0466 - Die Königin von Saba
ausstreckte, konnte ich beide Seiten rechts und links berühren, aber auch das Werkzeug erreichen, das an den Wänden in Haltern stand.
Schlüssel, Feilen, Schraubenzieher, Prüfgeräte, Zangen und vieles mehr interessierte mich nicht. Ich hatte nur Augen für die leblose Gestalt in der Kammer.
Der Tote bildete praktisch den makabren Mittelpunkt. Und es war Mike Schönenbroicher, den der Commander hier hatte verbergen wollen. Von den Schlangen sah ich nichts, rechnete aber damit, daß sie zu Schönenbroicher in einem unmittelbaren Zusammenhang standen. Deshalb strahlte ich die Leiche an.
Beim ersten Hinsehen entdeckte ich keine Veränderung. Dann schaute ich mir das Gesicht näher an.
Und hier zeigte es sich, daß er tatsächlich etwas zu verbergen gehabt hatte.
An den Nasenlöchern und den Ohren sah ich Spuren von Blut. Äußerliche Verletzungen konnte ich dennoch nicht feststellen.
Weshalb?
Ich dachte nach, leuchtete dabei jeden Winkel der Kammer aus, entdeckte aber keine Spuren der Schlangen. Hatten sie sich in Luft aufgelöst?
Ich berührte die Haut des Toten. Sie war nicht gerade kalt, fühlte sich aber ungewöhnlich an, als wäre sie trockener geworden. Als Zombie würde Schönenbroicher wohl nicht mehr zurückkehren.
Ich verließ die Kammer mit einem schlechten Gewissen. Etwas stimmte hier nicht. Ich kam mir vor wie jemand, den man übertölpelt hatte. Sollte das tatsächlich der Fall gewesen sein, fragte ich mich, wie das wohl geschehen war.
Fünf Löcher in der Metalltür. Entstanden durch Schlangen, die sich verflüchtigt hatten. Das Schiff war riesengroß. Wenn sie Verstecke suchten, hätten sie diese überall finden können.
Ich lauschte in Richtung Lagerhalle, hörte aber nichts Verdächtiges. Jenna Jensen steckte in keinerlei Schwierigkeiten. Deshalb ließ ich mir noch etwas Zeit und suchte die nähere Umgebung der Werkzeugkammer ab.
Ich fand die Spuren der Schlangen.
Vier Löcher an jeweils vier verschiedenen Stellen. Wie eingefräst in das Metall. Wenn ich mich in die Mitte stellte, so befanden sich die Löcher in vier verschiedenen Richtungen.
Mir wurde kalt und heiß zur gleichen Zeit. Es gab keinen Zweifel. Layana hatte bereits ihre Boten losgeschickt, um die Kontrolle über das Schiff zu bekommen.
Dabei konnte sie auch nicht die Königin von Saba stoppen. Das mußte ich übernehmen…
***
Eine fremde Stimme war es, die zu Jenna gesprochen hatte. Aber vor ihr befand sich noch immer das Kreuz, und dort sah sie auch die schwache Gestalt der Königin im Gold. Dennoch spürte sie instinktiv, daß die Macht der Layana stärker war.
Jenna hätte fliehen und irgendwo eine Sicherheit suchen können, die allerdings trügerisch gewesen wäre, denn das Areal war begrenzt. Mochte der Kreuzer auch noch so groß sein, irgendwo lief sie immer gegen eine Grenze, wo sie nicht weiterkam.
Dann lieber bleiben und eine Neugierde zeigen, die eigentlich allen Wissenschaftlern zu eigen war.
Es kostete Jenna Überwindung, ruhig zu bleiben. Dabei lag es nicht allein an der Tatsache, daß sie die Stimme eines Wesens vernommen hatte, an das sie bisher nicht glauben konnte, nein, diese andere würde sicherlich auch über Dinge berichten können, über die in keinem Buch je etwas geschrieben worden war. Vorgänge, die sich vor mehr als 2 000 Jahren abgespielt hatten, wo der größte Teil der Welt noch unbekannt gewesen war.
Die Archäologin beschloß, fast von vorn anzufangen und appellierte mit ihrer ersten Frage indirekt an das Mitteilungsbedürfnis der für sie unsichtbaren Person.
»Wer bist du?«
»Das habe ich dir gesagt…«
»Ja, ich hörte es. Aber wie kommt es, daß ihr beide Feindinnen seid? War die Königin so schlimm?«
Sie erntete ein Lachen. »Schlimm war sie nicht. Ich wollte damals meine Macht zurückhaben. Ich wollte den Thron der Sabäer, ich wollte, daß dieses reiche Volk mir zujubelt, denn es hatte von mir gehört, und es gab Menschen, die mir dienten und mich anbeteten, die von mir wußten, obwohl meine eigentliche Existenz auch schon damals Jahrtausende zurücklag.«
»Das ist ein Märchen!«
»Nein. Oder hat dir noch nie jemand etwas von dem geheimnisvollen Land erzählt, das eines Tages unterging und dessen Menschen etwas Besonderes waren, weil sie Kontakt zu den allmächtigen Dämonen gehabt hatten. Es gab dieses Land, obwohl die Menschen heute einfach nicht daran glauben wollen. Doch ich weiß es besser.«
»Atlantis?«
Jenna hatte zweifelnd gefragt. Auch sie hatte
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