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0465 - Das Biest

0465 - Das Biest

Titel: 0465 - Das Biest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wenig, daß die Göttin einen so kleinen Ort gewählt hatte. Hier mußte doch jeder den anderen kennen, und ein Fremder wie der Skelett-Parasit fiel unweigerlich auf.
    Aber vielleicht hing es mit der Veränderung zusammen, die mit ihr vorging. Dieser Leichtsinn, der Grund zur größten Besorgnis gab. Doch jetzt mußte Shedos treuer Untertan sich erst einmal mit den für ihn ungünstigen Gegebenheiten abfinden.
    Er fühlte sich dem Opfer schon sehr nahe. Und dann sah er den Mann, dessen Körper er übernehmen würde, in der Tür einer Gaststätte. Der Mann zog sich schnell wieder zurück. Vermutlich war es ihm draußen zu kalt. Der Skelett-Parasit umrundete das Haus und fand und benutzte den Hintereingang. Das Zimmer, in welchem der künftige Wirtskörper wohnte, fand er schnell in der oberen Etage.
    Die Tür war nicht abgeschlossen.
    Das war so normal. Wer Shedos Traum empfing, sorgte dafür, daß Shedos Untertan ungehindert eintreten und das Opfer übernehmen konnte.
    Aber diesmal mußte etwas nicht so funktionieren wie sonst üblich. Als der Skelett-Parasit eintrat, fand er nicht sein Opfer vor, den männlichen Partner der Traum-Empfängerin, sondern eine ihm unbekannte junge Frau.
    Die fuhr bei seinem Eintreten herum. Damit beschäftigt, das Zimmer aufzuräumen, sauberzumachen und die Betten zu richten, hatte sie nicht damit gerechnet, bei ihrer Tätigkeit überrascht zu werden, weil Mr. Tendyke doch mit den beiden Girls in seiner Begleitung unten speiste. Außerdem sah dieser Greis, der hereinkam, nicht wie Mr. Tendyke aus.
    Er sah auch nicht aus wie irgend ein anderer Mensch in Quinhagak und Umgebung. Die Alten aus dem Ort kannte die Wirtstochter alle, und die Ölfirmen beschäftigten keine vertrockneten Greise, die ihrem Aussehen nach gerade mühsam aus dem Sarg geklettert waren.
    »He, wer sind Sie? Was wollen Sie?« stieß das Mädchen hervor.
    Der Skelett-Parasit antwortete nicht. Stumm bewegte er sich auf das Mädchen zu. Mit dieser Komplikation hatte er nicht gerechnet, aber es gab kein Zurück mehr. Er mußte hier und jetzt einen neuen Körper bekommen, oder es war zu spät für ihn. Umkehren und es bei einem zweiten Opfer noch einmal versuchen konnte er nicht mehr; seine Lebensuhr lief zu schnell ab. Er konnte jetzt nur hoffen, daß der Mann, auf den er wartete, so schnell wie möglich wieder hier auftauchte. Er war ja immerhin im Haus, also standen die Chancen nicht besonders schlecht.
    Aber dieses Mädchen konnte alles verhindern.
    Noch einmal nahm der Skelett-Parasit seine Kräfte zusammen, diesmal bewußt. Er warf sich auf die Tochter des Wirtes und schlug sie nieder. Dann betrachtete er sie nachdenklich. Was sollte er jetzt mit ihr anfangen? Er mußte damit rechnen, daß sie zu früh wieder erwachte.
    Sie fesseln und knebeln erschien ihm als die beste Möglichkeit, denn töten wollte er sie nicht. Das entsprach nicht seinem Naturell. Er schätzte das Leben, er tötete nicht, wenn es nicht wirklich dringend sein mußte, seine eigene Existenz zu erhalten. Daß der Mensch starb, in dessen Körper er sich drängte, war eine andere Sache. Er verlieh jenem Körper ja immerhin anschließend sein eigenes Leben; das Wesen lebte auf andere Weise weiter.
    Deshalb empfand der Skelett-Parasit sich selbst nicht als Mörder.
    Denn schlußendlich diente die Übernahme des Fremdkörpers ja nur seinem eigenen Überleben.
    Unnötiges Töten aber verabscheute er.
    Also fesselte und knebelte er das Mädchen und sorgte dafür, daß es nicht auf Anhieb bemerkt werden konnte, wenn sein Opfer das Zimmer wieder betrat.
    Dann wartete er auf den neuen Wirtskörper, der noch nicht ahnte, daß er anschließend der Skelett-Parasit sein würde, während sein Knochengerüst und der knochenlose Alt-Körper zurückbleiben würden…
    ***
    Die Luft flimmerte.
    »Das ging aber verflixt schnell«, staunte Nicole. »Damit habe ich wirklich nicht gerechnet.«
    Ted Ewigk senkte die Hand, in der er den Dhyarra-Kristall hielt. Er betrachtete das Flimmern. Das Weltentor war offen. Der Reporter streckte die Hand in die flimmernde Fläche. Sie verschwand einfach mitten in der Luft; er schien nur noch über einen Armstumpf zu verfügen. In Wirklichkeit ragte seine Hand nun in einer anderen Welt mitten in der Luft aus dem Nichts heraus.
    »Ich auch nicht«, sagte Ted. Er verzog das Gesicht.
    »Wie fühlst du dich?« wollte Nicole wissen. Der Reporter zuckte mit den Schultern. »Normal«, sagte er. »Ich glaube, ich habe keine Kraft verloren.

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