0476 - Kalis tödlicher Spiegel
erheben konnte, denn die Hand drückte so hart auf seinen Rücken, als wollte sie ihn in den Untergrund pressen.
Sie lag mit ihrer gesamten Breite auf seinem Körper, und die dicken Finger begannen mit ihren Greifbewegungen. Sie schoben sich unter Sukos Brustkasten, klemmten gleichzeitig seinen Arm ein, und hoben ihn mit einer lässig anmutenden Bewegung so hoch, daß der Inspektor direkt gegen das breite Maul der Totengöttin schauen konnte, das sie spaltbreit geöffnet hatte. Er würde hindurchpassen, aber die Göttin hatte etwas anderes mit ihm vor. Er sollte das gleiche Schicksal erleiden wie seine beiden Gefährten.
Der Arm drehte ab, wurde angewinkelt, so daß Suko an die rechte Seite der Totengöttin geriet. Er spürte für einen Moment den Widerstand, als seine Füße gegen das Gestein gedrückt wurden.
Aber es war kein Stein.
Die Masse gab nach wie Knetgummi. Kali gelang es mühelos, den Inspektor in ihren Körper zu drücken. Dieser Vorgang war unbegreiflich. Die gesamte Gestalt der Göttin schien nur aus einer weichen Masse zu bestehen.
Die Riesenklaue steckte den Chinesen in den Körper, ohne daß Suko etwas dagegen unternehmen konnte. Er mußte alles miterleben, er spürte, wie er immer tiefer gedrückt wurde, wie die Beine verschwanden und die Hand höher wanderte, damit sie auch seine Arme so einklemmen konnte, daß er nicht mehr an seine Waffen kam.
Suko war ebenfalls zu einem Opfer der Göttin geworden. Er sah den Körper dicht vor sich, dann einen Kopf, der zur Kette gehörte, und bekam den Eindruck, als wollte ihm der offene Mund noch etwas sagen.
Keuchen und Ächzen umgab ihn. Es waren seine Freunde, die schon in Kalis Körper steckten und vergeblich versuchten, sich wieder zu befreien. Das Zeug hielt wie Leim.
Bis zu den Ellenbogen waren Sukos Arme bereits verschwunden, und noch immer nahm der unheimliche Vorgang kein Ende, denn Brust und Hals wurden ebenfalls umschlossen.
Das Gefängnis hatte sich geschlossen. Nur mehr Sukos Kopf und der Ansatz des Halses schauten hervor, so daß der Chinese seinen Kopf auch drehen konnte.
Ein fürchterlicher Anblick bot sich ihm. Die Legenden hatten recht, wenn sie von Kali erzählten und sie als grausamste Göttin bezeichneten. Was mit Suko und seinen beiden Begleitern geschehen war, dafür fehlten die Worte.
Sie steckten im Körper der Totengöttin, und nur mehr ihre Köpfe schauten hervor.
Wenn Suko nach links blickte, sah er Bills Gesicht. Innerhalb dieser Welt herrschte ein graues Licht. Woher es kam, war nicht zu erkennen, aber er sah deutlich den wie gemeißelt wirkenden Schrecken in den Zügen des Reporters.
Bill hatte Angst, fürchterliche Angst. In seinen Augen stand der Schrei nach Hilfe, aber da war niemand, der ihm hätte beiseite stehen können, denn auch Mandra erging es keinen Deut besser.
Er hatte einen besonderen Platz bekommen. Der Kopf des Inders schaute innerhalb des Kettenrings aus dem Körper der Göttin. Die anderen Schädel umrahmten ihn. Sein Gesicht wirkte so, als hätte es der Totengöttin noch in ihrer Sammlung gefehlt.
Das mußte der Anfang vom Ende sein!
Die drei Männer steckten in der Masse, die nie ruhig war. Suko, Bill Und Mandra bemerkten die Wärme, die sie in ihrem Innern abstrahlte und die auch auf ihre Körper überging. Als Würde dort allmählich etwas erhitzt Werden, das auch in ihre Körper glitt und einen Fieberschauer durch sie jagte.
Nur einer freute sich und genoß seinen Triumph. Der Verräter Singal. Er hatte sich zu den breiten Füßen der Totengöttin aufgestellt und sich verneigt. Erst als die Männer innerhalb des Körpers steckten, erhob auch er sich.
Singal schaute sie an.
Sie konnten ebenfalls sein Gesicht sehen, das nicht nur einen triumphalen Ausdruck bekommen hatte, auch einen bösen dazu. In den Augen leuchtete die Vorfreude auf den Tod, er legte die Handflächen zusammen, rang die Hände und sagte mit klarer und verständlicher Stimme, daß er es gewesen war, der die Feinde der Kali in eine schier auswegslose Lage gebracht hatte.
»Niemanden!« so rief er laut, »ist dies bisher gelungen. Nur mir. Nur mir allein. Viele haben es vielleicht versucht, aber ich bin der große Sieger und Gewinner. Ich habe es geschafft. Die Göttin wird mir, Singal, auf ewig dankbar sein und mir noch größere Aufgaben erteilen. Viele haben es versucht. Ein mächtiger Mahdi ebenso wie ein kleiner Diener, der aufsteigen wollte. Aber mir gelang es, denn ich besaß die Augen des Tigers, den Geist der
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