0464 - Gemälde des Grauens
Eröffnungstag?«
Er verzog sein Gesicht. Dabei verschwanden die müde blickenden Augen fast unter den Hautfalten. »Nein, da hat hier noch mein Kollege gehockt. Den gibt es jetzt nicht mehr. Er ist tot.«
»Was Sie nicht sagen. Herzschlag?«
Der Kassierer grinste. »Unsinn. Man hat ihn gekillt. Mit einer Axt den Schädel eingeschlagen.«
Sarah Goldwyn wurde ein wenig blaß um die Nase. »Oh, das wußte ich nicht.«
»Lesen Sie keine Zeitungen?«
»Wir kommen nicht von hier.«
»Ach so.«
Jane hatte mitgehört und fragte: »Hat man den Mörder denn gefunden?«
»Nein. Daran beißen sich die Bullen die Zähne aus. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.«
»Wieso das denn?«
Der Kassierer lehnte sich zurück und machte es sich so bequem.
»Man geht nämlich davon aus, daß sich hier ein Vampir herumtreibt. Und er hat meinen Vorgänger getötet.«
»Mit einer Axt«, sagte Jane.
»So ist es.«
Sie beugte sich nach vorn und stützte ihre Handballen auf den kleinen Tisch. »Vampire töten nicht mit einer Axt. Die beißen und saugen Blut.«
Der Mann verzog das Gesicht. »Vielleicht wollte er auch auf Nummer Sicher gehen. Es stand jedenfalls was von Vampiren in der Zeitung.«
»Haben Sie den Artikel noch?«
»Zu Hause.«
Lady Sarah mischte sich ein. »Und Sie verspüren keine Angst, hier zu sitzen, Mister?«
»Nein. Ich habe vorgesorgt. Jeden Morgen esse ich Knoblauch. Da sollen die Vampire mal kommen.«
Die Horror-Oma lächelte. »Stimmt, die laufen weg, wenn Sie sie anhauchen.«
»Sag’ ich doch.«
»Danke für Ihre Ausführungen, Mister. Wir werden uns die Bilder jetzt ansehen.«
»Aber bringen Sie starke Nerven mit. Da sind einige ganz schön schockig, wie mal ein Teenager sagte.«
»Uns kann nichts erschüttern«, behauptete Jane.
Wenig später hatten sie den ersten der drei Räume betreten. Die Bilder waren gut verteilt worden. Es begann mit den frühen Werken im ersten Raum, der zweite zeigte Bilder aus der mittleren Schaffensphase des Malers und der letzte die Werke, die kurz vor dessen Tod entstanden waren.
Die drei Räume gingen ineinander über. Verbunden waren sie durch Rundbogengänge.
Es herrschte eine fast andächtige Stille. Durch die neuen, großen Fenster fiel breit das trübe Tageslicht. Es herrschte eine fast andächtige Stille. Wer als Besucher kam, wollte diese Stille nicht stören und trat automatisch leiser auf.
Sarah Goldwyn und Jane Collins erging es nicht anders, auch sie dämpften ihre Schritte.
Die Bilder des Antonio Vargas hingen nur an der rechten Wand.
Zwischen den Gemälden befand sich eine genügend große Distanz, so daß man sich immer auf eins konzentrieren konnte. Sie waren die einzigen Besucher in diesem ersten Raum. Aus dem zweiten oder dritten hörten sie flüsternde Stimme. Dort diskutierten wohl Besucher über die einzelnen Motive.
Schon in seiner ersten Schaffensperiode hatte Antonio Vargas einen Hang zum Okkulten gehabt, vor allen Dingen zu düsteren Motiven. Dunkle Farben herrschten vor.
Er hatte sehr viele Moorlandschaften gezeichnet, über denen der Nebel lag und manchmal zu Figuren gedreht war, die wie Gespenster aussahen. Andere Bilder zeigten Küstenstriche, meist kahl und leer, beherrscht vom Strandhafer und tiefhängenden Wolken.
Lady Sarah hob die Schultern. »Der Mann muß eine düstere Psyche gehabt haben.«
»Das meine ich auch.«
Sie gingen weiter. Kurz vor Erreichen des zweiten Ausstellungsraumes änderten sich die Motive zwar nicht, aber die Farben wurden andere. Hin und wieder schimmerte durch die Düsternis der Pinselstriche ein helles Rot, als wäre ein fingerdicker Blutfaden verlaufen.
Auch Menschen erschienen. Fast alles sehr klein gemalt, die Gesichter waren nicht zu erkennen und verschwanden in den dunstigen Streifen, die sie umgaben.
»Gefällt dir etwas?« fragte Jane.
Lady Sarah hob die Schultern. »Bisher habe ich das Richtige noch nicht gefunden. Aber das kann sich ändern. Wir haben schließlich noch zwei Räume vor uns.«
»Viel besser werden sie bestimmt nicht.«
»Du klingst so traurig, Jane. Liegt es an den Motiven oder vielleicht am Wetter.«
»An keinem von beiden.«
»Woran dann?«
Jane hob die Schultern und schaute sich um. »Ich habe so ein komisches Gefühl, weißt du?«
»Nein.«
»Mir geht dieser Mord mit dem Beil nicht aus dem Kopf. Ich könnte fast glauben, daß er mit dieser Ausstellung hier zusammenhängt.«
»Das ist Spekulation. Oder hast du schon einen Beweis?«
»Nein, das nicht. Aber
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