0467 - Der Killer schickte rote Rosen
las unser Distriktchef John D. High vor. »Habt ihr von ihm schon etwas gehört?«
Ich verneinte und berichtete, was wir in den letzten Stunden erfahren hatten. Er nickte dazu, sagte aber kein Wort dazwischen. Seine rechte Hand malte Männchen auf ein Blatt Papier. Viele Männchen.
Er malte auch noch weiter, als ich meinen Bericht beendet und Phil seine passenden Bemerkungen dazu gemacht hatte.
»Jerry, wissen Sie, was das hier ist?« fragte er mich dann und schob mir den vollgemalten Bogen quer über den Schreibtisch.
»Männchen«, sagte ich.
Doch der Chef schüttelte den Kopf. »Das sind keine Männchen, meine Herren, das sind Männer. Viele Männer, Männer ohne Gesicht und ohne Namen. Einer von diesen Männern ist der Mann, den wir suchen müssen.«
»Unsere Männer haben aber Namen«, warf Phil ein. »Ich denke da an einen gewissen Schuhkarton.«
»Trugschluß, Phil«, sagte Mr. High. »Was Sie in diesem Schuhkarton gesehen haben, waren Fotos. Gesammelt von Miß Notury. Die Namen, die auf den Fotos stehen, sind vielleicht richtig. Aber nur vielleicht. Möglicherweise hat sie sich auch manchmal geirrt. Und dann — woher stammen dann die Fotos?«
»Das sind jene Bilder, die von den Kunden der Notury gemacht wurden«, sagte ich.
»Richtig. Glauben Sie aber wirklich, daß alle Fotokünstler, die die Dienste dieses Modells in Anspruch genommen haben, freiwillig Fotos verschenkten und ihren richtigen Namen dazu nannten?«
Mir blieb nichts übrig, als entmutigt den Kopf zu schütteln.
»Also — vorerst bleibt nur einer übrig…«, sagte der Chef.
»Wilkinson!« schloß Phil messerscharf.
»Und der ist nicht der Mörder«, fügte ich hinzu.
Der Chef fragte gar nicht erst, wie ich zu dieser Behauptung kam. »Warum suchen Sie ihn dann?« fragte er vielmehr.
»Weil er als Zeuge für mich wichtig ist.«
»Wieso ist Wilkinson nicht der Mörder?« fragte Phil, leicht verärgert.
»Ich dachte, du hättest es auch gemerkt. Es sind drei Punkte. Einmal wäre ein Mörder Wilkinson nicht vorhin am Tatort in eine Polizeiversammlung geplatzt. Zweitens hätte er nie zugegeben, einen uns unbekannten Eingang in das Grant House zu kennen. Und drittens…«
»Drittens«, warf der Chef ein, »haßt Wilkinson Streichhölzer. Wenn er kein Gasfeuerzeug in erreichbarer Nähe hat, verzichtet er lieber auf seine Zigarette. Er ist geradezu allergisch gegen jede Spur von Phosphorgeruch.«
»Ich erkläre mich geschlagen«, sagte Phil offen. »Daran hätte ich mich auch erinnern sollen.«
»Manchmal soll Schlaf ganz gut tun«, sagte ich. Phil warf mir einen wütenden Blick zu. Er wollte etwas antworten, aber der Chef rettete mich vor Phils Rache. »Schlaf ist wirklich das, was Sie jetzt brauchen, Phil und Jerry. Der Mörder hat mindestens zwölf Stunden Vorsprung.«
Sein Gesicht drückte alles das aus, was er nicht mehr sagte. Er dachte auch wieder an den Fall Rosy Nittle. Damals hatten die Kriminalpolizei und wir rund 3000 Spuren verfolgt. Nichts war dabei herausgekommen.
»Sie sind jetzt ohne Wagen, Jerry?« fragte Mr. High. Siedendheiß fiel mir dieses Malheur wieder ein. Ich seufzte tief. »Das habe ich vor lauter Aufregung total vergessen«, gab ich zu.
»Da können Sie heute auch nichts mehr daran ändern, Jerry. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Die Kantine hat zu dieser Stunde nichts mehr anzubieten, außer Hot Dogs vielleicht. Wie wär es denn, wenn wir zusammen noch einen kleinen Imbiß nehmen würden? Auf den Schreck mit dem Jaguar wäre es doch angebracht?«
»Mensch!« staunte Phil. »Unser Chef kommt auf eine vernünftige Idee!«
***
»Ja, herein!«
Captain Hines' Stimme klang ungehalten. Der Revierchef schätzte es nicht, in der ersten Stunde seines Tagdienstes gestört zu werden. Er legte Wert darauf, die während der Nachtstunden angefallenen Papierberge von Meldungen, Anfragen, Fahndungen, Berichten und sonstigen Vorgängen in Ruhe durchzuarbeiten.
»Morning, Sir«, sagte der Corporal Warren Palater und bemühte sich, möglichst genau nach der Dienstvorschrift neben der Tür zu stehen. Sonst war das in diesem Central-Park-Revier zwar nicht gerade Sitte, aber in Anbetracht der Morgenstimmung seines Chefs gab sich Palater Mühe.
»Morning, Corporal!« sagte Hines. Sein Blick ruhte fragend auf dem jungen Beamten.
»Sir, ich habe die Zeitung gelesen…«
»Das erwarte ich auch von meinen Beamten. Gerade ein Polizeibeamter muß über die aktuellen Dinge hinreichend unterrichtet sein«, sagte Hines mit
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