0468 - Grab-Phantome greifen an
du auch in die Sakristei?«
»Nein, dort ist abgeschlossen, und einen Schlüssel für diese Tür habe ich nicht.«
Elke blieb dort stehen, wo sich die erste Bank befand. Sie stützte sich am Holz der Rückenlehne ab. Ihr Herz schlug schneller. Die Kälte kam ihr bedrückend vor und irgendwie nicht normal. Sie drehte den Kopf und ließ die Blicke durch die Kapelle wandern.
Das fühlbare Schweigen lag über dem Raum. Doch es war kein Frieden, wie man es eigentlich hätte erwarten können. Irgendwas hatte sich verändert und auch das Innere der Taufkirche nicht verschont.
Waren es vielleicht die Schatten unter den Wänden, die Elke sonst nie gesehen hatte? Sie bewegten sich nicht, dennoch machten sie auf die Frau den Eindruck, als würden sie zusammenrücken.
Ihr Mann hatte den Altar erreicht und passierte ihn auch. Er hielt die Lampe in der Rechten, der Strahl war auf den Boden gerichtet.
Uwe wanderte ihm nach. Er mußte sein Ziel praktisch erreicht haben, aber er ging trotzdem weiter.
Auch Elke wollte schauen, was es da zu sehen gab. Sie hatte von dem Eisenkreuz gehört und auch ein Bild in der Zeitung gesehen.
Deshalb trat sie zu ihrem Mann und hatte ihn gerade erreicht, als er blaß wurde und sich sein Gesicht verzerrte.
Der Lichtstrahl begann zu zittern, ohne allerdings von seinem eigentlichen Ziel abzuweichen.
Wie ein heller Speer stach er in die Tiefe und füllte mit seinem Licht die Fundstelle aus.
Darin lag verkrümmt eine Frau, die von einer fürchterlichen Waffe ermordet sein mußte.
Und beide kannten die Person.
Es war Silvia Servais, eine gemeinsame Freundin von ihnen!
***
Sprechen konnten beide nicht Sie starrten auf die Tote und sahen auch das Blut am Kopf, das schon längst eingetrocknet war. Die weit aufgerissenen Augen der Leiche wirkten wie kalte, bewegungslose Kugeln.
Elke lehnte sich gegen ihren Mann. Obwohl er einen dicken Mantel trug, spürte Uwe die harten Finger seiner Frau durch den Stoff. Die Nagel drückten in sein Fleisch.
»Silvia«, hauchte Elke mit einer Stimme, die ihr selbst fremd war.
»Mein Gott, es ist Silvia.«
Sie war es eigentlich gewesen, die dafür gesorgt hatte, daß man die Grabsteine versetzen sollte. Sie hatte die Presse mobil gemacht, die hatte mit dem Konservator gesprochen und auch mit den Vertretern der Kirche und der Gemeinde.
Und jetzt war sie tot!
Grausam umgekommen, eiskalt ermordet. Sie lag dort, wo einmal das Eisenkreuz gefunden worden war.
Elke Kunz merkte nicht, daß Tränen über ihre Wangen liefen. Sie wunderte sich allerdings, daß sie noch die Kraft fand, auf den Beinen zu bleiben. Dieser Schock war nicht so leicht zu verdauen.
Schlimmeres hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen.
Und das in einer alten Kirche…
Uwe Kunz schwieg. Nur hin und wieder drang ein rauhes Räuspern über seine Lippen. Auch seine Augen waren feucht. Das Licht und die Tote verschwammen zu einem hellen Brei. Wie bei Elke war auch die Zeit für ihn bedeutungslos geworden. Sie standen da, rührten sich nicht und erwachten schließlich wie aus einer tiefen Trance.
Uwe Kunz schaute zur Seite. »Wir müssen die Polizei verständigen«, sagte er mit tonloser Stimme.
Elke nickte. Sie fühlte sich wie ein Automat, der nicht denken konnte. Sie war total auf ihren schrecklichen Traum fixiert, obwohl sie sich dagegen sträubte.
Elke merkte, daß ihr Mann sie in den Mittelgang schob.
Erst dich vor der Tür fand sie wieder zu sich selbst und schüttelte den Kopf. »Ich… ich habe geträumt – oder?«
»Nein. Elke, es ist wahr.«
Sie schaute gegen die Steine der Innenwand. Ihr Blick war leer.
»Dann… dann ist Silvia tot?«
»Ja.«
»In der Kirche ermordet?«
»Ich weiß es nicht. Man kann sie auch dorthin geschafft haben. Vielleicht als Warnung, als Beweis, als Zeichen – was weiß ich?«
»Komm, ich will hier weg!«
Uwe Kunz hatte die kleine Kirchentür nicht ganz geschlossen. Zur Hälfte stand sie offen. Er mußte sie aber weiter aufziehen, damit sie hindurchschreiten konnten.
Einen Schritt vor der Tür blieben sie stehen. Noch immer glänzten die Grabstein. Nach so langer Zeit war das ein Wunder.
Oliver, der Vierzehnjährige, hatte von wackelnden oder tanzenden Grabsteinen gesprochen. Davon hatten die Kunzes nichts bemerkt, aber so abwegig fanden sie es nicht.
Elke hatte sich das Tränenwasser aus den Augen fortgewischt und schaute auf den größten Stein.
Und der bewegte sich!
Elke stieß ihren Mann an, der nichts davon bemerkt hatte, weil er in
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