0465 - Ein Steckbrief für die Marco Polo
die Maschinen mit der Erzeugung von Glassitplatten nicht nachgekommen.
Das Schiff war verschlossen.
Cascals Mannschaft hatte inzwischen sechs Apparate konstruiert, die aus Wasserstoff und dem Sauerstoff der zahlreichen Behälter Wasser herstellten. Ferner hatten sie sämtliche Räume des Schiffes, in denen nicht unmittelbar Menschen lebten, also die Werkstätten, das kleine Schiffslazarett, die zahlreichen Laderäume und viele Verbindungskorridore durch das Schottsystem von der Luftumwälzung abgeschaltet. Nur die Zentrale, sämtliche Kabinen und einige andere Räume blieben an die Luftversorgung angeschlossen.
Einer der wassererzeugenden Apparate stand unmittelbar im Primärluftstrom und stellte ununterbrochen Dampf her, der sofort von der trockenen Luft aufgenommen wurde und den Feuchtigkeitsgehalt heraufsetzte. Das ließ die Trockenheit eine Spur erträglicher werden.
Vierzig Männer und zwanzig Frauen waren in diesem Schiff eingeschlossen.
Sie hatten jetzt noch genau dreißig Liter Wasser.
Und stündlich kamen etwa vier bis fünf Liter dazu. Nicht mehr.
In der Zentrale, die nur durch einige Punktscheinwerfer erhellt wurde, befanden sich drei Menschen.
Claudia Chabrol, Penka Manishe und Joak Cascal.
„Die Schäden waren doch geringer, als wir zuerst annehmen mußten. Sechs kleine Tanks sind detoniert in sechs Korvetten.
Alles andere ist so gut wie behoben. Jedenfalls dürfte es in Ordnung sein, wenn wir landen."
Cascal rauchte und nickte Manishe zu.
„Jetzt sind es nur noch fünfundsechzig Stunden, rund gerechnet". sagte er heiser. „In unserem Schiff liegen die Verhältnisse relativ günstig. In anderen Teilen, besonders in dem riesigen offenen System der MARCO POLO, wird es wesentlich schlimmer aussehen. Jedenfalls sind die fünfzig Leichten Kreuzer inzwischen wieder voll einsatzbereit."
Claudia sagte leise: „Ich bin froh, daß wir bisher noch keine Kranken haben. Das wäre ein ausgesprochen schlechtes Zeichen wenn einer krank wird, folgen binnen Stunden alle anderen nach. Die Idee, die Klimaanlage bei zwanzig Grad einzupegeln, ist auch gut. Je kühler es ist, desto weniger schwitzen wir."
Ununterbrochen brodelte der dampferzeugende Apparat, und das Fauchen der Aggregate, die Wasser herstellten, war ein beruhigender Laut in der Stille des geschlossenen Schiffes.
Siebenundfünfzig Besatzungsmitglieder schliefen oder versuchten zu schlafen.
Cascal drehte seinen Sessel herum und erklärte: „Wir sind noch immer oder schon wieder im Linearraum. Ich werde mich erkundigen, wie unsere Chancen stehen, verdurstend in ein Gefecht mit Takerern verwickelt zu werden."
Er schaltete den Interkom ein.
„Cascal hier. Ich hätte gern den Chef der Ortung gesprochen."
„Einen Moment."
Das Gesicht des Gesprächspartners verschwand vom Bildschirm. Sekunden später tauchte der Diensthabende auf.
„Sie sind’s, Cascal! Was wünschen Sie?"
Cascal sagte bedächtig: „Wir haben noch rund fünfundsechzig Stunden bis zur beabsichtigten Landung. Haben Sie Takerer geortet?"
Der Mann schüttelte langsam den Kopf. Er sah verhältnismäßig ungepflegt aus:. Unrasiert, übermüdet und erschöpft, mit trockener Haut und aufgesprungenen Lippen. Er krächzte: „Nicht ein einziges Schiff. Der Linearraum um unsere Flugbahn herum - wie leergefegt. Die Flotten scheinen sich zurückgezogen zu haben. Ein gutes Zeichen. Das bedeutet, daß sie unsere Jet für die MARCO POLO gehalten haben."
Cascal meinte dazu: „Das höre ich gern. Liegen inzwischen neue Befehle vor?"
„Nein. Nichts. Alles ist in Ordnung. Sie haben nicht zufällig etwas von ihrem Sekt übrig behalten?"
Cascal sagte wütend: „Ich bedauere zutiefst. Alles detoniert. Heliumsekt. Marke Gelcher Lambda. Ist alles in den Raum hinausgeleitet worden.
Die Meteore werden vermutlich leicht betrunkene Kurse fliegen.
Aber in der Ortungsabteilung soll sich ein Faß Bier gerettet haben, hörte ich?"
Der Ortungsfachmann sah ihn mitleidig an.
„Sie Witzbold!" sagte er dann traurig. „Bierstaub ist alles, was Sie bei uns finden können."
Cascal grinste und hob die Hand.
„Orten Sie schön!" sagte er abschließend.
Dann lehnte er sich zurück.
„Ich gäbe etwas für eine Tasse schwarzen, heißen Kaffees", sagte er. „Notfalls sogar mit Salzwasser gekocht."
Penka lächelte.
„Das erinnert mich an unsere Kaffeemaschine unten in der Messe. Sie sieht jetzt aus wie eine surrealistische Plastik, bestäubt mit dunkelbraunem Pulver. Sehenswert. Ich habe sie
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