissen Sie besser als ich. Wenn er erfahren hätte…«
    Seine Stimme brach.
    Dalland spuckte aus. Er rieb sich die schweißfeuchten Hände an der Hose ab. »So kommen wir schon besser voran, du verdammte kleine Kröte. Du wirst jetzt meine Visage ändern, hörst du? Du wirst einen besseren Job leisten als je zuvor, und du wirst keinem Menschen sagen, was dabei herauskommt!«
    Kelly schluckte und nickte. Er hatte weder die Kraft noch den Mut, Dalland zu widersprechen.
    »Wenn ich das Gefühl haben sollte, daß du mir einen Streich spielen willst oder keine exzellente Arbeit leistest, bringe ich dich höchst eigenhändig um, hörst du? Ich schwöre es dir!«
    »Ich tue alles, was Sie sagen«, meinte Kelly ängstlich.
    »Wann können wir beginnen?«
    »In einer halben Stunde. Erst muß ich mich beruhigen. Sehen Sie nur, wie meine Hände zittern!«
    »Okay«, sagte Dalland. »So lange kann ich warten.«
    ***
    »Das war rasche Arbeit«, lobte Mr. High, als wir uns gegen zehn Uhr in seinem Office versammelt hatten. »Interpol in Amsterdam hat prompt reagiert. Die durch Funk nach dort übermittelten Bilder von den Fingerabdrücken des Toten sind identifiziert worden. Es handelt sich bei dem Toten um einen gewissen Jan Verholden, einen kleinen Gangster in Amsterdam.«
    »Byrnes und Vera Rover haben ein umfassendes Geständnis abgelegt«, sagte Phil. »Das reicht aus, um den Haftbefehl gegen Trentwood zu vollstrecken.«
    »Er liegt schon hier, unterschrieben«, meinte der Chef. »Aber ich ziehe es vor, noch ein wenig mit der Vollstreckung zu warten.«
    »Sie hoffen, daß Trentwood uns auf die Spur von Dalland bringt?« fragte ich.
    Mr. High nickte. »Ja. Wir brauchen vor allem Dalland. Erst dann hat sich der Kreis geschlossen.«
    »Wir wissen noch immer nicht, wer Vivian Derridge ermordet hat«, warf Phil ein.
    In diesem Moment klingelte das Telefon. Mr. High nahm den Hörer ab und meldete sich. Er kritzelte ein paar Worte auf den Notizblock und legte dann auf. »Eine interessante Meldung vom 52. Revier«, sagte er. »Heute morgen gegen vier Uhr ist in einer Pension eine Bombe explodiert. Niemand ist dabei zu Schaden gekommen. Der Lieutenant vom Dienst hat sich eine genaue Beschreibung des Mannes geben lassen, der das Zimmer bewohnte. Sie deckt sich ziemlich genau mit Dallands Aussehen.« Er gab mir den Zettel und die Adresse. »Fahren Sie doch einmal hin, Jerry!«
    Eine Stunde später unterhielt ich mich mit dem Portier. »Mr. Baxter hat in dem Zimmer gewohnt, Sir«, sagte er eifrig. »Hier ist die Eintragung…«
    »Wo wohnt er jetzt?« fragte ich.
    »Ich weiß es nicht, Sir?« erwiderte der Portier. »Gestern zog er völlig unerwartet aus.«
    »Hat er die neue Adresse hinterlassen?«
    »Nein.«
    Ich legte ein Foto vor den Portier hin. Es war die Vergrößerung von Dallands Paßbild. Wir hatten Dallands Papiere in Verholdens Anzugtasche gefunden.
    »Das ist er, das ist Baxter«, rief der Portier aus.
    »Wann ist er hier eingezogen?«
    »Am Samstagabend, Sir.«
    »Welches Gepäck hatte er bei sich?«
    »Einen mittelgroßen schwarzen Lederkoffer und eine braune Collegemappe.«
    »Beide Gepäckstücke hatte er schon am Sonnabend bei sich?«
    Der Portier überlegte angestrengt. »Nein, da kam er nur mit dem Koffer an«, sagte er nach kurzer Pause.
    »Empfing er Besuch?«
    »Nur gestern, Sir.«
    »Wer war das?«
    »Ein kleines Männchen. Mr. Baxter erwartete ihn.«
    »Wie hieß der Besucher?«
    »Er hat seinen Namen nicht genannt. Er sah irgendwie komisch aus, wie verwachsen. Aber er hatte keine sichtbaren körperlichen Gebrechen. Er war wohl nur etwas klein geraten. Ja, und er hatte einen Koffer bei sich, so eine Art Instrumententasche, wie ein Arzt oder ein Hausierer.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«
    »O ja, ich