0476 - Kalis tödlicher Spiegel
auf.
»Mandra!«
Der Inder drehte den Kopf, ohne Bill eine Antwort zu geben.
»Wo steckt John?«
Mandra kam Bill entgegen. »Ich weiß es nicht genau, aber er ist wohl nicht durch den Spiegel geglitten.«
Bills Gesicht bekam einen erstaunten Ausdruck. »Nicht?« flüsterte er. »Verdammt, weshalb nicht?«
»Vielleicht ist er durch sein Kreuz geschützt worden.«
»Aber das ist doch…«
»Vergiß die Heilige Silbe nicht.« Mandra sagte nichts mehr. Er ging zu den anderen beiden, wobei ihn Suko mit einem Nicken und einer Frage begrüßte. »Ist alles klar?«
»Soweit ja.«
»Und du weißt wirklich nicht, was mit John ist?«
»Er blieb zurück, während ich in die Spiegelfläche einsank wie in einen Sumpf. Kali will uns haben.«
»Sie hat uns bereits«, sagte Bill.
»Was ist mit dir, Singal? Alles überstanden?«
Der Angesprochene verneigte sich. »Ja, Mandra Korab, ich lebe noch. Ich bin in ihrer Welt.«
»Verdammt, was ist das für eine Welt?« rief Bill. »Mandra, kennst du dich hier aus? Du bist Spezialist für Dinge, die sich um die Totengöttin drehen. Gib uns eine Antwort.«
»Wenn ich das könnte. Es steht fest, daß wir ihre Gefangenen sind. Die Spiegelfläche war das Tor zu ihrer Welt. Einer Welt des Grauens, der Toten, in der wir uns zurechtfinden müssen. Sie hat ihren Plan, sich zu rächen, erfüllen können. Kali ist und bleibt gefährlich und grausam.«
»Das wissen wir auch«, sagte Bill. »Es ist uns einfach zu wenig, Mandra. Werde doch deutlicher.«
»Kann ich das?«
»Ja, schau dir die Steine an!« flüsterte Bill erregt. »In jedem habe ich das Gesicht der Totengöttin erkannt. Es ist hineingemeißelt worden. Wenn du dich davorstellst, wirst du es auch sehen. Sie beobachtet uns, es ist ihre Welt, sie…«
»Ist überall!« vollendete Mandra. »Ich weiß es. Und sie hat es geschafft, uns zu fangen.«
»Wie wird man uns hinrichten?« fragte Suko.
Mandra hob die Schultern. »Möglicherweise wird sie eine weitere Kette haben wollen…«
»Aus unseren Köpfen?«
Mandra Korab nickte. »Ja, aus unseren Köpfen, Freunde, aber auf einen Kopf wird sie verzichten wollen, nicht wahr, Singal?«
Der Inder schrak zusammen, als er so heftig angesprochen wurde. »Wie… wie kommst du darauf?«
»Weil du in ihren Diensten stehst und uns verraten hast. Deshalb! Du bist ein Verräter, Singal!«
***
Mandra Korab hatte die Worte hart und klar gesprochen. Jeder hatte sie verstanden, aber in Bills und Sukos Augen nisteten sich Zweifel ein.
»Wie ist das…?«
»Halte den Mund, Bill Conolly«, sagte Mandra. »Ich weiß, daß Singal ein Verräter ist, und er weiß es auch. Er hat uns in die Falle gelockt. Sein Großvater mochte ein weiser Mann und auch gegen Kali gewesen sein, aber auf seinen Enkel hat das nicht abgefärbt. Er ist Kalis Blendwerk verfallen, er wurde zu einem Diener, zu einem Tong, der die Aufgabe hatte, uns ins Verderben zu reißen.«
Bill und Suko räusperten sich. Verlegen strich der Reporter durch sein Haar. »Kannst du das beweisen, Mandra?«
»Soll ich, Singal?«
Der Angesprochene hatte sich nicht gerührt. Er stand starr auf dem Fleck, den Mund zusammengepreßt und gleichzeitig zu einem leichten Lächeln verzogen, das sich in seine Lippenwinkel eingenistet hatte. Dieser Ausdruck bewies Bill und Suko, daß Mandra sich nicht getäuscht hatte. Singal hob seinen Blick, als wollte er die schwarzen Totenvögel zählen. »Ja, ich diene ihr. Sie hat mir den Auftrag gegeben, euch zu vernichten. Sie wollte ihre Feinde von der Bildfläche schaffen. Kali hat nicht vergessen, was ihr dieser Göttin angetan habt. Ihr habt einen großen Frevel begangen. Man darf Kali nicht herausfordern. Ihr seid unwürdig, ihr seid Frevler und Ungläubige. Wer sich ihr als Feind zu erkennen gibt, den wird sie vernichten. Man hat mir den Spiegel hinterlassen. In ihm sah ich das Auge des Tigers. Vergeßt nicht, daß die Spiegelfläche aus Tigeraugen geschaffen wurde.«
»Zog es dich in seinen Bann?« fragte Bill.
»Kali sprach aus ihm zu mir und gab mir den Auftrag. Man hatte gedacht, sie bannen zu können, das gelang nicht. Kali ist für den Menschen, der nicht zu ihr gehört, einfach zu stark. Dies solltet ihr euch merken. Ich baute die Falle auf, ich lockte Mandra aus Indien weg, ich nahm zu ihren Dienern Kontakt auf, ich…«
»Schon gut.« Suko winkte ab. »Wenn du so Bescheid weißt, kannst du uns auch sagen, wo wir uns befinden.«
»In ihrer Welt.«
»Das wissen wir. Aber wo befindet sich
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