0470 - Baphomeths Totenwächter
Horror-Reiter. Sie waren die Leibwächter Baphomeths. Sie sorgten dafür, daß er keinen Schaden litt, und nun hatten sie bereits auf diese Art und Weise reagiert.
Abbé Bloch war so geschockt, daß er nicht einmal ein Gebet sprechen konnte. Er starrte über den Toten hinweg in die Finsternis des Tunnels, spürte seine Tränen, schluckte, ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder und dachte über seine eigene Hilflosigkeit nach.
Sie war am schlimmsten.
Er konnte sich nicht dagegen wehren. Wie ein Verlorener stand er da und mußte die grausame Rache Baphomeths hinnehmen.
Einer seiner Freunde war verbrannt.
Wie hatte es den anderen ergehen können? Würden sie auch im Feuer der Vernichtung sterben?
Die Vorwürfe überkamen den einsamen Mann wie schwere Hammerschläge. Er hätte bei ihnen bleiben sollen, vielleicht wären sie dann entwischt. Er hörte Schritte.
Der Abbé drehte sich nicht um, obwohl sie hinter ihm aufklangen.
Wer immer es sein mochte, er sollte ihn sehen, ihn vielleicht angreifen, damit es jetzt zu einer Entscheidung kam.
Die Schritte verstummten für einen Augenblick, bevor sie wieder aufklangen.
Dazwischen hörte der Abbé ein Stöhnen und schmerzvolles Ächzen, wie es nur ein Mann in großer Not ausstoßen konnte.
»Wer bist du?« fragte Bloch, ohne sich umzudrehen. »Sag mir deinen Namen – bitte.« Er zitterte an allen Gliedern. Bloch dachte an eine grausame Wahrheit, doch er war zu feige, sich umzudrehen.
Bis er dieses schrille Pfeifen hörte. Und noch einen Laut vernahm er.
Als würde etwas Spitzes über einen anderen Gegenstand hinweggleiten und daran knabbern.
Beide Geräusche zusammen ergaben nur eine Lösung.
Ratten!
Bloch drehte sich diesmal hastig um. Die Flamme an der Fackel machte die Bewegung mit und geriet ein wenig aus der Richtung, so daß sie wie heißer Atem über sein Gesicht strich und die rechte Augenbraue versengte.
Viel mehr konnte er auch nicht erkennen, weil das tanzende Licht die Stelle, wo die Gestalt stand, noch nicht erreichte. Deshalb ging der Abbé einige Schritte vor. Er spürte dabei das Zittern und das weiche Gefühl in seinen Knien.
Auf dem Gesicht lag der Schweiß. Die Furcht vor dem Unabwendbaren ließ ihn nicht los, so ging er weiter vor und schob die tanzende Lichtinsel der Flamme immer mehr in die Richtung, aus der er die Geräusche vernommen hatte.
Der erste hatte gebrannt, der zweite brannte nicht, er war trotzdem kaum zu erkennen.
Gehen konnte er nicht mehr. Mit der linken Schulter stützte er sich an der Gangwand ab, und seine Gestalt befand sich in dauernder Bewegung. Das hatte einen Grund. Nicht nur er selbst bewegte sich, es waren vielmehr die Tiere, die auf ihm hockten.
Fette Tiere mit kurzen Beinen.
Ratten!
Die Freunde des Teufels. Tiere, die von den meisten Menschen gemieden wurden, die schon im Mittelalter die große Plage gebracht hatten, und sicherlich zählten sie auch zu den Wesen, die den Horror-Reitern gehörten, waren sie es doch letztendlich gewesen, die Hunger, Seuchen und Kriege über die damalige Menschheit gebracht hatten. In ihrem Troß waren stets die Ratten gekommen, und bis heute hatte sich nichts daran geändert.
Abbé Bloch stand da, ohne sich zu rühren. Durch seinen Kopf bewegten sich die Gedanken. Die Falle hatte die andere Seite sehr lange offen gehabt, jetzt war sie zugeschnappt.
Zwei seiner Freunde hatte es erwischt. Bloch konnte sich ausrechnen, wann er an der Reihe war.
Der Templer, der von Ratten so dicht bedeckt war, daß es aussah, als würde er einen grauen Fellmantel tragen, hieß mit richtigem Namen Josuah Franquet. Er war Anwalt von Beruf. Seine Praxis lag in Lille, die aber würde er nie mehr betreten. Die Ratten hatten sich bereits durch seine schützende Kleidung genagt.
Einen Arm streckte er aus, um sich noch einmal besser an der feuchten Wand abstützten zu können. Auch über diesen Arm rannten, zuckten und bewegten sich die häßlichen Tiere. Sein Gesicht war ebenfalls zerbissen worden. Als er zusammensackte, schickte er dem Abbé einen letzten Laut entgegen. Es war das Stöhnen, das ihn in den Tod begleitete.
Erst jetzt kam Bloch dazu, sich zu bewegen. Zuerst öffnete er den Mund. »Nein!« flüsterte er. »Nein, das ist nicht möglich. Das darf nicht sein. Ich kann es nicht zulassen!«
Er rannte plötzlich vor, seine Hemmungen waren wie weggeschwemmt worden. In einer Hand hielt er die Fackel, mit der anderen holte er den Silberpfahl hervor.
Abbé Bloch wurde zu einem
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