0468 - Grab-Phantome greifen an
sie die Südseite der Kirche erreicht hatten und Matthias plötzlich stehenblieb, sich sein Gesicht verzerrte und er einen Laut des Schmerzes von sich gab.
»Was hast du?«
Matthias hob die Schultern. »Da hat mich was gebissen.« Er hielt seine Hand gegen die linke Wange gepreßt.
Christian wollte ihm nicht glauben. Er grinste sogar, als er näher kam. »Wo denn?«
Der Junge senkte den Arm, und Christian Trenkel bekam große Augen. »Mensch, du blutest ja.«
Matthias schaute auf seinen Handschuh. »Ja, wirklich…«
»Das ist eine richtige Wunde. Als hätte da jemand hineingeschnitten. Wie mit einem Messer oder so.«
»Es tut auch weh.«
»Dann wollen wir… ahhh …« Plötzlich schrie auch Christian auf und hielt sich sein rechtes Bein. Aber nicht genau dort, wo es schmerzte.
Deshalb sahen er und Matthias, was geschehen war.
In der Hose klaffte ein Spalt, als hätte man ihn hineingeschnitten.
Und im Fleisch des äußeren Oberschenkels befand sich der Schnitt, aus dem das Blut pulste.
Matthias fing an zu zittern. »Das… das waren sie. Das waren die Geister …«
***
Christian Trenkel gab keine Antwort. Er hatte ein Taschentuch hervorgeholt und drückte es gegen die Wunde. Auch Matthias preßte ein Tuch gegen seine Wange.
Dabei sah er sich um, denn er glaubte fest an das, was er gesagt hatte. Irgendwo befanden sich Geister, und er hörte plötzlich ein Geräusch, das nicht wie das Wehen des Windes klang, denn es war mehr ein Heulen und Lachen.
Der Junge vergaß seine Schmerzen. Er forschte nach den Ursachen dieser unheimlich klingenden Laute, sah aber keinen, der sie verursacht haben könnte.
Sie hörten sich an, als hätte sich jemand hinter einem Busch oder Baum versteckt, um dort auf einer Flöte zu spielen.
Christian schluckte. »Das… das tut so weh!« preßte er hervor.
Sein Freund nickte. »Es müssen die Geister gewesen sein. Oder hast du jemand gesehen?«
»Nein.« Diesmal widersprach Christian nicht.
»Laß uns gehen. Kannst du überhaupt?«
»Mal sehen.« Christian setzte die ersten Schritte, knickte mit dem rechten Bein ein, verbiß sich jedoch den Schmerz und humpelte weiter. Er wollte sich von Matthias auch nicht stützen lassen.
Sie erreichten den Weg und konnten bereits auf das Tor schauen.
Gern wäre Matthias schneller gelaufen. Mit Rücksicht auf seinen Freund ließ er es bleiben.
Jenseits der Mauer gingen Leute vorbei. Sie hörten ihre Stimmen, aber sie hatten trotzdem das Gefühl, als würde zwischen ihnen und den Menschen eine himmelhohe Wand stehen. Auch die Geräusche der fahrenden Autos beruhigten sie nicht.
Dieser Friedhof war einfach zu unheimlich, und er schien gar nicht in die Welt zu gehören, sondern zu einer anderen, weit entfernten und gruseligen.
Matthias machte seinem Freund Mut. »Wir haben es bald geschafft, Christian. Es dauert nicht mehr lange…«
Der Junge nickte verbissen. Er ging und hielt das Tuch auf die Wunde am rechten Oberschenkel gepreßt. Er wollte einfach nicht weinen und war hat im Nehmen.
Aber die andere, die unsichtbare Seite machte es den beiden Jungen nicht leicht.
Schwarze Magie, uralt und gefährlich, war freigekommen und breitete sich aus. Sie verstärkte sich auch. Es entsprach dem Handeln fremder dämonischer Kräfte, daß sie ihre Macht und Stärke beweisen wollten, auch bei den Kindern.
Wieder heulte etwas aus dem Unsichtbaren heran, das plötzlich sichtbar wurde.
Christian und Matthias erschraken zutiefst. Aus dem Nichts war es gekommen, direkt über ihnen, und es raste von oben nach unten, so daß es vor ihren Fußspitzen einen dumpfen Schlag gab, Erde aufgewühlt wurde, und sich in Sekundenschnelle etwas materialisierte.
Es war ein Schwert!
***
Die Jungen blieben stehen, als wären sie gegen eine harte Betonwand gelaufen. Beide verloren noch mehr Farbe im Gesicht. Nur das Blut auf Matthias Wange schimmerte noch.
An ihre Schmerzen dachten sie nicht mehr. Sie hatten nur Augen für das Schwert, das herabgefallen war und sie fast durchbohrt hätte.
Sprechen konnten sie nicht, aber sehen. Die Grabsteine zitterten.
Nicht alle, nur vier von ihnen. Als wären unsichtbare Hände dabei, sie vor- und zurückzuschieben. Besonders der übergroße, der links von ihnen in ihrer Nähe stand, sah aus, als würde er jeden Augenblick fallen.
Und er fiel.
Matthias stand ihm am nächsten. Kinder haben einen Instinkt für Gefahren, da bildete der Junge auch keine Ausnahme. Er mußte weg. Wenn nicht, würde ihn der Grabstein
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