0467 - Der Killer schickte rote Rosen
sieht nach schwersten inneren Verletzungen aus. Kommt mit der Ambulanz ein Arzt?«
»Ich weiß es nicht«, sagte der Beamte.
»Wenn nicht, fahre ich mit«, sagte der Mediziner entschlossen. Vorsichtig tasteten seine Finger über' den Körper des Mannes.
Der stöhnte plötzlich auf.
»Nicht, Forrester«, kam es fast unhörbar von seinen Lippen, »nicht… Tonband… Whitstone… Polizei…«
»Haben Sie das gehört?« fragte der Arzt.
Der Streifenbeamte hatte nichts gehört. Er war zu weit vom Mund des Schwerverletzten entfernt.
»Hören Sie mal«, sagte der Arzt entschlossen, »benachrichtigen Sie auf jeden Fall einmal die Kriminalpolizei. Der Mann hat etwas von einem Tonband geredet.«
»Schon erledigt«, brummte der Streifenbeamte. »Bei ungeklärten Verkehrsunfällen wird die Kriminalpolizei ohnehin benachrichtigt.«
Der Tonfall seiner Stimme ließ keinen Zweifel daran, daß er von der Vermutung des Arztes nicht allzuviel hielt. Für ihn war es ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht — sonst nichts. Über alles andere sollten sich die Kollegen von der Criminal Division den Kopf zerbrechen.
»Wann haben Sie…«, setzte der Arzt zu einer Frage an. Er brauchte sie nicht zu vollenden. In der Ferne wurde das Heulen einer Sirene laut. Zuerst war es nur als ganz schwacher Schein zu sehen, dann blitzte ein aufgeregtes Rotlicht in das Dunkel des Parkways.
Geschickt steuerte der Ambulanzfahrer, geleitet durch das unentwegte Rotlicht des Streifen-Motorrades, seinen Wagen über den Mittelstreifen.
Zwei weißbekittelte Träger sprangen aus dem Wagen. Ein Blick genügte auch ihnen. Sie zogen die Bahre aus ihrer Halterung.
»Haben Sie einen Arzt dabei?« fragte der Mann, der neben dem schwerverletzten Hitch kniete.
»No«, antwortete der eine Träger lakonisch und setzte die Bahre neben den Verletzten.
»Auf!« kommandierte er den zweiten Mann.
»Langsam, meine Herren«, warf der Arzt ein. »Der Mann ist schwer verletzt. Ich vermute innere Verletzungen schwerster Art. Bitte, folgen Sie meinen Anweisungen. Ich bin Dr. Edward B. Spyler — ich werde den Verletzten begleiten.«
Ruhig und sicher gab Spyler seine Anweisungen an die beiden Träger Er bremste das Routinetempo der abgebrühten Verletztentransporteure. Die beiden befolgten die Anweisungen des Arztes. Freilich machten sie ihre Bemerkungen über den Whiskyduft.
Spyler bat den Streifenbeamten, sich um seinen Mustang zu kümmern. Dann kletterte er schnell in den Ambulanzwagen und kümmerte sich weiter um den Verletzten.
»Immer der Alkohol«, knurrte der eine der Träger.
»Unsinn«, fuhr ihn Doc Spyler an, der im Licht des Wagens die Pupillen des Mannes untersucht hatte. »Dieser Mann riecht zwar wie ein ausgelaufenes Whiskyfaß, aber er hat keinen Tropfen getrunken.«
Scharf legte sich der Wagen, der wieder mit Sirenengeheul und Rotlicht stadteinwärts brauste, in eine Kurve.
Und wieder stöhnte Hitch auf, denn natürlich war der Schwerverletzte niemand sonst als der Gangster, der die Notury auf dem Gewissen hatte.
Spyler saß neben dem Kopf des Mannes auf der Bahre.
»Carina Notury…« flüsterte der Schwerverletzte. »Elfachtundneunzig, Fifth Avenue — nicht, Forrester, nicht… Whitstone… Tonband zur Polizei… Notury… ich war es nicht allein… Forrester…«
»Was sagen Sie da?« flüsterte der Arzt aufgeregt zurück.
Doch Hitch konnte ihn nicht verstehen.
»Schneller!« rief der Arzt durch das kleine Schiebefenster nach vorn zum Fahrer. »Schneller, der Mann ist in akuter Lebensgefahr. Wir müssen…«
Er warf wieder einen Blick auf die Bahre. Das Gesicht des Verletzten war plötzlich noch bleicher als vorher. Spylers Hand tastete nach dem Puls. Und dann sah der Arzt zum Mundwinkel des Mannes, dessen Namen er noch nicht kannte.
Dieser Blick genügte ihm.
»Sie können die Sirene und das Rotlicht ausschalten«, sagte er dann leise. »Exitus!«
Das Heulen der Sirene erstarb mit einem wimmernden Ton, und der Fahrer des Ambulanzwagens griff zum Mikrofon seines Funksprechgerätes.
***
Es war schon spät, aber der Chef war noch da. Vor sich auf dem Schreibtisch hatte er ein noch druckfeuchtes Exemplar des »Herald« liegen.
»Der letzte Begleiter war der Sensenmann«, lautete die Schlagzeile, die über alle Spalten der Frontseite lief. Für so poetisch hatte ich die Leute des »Herald« gar nicht gehalten. »Das jämmerliche Ende der Carina Notury«, stand darunter. Und noch einiges mehr.
»Ein Sonderbericht von Ralph Wilkinson«,
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