0476 - Kalis tödlicher Spiegel
Mensch gestorben.«
Der Reporter bekam eine Gänsehaut. »Es gefällt mir nicht, mich in Zukunft als Stein zu sehen.«
»Falls du dazu noch in der Lage sein wirst.«
»Stimmt auch wieder.«
Sie erreichten allmählich ein Gebiet, das eine andere Form aufwies. Die Räume zwischen den Steinen waren größer geworden, dafür erkannten sie etwas anderes.
Vom Boden her wuchs etwas Unheimliches in die Höhe. Es war sehr groß, Dunstschwaden umkreisten es, und dicht darüber glitten die schwarzen Vögel mit trägen Flügelschlägen. Die drei Freunde glaubten daran, daß sie das Zentrum dieser Welt erreicht hatten, denn das Unheimliche, das sie zu sehen bekamen, war nichts anderes als eine übergroße Figur der Totengöttin Kali.
Bestand sie aus Stein, aus einem anderen Material oder aus Wachs? Sie fanden es nicht genau heraus, aber sie spürten die kalte, gnadenlose Aura, die diese Statue abstrahlte.
Kali, die Göttin mit den vier Armen, glotzte sie aus hervorquellenden Augen an. Sie waren heller als der übrige Körper. Das Haar stand ab wie Draht. Blutige Flecken verteilten sich darin. Die Kette aus Menschenköpfen bewegte sich sogar, die Handflächen zeigten ebenfalls die blutige Farbe, nur das Gesicht war tiefschwarz. Schwarz wie die Seele des Todes, schwarz wie das Grauen, das sie abstrahlte.
Man mußte schon mehrere Menschen aufeinanderstellen, um einen Vergleich zur Höhe zu bekommen. Damit eine kleinere Person das Gesicht besser erkennen konnte, war der mächtige Schädel gekippt. Die sich vom Schwarz des Gesichts abhebenden, helleren Augen schauten auf den Betrachter hinab. Sie waren tot, aber sie lebten dennoch. In ihnen steckte Kalis Geist, eine Ansammlung aller Schrecken, zu denen sie fähig war. Ein furchtbarer Ausdruck, der den Menschen den Tod und die Hoffnungslosigkeit versprach.
Die drei Freunde waren in sicherer Entfernung stehengeblieben. Sie schauten die Figur an. Ihre Blicke glitten auch über die Kette aus Menschenköpfen. Da klafften Münder auf wie Höhlen, da erinnerten die Augen an stumpfes Metall.
»Das ist sie also«, sagte Bill Conolly mit tonloser Stimme. »Verdammt, ich habe das Gefühl, am Ende meines Wegs zu stehen.« Er räusperte sich. »Wie geht es euch?«
»Kaum anders«, erwiderte Suko.
Nur Mandra sagte: »Warten wir ab.«
Damit war Bill nicht beruhigt. »Glaubst du, daß es sich bei ihr nur um eine Statue handelt, oder lebt sie?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie nur eine Statue und lebt trotzdem. Wer will das wissen?«
»Singal.«
Bill wollte auf ihn zulaufen, aber Mandra hielt ihn fest. »Mach keinen Fehler, Junge! Er wartet nur darauf.«
In der Tat war Singal, der Verräter, dicht vor der Statue stehengeblieben. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und schaute andächtig zu ihr hoch. Seine Lippen bewegten sich, vielleicht formulierte er Worte. Wenn ja, waren sie so leise, daß sie von den anderen Männern nicht verstanden wurden.
»Wollt ihr nicht zu ihr kommen?« fragte er und lachte leise. »Ich habe euch hergeführt. Ihr werdet für immer und ewig bei ihr sein können.« Mit einer Handbewegung winkte er die Freunde heran.
»Los, kommt, sie wird sich freuen, euch begrüßen zu dürfen. Auch ihre Feinde…«
Die Worte waren nur als Ablenkung gedacht, aber das merkten die Angesprochenen leider zu spät.
Plötzlich begann die Statue der Totengöttin nicht nur zu leben, es geriet auch Bewegung in sie. Von verschiedenen Seiten schossen die Arme heraus. Bevor die Freunde überhaupt mitbekamen, was sie da in eine tödliche Gefahr brachte, wurde Bill Conolly bereits von einer blutig schimmernden und gewaltigen Handfläche umklammert, die ihn vom Boden her in die Höhe riß und dann an den Körper zog.
Mandra und Suko sprangen noch zur Seite. Bei ihnen sah es aus, als sollten sie Glück haben. Der Inder wollte einen seiner Dolche hervorholen und hatte den Griff bereits berührt, als es ihn erwischte. Sein Arm wurde so hart gegen den Körper gepreßt, daß er nicht mehr dazu kam, den Dolch zu ziehen.
Auch ihn riß Kali mit einer ungestümen Wildheit zu sich heran, wuchtete ihn hoch und kümmerte sich mit den beiden anderen Händen um den Chinesen.
Suko war der ersten Klaue entgangen. Er hatte sich zusammenfallen lassen, rollte über den Boden, wollte der Reichweite entkommen und schaffte es bei einer Hand.
Nur vergaß er leider die zweite Pranke. Die schlug von der Seite und ungemein wuchtig gegen ihn, so daß er zu Boden stürzte und sich nicht mehr
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