0472 - Monsterrache
erreichte.
Die Männer vergaßen ihre Flucht. Sie hockten an der schmalen Reling, schauten hinüber und sahen das, was sich unter Wasser abspielte, wie durch ein Glasfenster…
Die beiden Taucher waren ebenso überrascht worden wie wir. Sie vergaßen das Schießen, denn der Schiffsboden wurde von einer gewaltigen Kraft zerschmettert.
Uns flogen Bohlen, Teppichstücke oder was immer es sein mochte, um die Ohren, aber das war nicht alles, denn die Kraft des Ungeheuers zerstörte auch die Wände der Kabine.
Ein Skelett erschien!
Ein gewaltiges grüngelbes Etwas, eingehüllt in Aibonlicht, mit einem riesigen Schädel und ebenfalls grünlich leuchtenden Augen.
Jetzt schossen die Taucher!
Zu spät. Nicht wir bekamen die Harpunenpfeile mit, sondern das übergroße Skelett.
Sie jagten in seinen Körper, blieben stecken, aber das machte dem Monstrum nichts aus. Es wurde wütend, und es begann mit seinem grausamen Werk. Wir standen diesmal günstig, im Rücken des Monstrums. Es warf sich vor, schleuderte ein Stück Kabinenwand zur Seite und bekam einen der Taucher mit beiden Knochenpranken zu fassen.
Zum Glück war die Sicht nicht mehr so gut, so bekam ich nicht alle Einzelheiten mit.
Das Skelett tötete den Mann innerhalb von Sekunden und schleuderte ihn dann fort.
Es lief durch die Lücke, wo einmal die Wand gewesen war. Suko packte mich an der Schulter. Er drehte sich gleichzeitig und deutete in die Höhe. Wir mußten raus aus diesem verdammten Wrack, kamen auch weg, während unter uns ein mörderischer Kampf entbrannte.
Und wir schwammen ins Licht.
Hinein in eine zitternde, grünliche Helligkeit, die sich wie ein Teppich aus Glas im Wasser ausbreitete. Die absolute Ruhe umgab uns, und es kam mir vor wie ein Traum.
Ich schaute nach rechts.
Entfernungsmäßig nicht abzuschätzen, sah ich einen Schatten aus der Höhe dem Boden entgegensinken.
Er sah aus wie ein Schiff. Aber das interessierte uns im Augenblick nicht. Wir schwammen einen Bogen, drehten dann und schauten nach unten, wo das Wrack lag.
Ja, wir sahen es sehr deutlich. Wie unter einer flachen Glaskuppel, und es war dort zerstört worden, wo sich die Kapitänskabine befand und sich das Skelett zum erstenmal gezeigt hatte.
Ich fühlte mich auf einmal besser. Es kam mir vor, als hätte mir jemand ein Aufputschmittel gegeben. Irgendeine Kraft war dabei, die Kontrolle über uns zu bekommen.
Ich hörte Sukos Stimme. Es war eigentlich unmöglich, daß wir uns verständigen konnten, schließlich steckte ein Mundstück zwischen unseren Lippen. Demnach mußten es seine Gedanken sein, die ich akustisch vernahm.
»Das ist Aibon.«
»Ja, Suko.«
Mein Partner drehte sich überrascht um, als er meine Antwort vernommen hatte. Er schwamm auf mich zu. »Du kannst meine Gedanken hören?«
»So ist es.«
»Ich deine auch.«
»Gut, das hat etwas mit diesem Zauber zu tun.«
»Aibon?« fragte er.
»Was sonst?«
Aibon, das geheimnisvolle Land, das auch eng mit dem Dunklen Gral verknüpft war, hatte uns schon seit Jahren Rätsel aufgegeben. Aibon - das bedeutete eine Märchenwelt der Feen, der Elfen, der Gnome und der gefallenen Engel.
Eine Shakespeare-Welt, die zwischen dem Diesseits und dem Jenseits ihren Platz gefunden hatte, die schon zu Beginn der Zeiten, als sich Gut und Böse trennte, entstanden war und nun eine Zwischenwelt markierte.
Aibon war auch das Land der Druiden. Wenn sie starben, wartete dieses Paradies auf sie.
Und hatte uns Cole Wilson nicht erklärt, daß auch die geheimnisvolle Druidenwelt eine Rolle spielte? Der Schamane, der sich stets an Bord seines Schiffes befand, war dafür der beste Beweis. Wilson hatte nicht nur von einem Schamanen gesprochen, auch von einer Mumie. Wir aber hatten ein Skelett vor uns gesehen.
Gewaltig, übergroß, größer vielleicht als zwei aufeinandergestellte Menschen.
Möglicherweise gab es sogar zwei Monstren. Einmal das Skelett und zum anderen die Mumie. Wobei sich letztere noch auf dem Schiff versteckt halten mußte.
»Du hast mir aus der Seele gedacht«, hörte ich Sukos Stimme. »Auch ich bin ähnliche Richtungen gewandert.«
»Fragt sich nur, was wir machen.«
»Er wird uns holen wollen, John.«
»Tot oder lebendig?«
»Bisher hat er nie jemand am Leben gelassen.«
Da hatte Suko leider recht. Ich stellte meine Gedanken ab und schaute mich um. Neben mir sah ich meinen Freund. Sogar die Augen hinter dem Sichtschirm der Maske konnte ich erkennen, denn unsere Umgebung hatte sich lichtmäßig stark
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