0468 - Grab-Phantome greifen an
uns links einordnen mußten, dauerte es eine Weile, bis Will starten konnte. Er tat dies dann auch mit quietschenden Hinterreifen.
Zweimal hielt uns noch eine Ampel auf. Dann bog Will zur Taufkirche ab.
Die Fahrbahn nahm sehr bald an Breite zu, so daß auf der rechten Seite, einer Gaststätte schräg gegenüber und direkt hinter einer Bushaltestelle eingezeichnete Parkbuchten dazu einluden, den Wagen abzustellen.
Der Manta war das einzige Fahrzeug, das dort stand.
Wir stiegen aus, und ich konnte einen ersten Blick auf die Friedhofs- mauer werfen.
Dahinter stand, gegen den grau wirkenden Himmel wie gezeichnet, die alte Taufkirche mit ihren weißen Mauern und den an der Südseite hochragenden Turm.
Auf dem Gelände wuchsen noch Bäume, deren Geäst kein Blatt mehr zeigten. Auf mich wirkte das Bild wie ein romantisches Gemälde, das dennoch keinen Frieden ausstrahlte, weil mich irgend etwas an dem Bild störte.
Ich wußte nur nicht, was es war. Vielleicht die beiden Fahrräder, die an der Außenmauer lehnten. Da wir im schrägen Winkel zum Eingang geparkt hatten, mußten wir ein Stück laufen, um das Tor zu erreichen. Es stand offen, wir schauten auf den Weg, und neben mir blieb Will Mallmann abrupt stehen.
»Das gibt’s doch nicht!« keuchte er.
Er meinte das Schwert, das von einer gespensterhaft und durchscheinenden Gestalt nicht nur gehalten, sondern auch geschwungen wurde, um mit einem Schlag die beiden Jungen zu erwischen, die am Boden lagen und sich gegenseitig festklammerten.
Ich wußte, daß ich zu spät gekommen war, denn in diesem Augenblick fuhr das Schwert nach unten…
***
Matthias und Christian standen Todesängste aus. Die Zeitspanne von einer Sekunde wurde für sie doppelt und dreifach so lang. Trotz ihrer immensen Furcht konnten sie die Blicke nicht von der Waffe lösen, die plötzlich nach unten raste.
Gleichzeitig sahen sie am Tor eine Bewegung, aber darauf achteten sie nicht. Die Klinge raste heran, wurde übergroß – und verfehlte sie um Haaresbreite, weil beide im letzten Augenblick noch die Köpfe eingezogen hatten.
Dafür rammte die Spitze der Klinge in die Erde, zerschnitt das Laub und zog eine tiefe Furche in den weichen Boden.
Das Schwert wurde wieder hochgeschwungen, aber da war plötzlich der fremde Mann da. Er warf sich gegen die Gestalt, konnte sie aber nicht packen und fiel über den Grabstein. Während er noch zur Seite kugelte, holte er unter seiner Kleidung etwas Glänzendes hervor.
Es war ein Kreuz!
Ich war nicht mehr dazu gekommen, es sofort zu ziehen, weil ich den unheimlichen Geist von seiner Tat abhalten wollte, doch ich bekam ihn nicht zu packen.
Am Grabstein hatte ich mir das Knie gestoßen, drehte mich herum, schaute in die Höhe und sah seine Rückkehr.
Ich hielt ihm mein Kreuz entgegen und wollte die Formel sprechen, um es zu aktivieren, das war nicht mehr nötig, denn über mir erklang ein Jaulen, und einen Moment später raste das Wesen, das als Geist hatte töten wollen, in den grauen Nachmittagshimmel.
Mühsam stand ich auf, klopfte mir Dreck und Blätter von der Kleidung, schaute erst in die Runde und ging dann auf die beiden am Boden liegenden, kreidebleichen Jungen zu, die soeben noch mit dem Leben davongekommen waren. Will Mallmann kam von der anderen Seite und schüttelte den Kopf. »Was habt ihr euch dabei nur gedacht, das Gelände hier zu betreten?«
Sie gaben keine Antwort, standen wahrscheinlich noch unter Schock. Will und ich halfen ihnen auf die Beine und entdeckten erst jetzt ihre Verletzungen.
Einer hatte den Schnitt am rechten Bein, der andere auf der rechten Wange.
Wir mußten ihnen einfach Zeit lassen. Es war auch wichtig, ihre Berichte zu hören, und nach einer Weile hatten sie sich so weit gefangen, daß sie wieder sprechen konnten.
Auch uns beäugten sie mißtrauisch und waren erst beruhigter, als sie hörten, daß wir Polizisten waren.
Will holte Pflaster aus dem Wagen und klebte es über ihre Wunden. Dann sprudelte es aus ihnen heraus. Sie übertrafen sich dabei gegenseitig, weil sie unbedingt alles auf einmal berichten wollten.
Nur mühsam konnten wir uns ein Bild machen. Wichtig war das Tanzen dieser Grabsteine. Sie mußten unmittelbar etwas mit dem Erscheinen dieser Geister zu tun haben.
Und es lagen ja auch vier Grabsteine am Boden.
»Die sind gekommen wie Phantome«, sagte der Junge mit dem Namen Matthias. »Ich hatte schon vorher Angst. Auch in der Kirche.«
»Habt ihr da etwas gesehen?« fragte ich.
Sie
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