0473 - Drogenteufel von Stonehenge
gut.«
»Wollen Sie mit?«
»Ich bin Ihnen etwas schuldig. Deshalb werde ich Sie nach Hause bringen. Wie heißen Sie eigentlich?«
»Maiden.«
»Okay, Mr. Maiden. Sie können sich bei mir einhaken. Beschreiben Sie mir den Weg.«
Er tat es nicht. »Wer sind Sie?« fragte er. »Wer bist du, daß du Aibon trotzen kannst?«
»Ich heiße John Sinclair…«
Erst nach einigen Sekunden bekam ich eine Reaktion. »Ja«, sagte er, »John Sinclair. Man kennt dich.«
»Du auch?«
»Ich hörte von dir.«
»Von wem?«
»Die Stimmen wisperten es mir zu. Aibons Wind flüsterte deinen Namen.« Eine ungewöhnliche Antwort hatte er mir gegeben. Für mich hatte es keinen Sinn, weiter nachzuhaken. Er schüttelte den Kopf und zeigte mir damit an, daß er nicht bereit war, noch mehr über dieses Thema zu reden. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und bedeutete ihm, sich in Bewegung zu setzen.
Wir mußten aufpassen. Die Schneeschicht war glatt. Besonders gefährlich wurde es an der Treppe, denn auch die Stufen besaßen einen dünnen, weißen Schleier.
Sehr vorsichtig schritten wir sie hinab. Der blind gewordene Druide hielt sich dabei am Geländer fest. Die Holland Park Avenue hatten wir überquert und wandten uns jetzt direkt dem Ziel zu. Maiden führte mich in die Ladbroke Road, eine schmalere Straße, wo ältere Häuser standen. Manche beherbergten mehr als vier Wohnungen, andere wiederum waren im Villenstil gebaut, besaßen stuckverzierte Fassaden, wo ebenfalls der Schnee eine Schicht gebildet hatte. Er lag auch auf den am Straßenrand parkenden Wagen.
»Wie weit müssen wir gehen?«
»Wenn du die vierte Laterne siehst, mußt du stehenbleiben«, erwiderte der Blinde.
»Gut.«
Zwei Laternen hatten wir schon passiert. Durch ihre Lichtscheine tanzten die Flocken wie kleine Zuckerkörner. Bis zur übernächsten Lichtquelle war es nicht mehr weit. Neben der Laterne blieben wir stehen.
»Und jetzt?« fragte ich.
»Wende dich nach rechts.«
Das tat ich. Hinter uns fuhr langsam ein großer Wagen vorbei. Die Reifen schmatzten durch den Schnee. Ich mußte ein kleines Tor aufstoßen, um in einen baumbestandenen Vorgarten treten zu können. Ein schmaler Weg führte auf die Treppe zu, deren drei Stufen direkt vor der Haustür lagen.
»Wohnst du allein?«
»So ist es.«
»Das Haus ist ziemlich groß…«
»Ich erbte es von meinem Vater.«
»Hat er sich auch mit Aibon und dem Druidentum beschäftigt?« wollte ich wissen.
»Nein.«
Vor der Haustür blieben wir stehen. Schon auf dem Weg hatte ich gesehen, daß hinter keinem der Fenster Licht brannte. Die Scheiben wirkten auf mich wie blaugraue, in die Hauswand gemalte Vierecke.
»Den Schlüssel!« forderte ich.
Der Blinde griff in seine rechte Manteltasche und holte ein dunkles Etui hervor. »Es ist der mittlere der drei Schlüssel«, erklärte er mir.
Bevor ich aufschloß, fragte ich ihn. »Was erwartet mich in deinem Haus, Maiden?«
»Leere.«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
»Sonst nichts?«
Zu meiner Überraschung nickte er. »Es ist besser, wenn wir sofort in den Keller gehen. Dort habe ich mein Refugium eingerichtet.«
»Und was bedeutet das?«
»Du wirst es sehen. Laß uns ins Haus gehen. Mich friert allmählich.«
Den Gefallen konnte ich ihm tun. Auch ich hatte keine Lust mehr, länger im Schnee zu stehen. Die Tür ließ sich leicht aufschließen. Ich drückte sie nach innen und schob den Blinden über die Schwelle, der seine Arme vorgestreckt hatte.
Den Lichtschalter hatte ich schnell gefunden. Die Lampe erhellte eine breite Diele, die einen dunkelbraunen Parkettfußboden besaß. Alte Sessel bildeten eine Gruppe. In der Mitte stand ein runder Tisch mit einer ebenfalls grünen Glasplatte. Die breite Treppe führte in die oberen Etagen. Sie begann dicht neben einem Kamin.
»Wie kommen wir in den Keller?« fragte ich.
»Wir müssen uns links halten!« hörte ich die Antwort. »Es ist ein großes Gewölbe. Siehst du die breite Tür an der Wand?«
»Natürlich.«
»Das ist der Weg.«
Der Blinde ging schon vor. Er kannte sich gut aus, das war klar, öffnete die Tür, blieb aber stehen, weil er allein wohl die Treppe nicht hinabsteigen wollte.
»Du kannst meinen Arm halten.«
Er umklammerte ihn mit der linken Hand. Sein Griff war normal, von der alten Kraft spürte ich nichts mehr.
Sehr langsam liefen wir die Stufen hinab und betraten einen Keller, der gewaltige Ausmaße besaß.
Ich konnte sie erst richtig einschätzen, als wir den Bogen hinter uns gelassen
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