0470 - Mörder jagen einen Mörder
mit dem Feind bekommt. Genau so fuhr ich Schleifen und Kurven und wendete und bog ab, um den angeblichen Sperren der Polizei zu entgehen. Es gab so wenig Polizei, G-men, Sperren, wie es wirkliche Feinde in einem Generalstabs-Sandkasten gibt.
Ich wußte nicht, ob Joffrey Larham nicht längst mißtrauisch geworden war. Er sagte während der zwei Stunden nichts, aber immer, wenn ich den Blick hob, begegnete ich im Rückspiegel dem Funkeln seiner Augen. Als wir den Steinbruchbezirk erreicht hatten, begann er, mir Anweisungen für die Fahrtrichtung zu geben. Ich sah, daß er Garwins Karte studierte. Er bemühte sich, mich auf den Weg zur Hütte zu dirigieren.
Zehn Minuten nach fünf Uhr schaffte er es. Er ließ mich anhalten. »Meiner Meinung nach befinden wir uns jetzt an dieser Stelle«, sagte er und gab mir die Karte. »Dort drüben liegen die Gleise der Feldbahn, die Garwin eingezeichnet hat. Wenn wir uns rechts halten, müßten wir in einer Viertelstunde den See erreichen, an dem das Mädchen aussteigen kann.«
Ich drehte mich um und sah Decla an. So wie sie 'jetzt aussah, hätte sie keinem Gast auch nur das Geld für ein Glas Mineralwasser aus der Tasche locken können. Die von den Tränen abgewaschene Wimperntusche hatte lange, schwärzliche Bahnen über ihre Wangen gezogen. Die Schminke war verwischt. Ihre Haut war grau. Das Haar hing in langen schmutzigen Strähnen bis auf ihre Schulter. Angst und Schmerz hatten ihr Gesicht wie ausgelöscht. Ihr Kopf schwankte vor Müdigkeit, aber sie wagte nicht, die Augen zu schließen.
Larham zündete sich eine Zigarette an. »Willst du auch eine, G-man?« fragte er. Er wartete meine Antwort nicht ab, sondern schob mir eine zwischen die Lippen und gab mir auch Feuer.
»Du auch?« wandte er sich an das Mädchen. Decla zog sofort den Kopf zwischen die Schultern, wie ein Hund sich duckt, der sich fürchtet. »Nein«, flüsterte sie. »Danke…«
Larham lachte. »Fahr los, G-man, damit wir die Kleine hinauswerfen können, bevor sie vor Angst stirbt.«
Ich ließ den Chevrolet wieder anrollen. Die Selbstverständlichkeit, mit der der Gangster davon sprach, sein unglückliches Opfer laufen zu lassen, machte mich nur mißtrauischer. Ich hatte genug Killer gekannt. Ich wußte, daß ein Mörder einen möglichen Zeugen nur davonkommen lassen würde, wenn er sich einen Vorteil davon versprach. Nur wenn Larham noch an meine Story von dem Polizeiaufgebot glaubte, würde er sein Versprechen halten.
Die Zigarette verqualmte zwischen meinen Lippen. Ich kurbelte das Fenster herunter und warf den Rest hinaus. Ich ließ das Fenster unten.
Auch Larham warf seinen Stummel ins Freie, aber er tat es auf eine merkwürdige Weise. Er beugte sich zu Decla hinüber, die entsetzt vor ihm zurückwich, drehte das Fenster auf ihrer Seite hinunter und warf die Kippe auf ihrer Seite hinaus.
»Dir geschieht nichts, Puppe«, sagte er lachend, als er das Entsetzen des Girls sah.
Die Schotterstraße war jetzt ein wenig besser. Auch der Chicagoer merkte es sofort. »Fahr schneller, G-man«, befahl er. Ich gab ein wenig mehr Gas. Rechts tauchte ein kleiner Wald auf. »Nur noch eine knappe Meile bis zum Steinbruchsee«, kommentierte Larham.
Er behielt recht. Einige Minuten später sah ich die schwarze Wasserfläche des Sees. Damals, als der Basalt hier abgebaut wurde, mußten die Bohrer und Bagger sich vefdammt tief in die Erde gefressen haben. Der Wasserspiegel lag mindestens zwanzig Fuß tiefer als das Ufer. Das dunkle Gestein des Grundes ließ es schwarz wie ein llöllenloch schimmern.
»Halt an, G-man!« sagte Joffrey Larliam. Nichts war aus seiner Stimme heruuszuhören. Ihr Klang war so alltäglich, als handle es sich um die Suche nach einem geeigneten Picknick-Platz.
Ich bremste den Chevrolet ab. Die letzten zweihundert Yard war ich im zweiten Gang gefahren. Ich trat die Kupplung nieder, nahm den Gang heraus und schob den Hebel mit dem Handballen wieder hinein. Jetzt aber in den ersten Gang. Dabei hielt ich die Kupplung unten und den anderen Fuß über dem Gashebel.
Der Chevrolet besaß vier Türen. Larham griff nach dem Verschluß auf der Seite des Mädchens und stieß die Tür auf. Wieder bog sich Decla ängstlich vor ihm zurück.
»Hinaus mit dir, Mädchen«, schrie der Mörder fröhlich. »Wird dir geradezu gut tun, wenn du mal ein paar Meilen laufen mußt.«
Decla starrte ihm ängstlich ins Gesicht. Sie begriff wohl nicht, oder sie wagte einfach nicht, sich zu rühren.
»’Raus!« schrie
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