0476 - Der Sohn des Killers
abnehmen wollten.
Es war kurz nach Mitternacht. Dick verspeiste gerade sein drittes Steak, als das halblaute Gemurmel in der Kneipe plötzlich verstummte. Genau wie die anderen blickte auch Dick zur Tür, in deren Rahmen ein Mann aufgetaucht war, den er nur zu gut kannte.
Phil trug Seemannskleidung und sah unbedingt echt aus. Aber er war ein Fremder in diesem Lokal. Und das versetzte die anderen sofort in Alarmbereitschaft. Fremde waren hier nicht beliebt.
Fieberhaft überlegte Dick, wie er sich mit Phil in Verbindung setzen konnte, ohne die anderen aufmerksam zu machen. Aber er sah bald ein, daß es unmöglich war. Sie ließen Phil nicht aus den Augen, als er an die Theke trat und ein Bier verlangte.
»Komischer Laden das«, sagte Phil zu dem Barkeeper. »Man könnte meinen, hier wäre eine Beerdigungsfeier.«
»Wem es nicht paßt, der kann ja gehen«, gab der Barkeeper giftig zurück.
Phil überhörte die freundliche Aufforderung. Ruhig trank er sein Bier aus und schob das leere Glas über die Theke: »Noch eins!«
Er wagte nicht, sich umzudrehen. Nur im Spiegel, der hinter der Theke zwischen zwei Flaschenregalen angebracht war, konnte er die Männer an den vorderen Tischen erkennen.
Der Keeper schob ihm das gefüllte Glas hin.
Phil wollte es gerade an den Mund setzen, als er im Spiegel sah, wie sich zwei Augenpaare auf ihn richteten, die er hier nicht erwartet hatte. Sie gehörten zwei bekannten Gangstern, die er vor ein paar Jahren ins Zuchthaus geschickt hatte.
Natürlich erkannten ihn die Burschen sofort. Phil konnte sich ausrechnen, wann es zu einem Zusammenstoß kommen würde. Wenn er Dick nicht gefährden wollte, konnte nur Frechheit helfen.
Er drehte sich um, fixierte die beiden Gangster, glitt von dem Barschemel herunter und ging langsam auf sie zu.
Jedes Gespräch in der Kneipe war verstummt. Nichts regte sich. Man hörte nicht einmal das Klappern von Tellern und Gläsern.
Als er vor ihrem Tisch stand, erhoben sich die beiden wie auf Kommando. Der eine Ex-Zuchthäusler sagte so laut, daß man es überall hören konnte: »Na, G-man, uns hast du hier wohl nicht erwartet?«
Phil lächelte. »Vielleicht doch, Smitty.« Ohne sich um das Gemurmel ringsherum zu kümmern, zog er einen Stuhl an den Tisch und ließ sich darauf nieder. »Wie ich hörte, seid ihr wegen guter Führung vorzeitig entlassen worden. Ihr sollt die reinsten Musterknaben gewesen sein.«
Das war eine Sprache, die die Gangster nicht mochten, aber sehr gut verstanden.
»Halt das Maul, Decker«, fauchte ihn Smitty an. Er stützte sich mit beiden Fäusten schwer auf die Tischplatte. »Wir haben unsere Strafe abgesessen. Damit ist die Sache erledigt, auch für das FBI.«
»Bist du sicher?« Phil blickte sich um, als suchte er jemanden, den er mit den beiden in Zusammenhang bringen konnte.
Dabei entdeckte er Dick!
Sein Gesicht strahlte vor Zufriedenheit. »Dick Hanson!« rief er laut und steuerte auf seinen Tisch zu. Als er vor ihm stand, sagte er: »Seit wann hast du denn dein Quartier in Brooklyn aufgeschlagen? Dir ist wohl drüben der Boden zu heiß geworden!«
Dick zauberte ein nervöses Zucken auf sein Gesicht. »Sie können mir nichts anhängen, Decker. Ich kann mich aufhalten, wo ich will. Und wenn ich bis morgen nacht hier sitzen bleibe, das geht Sie einen feuchten Dreck an.«
Phil hatte ihn verstanden. Er drehte sich um, tat so, als ob ihn Dick nicht mehr interessierte, und ging an Smittys Tisch zurück.
Die bedrohliche Stimmung legte sich etwas.
Phil stellte Smitty ein paar Fragen nach einem Mann, der vor Jahren mit dem Gangster zusammengearbeitet hatte. Natürlich erwartete er keine brauchbare Auskunft. Aber er motivierte damit sein Erscheinen in der Kneipe.
Als er kurz darauf die Kneipe verließ, atmete Dick wie erlöst auf. »Verdammt«, sagte er, »mir ist ganz heiß geworden.«
Braddy blickte ihn bewundernd an. »Du bist ja ein As, Dick!«
Dick winkte ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Auf die Bekanntschaft kann ich verzichten. Als ich den Bullen hier auftauchen sah, dachte ich, er wollte was von mir. Na, ist ja noch mal gutgegangen!«
***
Es war am nächsten Abend, kurz vor zweiundzwanzig Uhr. In meinem Büro versammelte sich eine merkwürdige Mannschaft: fünf Männer unserer Specialabteilung im elegantesten Ganovenzivil, dazu der Einsatzleiter der motorisierten City-Police, ein Kommissar der Zollstelle Manhattan III. Phil und ich.
Mr. High war bereits mit Tom Lacklund in einem Büro der
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