0466 - Die Königin von Saba
den stummen Antworten geblieben, aber einiges hatte sich bereits angedeutet.
Vieles hatten die Wissenschaftler bisher nur angenommen, doch nun hatte Jenna die Bestätigung erhalten, auch wenn ihre Kollegen dies nicht als Beweis gelten lassen würden. Für sie war es ein Beweis und gleichzeitig der Antrieb, ihre Forschungen fortzusetzen. Sie würde auch das Grab der Königin finden, und dann hätte die Wissenschaft nicht nur eine Sensation gehabt, sie wäre sogar revolutioniert worden.
Es war für Jenna etwas anderes, wenn sie Bücher wälzte und sich theoretisch mit einer Sache beschäftigte oder ob sie so etwas wie eine Praxis erlebte.
Das war hier der Fall.
Und sie stand allein.
Bis vor wenigen Minuten hatte sie noch die Unterstützung des Geisterjägers John Sinclair gehabt, doch der hatte den Lagerraum verlassen.
Jenna war allein. Sie strich durch ihr Haar.
Sie konnte ihren Blick einfach nicht von dem gewaltigen Henkelkreuz abwenden. Das Gold dieses Zeichens zog sie wie magisch an, es leuchtete, es schien zu reden und in der Mitte schimmerte die Gestalt der Königin von Saba.
»Kannst du freikommen?« fragte Jenna. »Ich bitte dich, gib mir eine Antwort. Kannst du dich befreien?«
Die Königin schwieg.
Jenna atmete stöhnend. Sie überlegte sich die nächsten Worte, dann fragte sie: »Wer hindert dich daran? Ist es Layana, deine alte Gegnerin, die du verflucht hast?«
Da senkte sie wieder die Augenlider.
Also doch.
Jenna nickte, als wollte sie sich selbst bestätigen. Ein uralter Kampf, begonnen in der Vergangenheit, wurde hier weiter ausgetragen. Daran hatten auch Jahrhunderte oder Jahrtausende nichts ändern können. Der Kampf wurde so lange ausgetragen, bis es zu einer Entscheidung kam. Wahrscheinlich schon hier auf dem Schiff.
Jenna Jensen hatte noch nie etwas von dieser Layana gehört. Sie als Wissenschaftlerin hatte sich für das Gebiet der Mystik nicht interessiert, sie hielt sich lieber an Fakten, doch man hatte sie gelehrt, umzudenken. Das war nun geschehen, und sie schloß magische Vorgänge um die Königin nicht mehr aus.
Noch immer schaute sie in deren Gesicht. Der Ausdruck war bisher gleich geblieben, nur die Augen bewegten sich, als wollten sie stumme Worte sprechen. Worte in Zeichen verwandelt, und diese nächsten Zeichen wurden von Jenna gesehen.
Die Augenlider klappten plötzlich in die Höhe, so daß die dunklen Pupillen sehr groß und deutlich hervortraten.
Weshalb?
Jenna überlegte, aber in ihre Gedanken hinein schob sich plötzlich ein warnendes Gefühl.
Gefahr!
Etwas strich über ihren Rücken, als wäre sie von unsichtbaren Händen berührt worden.
Da war jemand hinter ihr!
Jenna traute sich nicht, sich umzudrehen. Sie wartete noch, dann aber schwang sie mit einer einzigen Bewegung herum - und sah den Nebel!
Er quirlte vor ihr hoch, drehte sich zu Schleifen, schuf wieder andere Formen und huschte an ihr vorbei, und sie spürte plötzlich fremde Gedanken in ihrem Kopf.
Sie waren nicht nur fremd, auch böse, grausam und steckten voller Haß.
Jenna ging zurück, auch wenn ihr Verstand sie davor warnte.
Die Neugierde war größer. Möglicherweise konnte sie etwas erfahren, und so schaute sie wieder dorthin, wo sich der Nebel über das Kreuz gelegt hatte, einen schlanken, trichterartigen Wirbel bildete, der sich über dem Oval drehte, nach unten länger wurde und plötzlich in das Kreuz hineinjagte.
Gleichzeitig überdeckte er auch die Gestalt der Königin von Saba. Sie war nicht mehr zu sehen, und Jenna starrte auf das glatte Gold.
Dafür vernahm sie einen Moment später die leise, etwas zischend klingende Stimme.
»Jetzt habe ich wieder die Kontrolle!«
»Und wer bist du?« preßte Jenna hervor.
»Man nennt mich Layana. Ich bin die Erzfeindin der Königin von Saba…«
***
Die fünf Löcher in der Metallwand irritierten mich. Okay, vielleicht waren aus ihnen die für mich momentan nicht mehr existenten Schlangen gekrochen, aber wie hatten sie sich entwickeln können, und was lag hinter der Tür?
Auch sie besaß einen Riegel. In der Mitte des Stabs sah ich das Schloß und vertraute darauf, daß es nicht abgeschlossen war. Ich bog den Riegel herum - und hatte Glück.
Die Tür war offen!
Ich blieb in ihrem toten Winkel, als ich sie aufzog. Das vor der Brust hängende Kreuz gab mir ein beruhigendes Gefühl, auch gegenüber den Schlangen, die möglicherweise wieder in meine Kammer zurückgekrochen waren. Das wollte ich überprüfen.
Wenn ich die Arme
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