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0465 - Das Biest

0465 - Das Biest

Titel: 0465 - Das Biest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verschmolzen, hatte ihr Innerstes berührt, ihre ganzen Hoffnungen und ihre Verzweiflung gespürt. Mehr denn je begriff er, was sie für Julian empfanden, Mutter und Tante.
    Er hegte die gleichen Empfindungen - nur anders . Aus einer anderen Perspektive. Aber jetzt hatte er sein Empfindungsspektrum erweitern können.
    Wenn er schon drauf und dran gewesen war, die Suche aufzugeben, weil er keine Erfolgschancen sah - jetzt war er anderer Ansicht geworden. Die innige geistige Bindung hatte ihn überzeugt. Jetzt wußte er, weshalb sie nicht aufgeben durften, weshalb sie die Suche fortsetzen mußten. Weshalb sie wissen mußten, wo sich Julian aufhielt und wie es ihm jetzt erging.
    Und er spürte eine seltsame Leere in sich, nachdem die Dreier-Verbindung aufgehört hatte zu existieren. Etwas fehlte. Es war ihm, als wäre ein Stück von ihm entfernt worden. Jetzt wußte er, wie die Zwillinge fühlten, wenn sie räumlich voneinander getrennt waren. Auf gewisse Weise waren sie ständig in ähnlicher Form miteinander verbunden.
    Monica erhob sich. Sie ging durch das Zimmer und holte etwas zu trinken für sie alle. »Nichts«, sagte sie dann leise. »Keinen Kontakt. Ich verstehe das nicht. Er muß weit fort sein, sehr weit fort, daß er uns nicht bemerkt. Selbst wenn er sich noch in den Schwefelklüften befände, wäre unser gemeinsamer Ruf stark genug gewesen, ihn dort zu erreichen.«
    »Es ist Zeit, etwas zu essen«, sagte Tendyke, der ein starkes Hungergefühl verspürte. Aktionen dieser Art gingen stets an die Substanz. Sie alle hatten eine Menge Kalorien verbraucht. Sie waren geschwächt, mußten den Verlust erst wieder ausgleichen. Am besten ging das durch Nahrungsaufnahme.
    »Soll ich den Wirt überreden, daß er uns etwas zu essen heraufschickt?« fragte Tendyke.
    Uschi Peters winkte ab. »Er wird nicht erfreut darüber sein. Es ist wohl besser, wir ziehen uns wieder an und gehen in die Kneipe hinunter, um dort zu bestellen. Danach können wir vielleicht noch einen Schneespaziergang machen.«
    »Oder schlafen«, sagte ihre Schwester. »Das ist vermutlich besser.«
    Sie verließen das große Zimmer und gingen nach unten. Tendyke trat kurz vor die Tür und warf einen Blick über die Silhouette der in einiger Entfernung befindlichen Ölförderanlagen. Da standen die riesigen Stahlgitterkonstruktionen der Fördertürme, die gewaltigen Tank-Trucks, in die ebenfalls Rohöl verladen wurde, um es zu einer nahegelegenen Raffinerie zu bringen; von dort aus wurde die Umgebung mit Benzin und Diesel versorgt. Über der Förderanlage flammten ein paar Gasfackeln hoch in den beginnenden Abend und erleuchteten die Szenerie auf eine gespenstische Weise.
    Tendyke kehrte wieder in die warme Gaststube zurück. Er sah die Zwillinge bereits an einem kleinen Tisch sitzen, und er dachte an Julian. Er dachte auch an Ted Ewigk, der versucht hatte, Julian zu töten, nur weil der sich zum Fürsten der Finsternis gemacht hatte.
    Seit jener Zeit war Ewigk sein Feind.
    Auch Zamorra konnte sein Freund wohl nicht mehr sein. Zamorra ließ sich immer mehr mit zwielichtigen Gestalten ein. Er stand auf der Seite des Sid Amos, wie der einstige Höllenfürst Asmodis sich nach seinem Überlaufen nun nannte. Aber Tendyke war sicher, daß Asmodis immer ein Teufel bleiben würde. Und nun hatte sich Zamorra auch noch mit diesem Don Cristofero angefreundet, der durch eine Zeitverschiebung in die Gegenwart geraten war.
    Tendyke hatte ihn am Hofe des Sonnenkönigs kennengelernt. Das lag lange zurück, sehr lange, aber Tendyke hatte nichts vergessen. Schon damals waren sie Gegner gewesen.
    Aber Zamorra hielt zu Don Cristofero.
    Tendyke verstand den Parapsychologen nicht mehr. Sah er nicht mehr, wer seine wirklichen Freunde und Feinde waren? War er in dieser Hinsicht blind geworden?
    Daß er selbst sich möglicherweise irren konnte, schied für Tendyke aus. Er hatte ein paar Jahrhunderte Lebenserfahrung mehr als Zamorra. Er konnte Freund und Feind aus teilweise bitteren Erfahrungen besser einschätzen.
    Was ihn an Zamorra nur wunderte, war, daß der sich nicht gegen Julian gestellt hatte, sondern den Jungen in Schutz nahm. Aber vielleicht, überlegte Tendyke, hing das damit zusammen, daß Zamorra derzeit ohnehin Sympathie für Gestalten in der undefinierbaren Grauzone zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Gut und Böse, entwickelte.
    Und damit waren Tendykes Gedanken wieder bei seinem Sohn und dem fehlgeschlagenen Versuch, ihn zu rufen, telepathisch mit ihm Kontakt

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