0479 - Der Blutjäger
abgrundtiefer Verachtung. »Und vor allem solche irren Druiden wie dich. Verschwinde aus meinem Leben.«
»Das willst du doch nicht wirklich« behauptete Gryf. »Dafür bist du viel zu neugierig.«
Rhiannon brütete für den Rest der Fahrt bis zu ihrem Ziel dumpf vor sich hin. Angekommen, stieg sie aus und überließ es Gryf, den Fahrer zu bezahlen. Der Druide holte sie ein, als sie das Haus gerade betreten wollte, in dem das Fotografenteam ungeduldig auf ihr Erscheinen wartete.
»Du willst doch nicht etwa mit reinkommen?« entfuhr es ihr.
»Aber sicher doch. Vergiß nicht, wir sind verlobt, und ich möchte doch wissen, was meine Verlobte so bei ihrer Arbeit anstellt.«
»Sie schmeißen dich eiskalt raus«, sagte sie. »Gaffer sind bei den Foto-Sessions gar nicht gern gesehen.«
In diesem Fall war sie eine schlechte Prophetin; Gryf wurde nicht hinausgeworfen. Dafür bekam er aber in den nächsten Stunden einen nachhaltigen Eindruck von Rhiannons Arbeit. Ein Kameramann, der von seinem Redakteur ein klares Konzept für seine Fotoserie mitbekommen hatte, mehrere Beleuchter, eine Kosmetikerin, zwei Dekorateure, die das Studio in Fantasielandschaften verwandelten, dazu Rhiannon und zwei weitere Mädchen, die bei einem Teil der Fotos mit posierten. Der Kameramann verschoß mit einem halben Dutzend verschiedener Apparate ein gutes Tausend an Fotos. »Wollt ihr eine Zehnjahresproduktion für eure Zeitung anfertigen?« fragte Gryf kopfschüttelnd.
Der Fotograf grinste ihn erschöpft an. »Von diesen etwa tausend Fotos kommen vielleicht fünfzig in die engere Wahl. Und vielleicht zehn werden dann gedruckt. Der Rest geht ins Archiv oder in den Müll. Oder die Agentur nimmt sie uns ab; das wird dann mit der Provision irgendwie verrechnet, und die Agentur kann die Fotos nach Ablauf unserer Bildrechte in eigener Regie Weiterverkäufen. Sagen Sie mal, Mister«, er betrachtete Gryf eingehend. »Hätten Sie nicht Lust, in die Branche einzusteigen? Es werden auch männliche Modelle gebraucht. In drei Tagen haben wir zum Beispiel für eine andere Zeitung unseres Verlages wieder einen Termin mit Ihrer Verlobten, für ein ›gemischtes Doppel‹. Sie sehen recht fotogen aus -wäre es nicht naheliegend, wenn Sie den männlichen Part übernehmen könnten? Ich kann das noch hinbiegen.«
Gryf schüttelte den Kopf. »Nein, danke«, wehrte er ab. »Absolut kein Bedarf.«
Er sah zu den drei Mädchen hinüber, die nach dem Ende der Aufnahmen -immer noch nackt - beisammenstanden, rauchten, Kaffee aus Pappbechern tranken und miteinander plauderten. Gryf war von jeher ein Verehrer weiblicher Schönheit gewesen, aber obwohl die Girls die ganze Zeit über splitternackt herumliefen, war dabei von Erotik keine Spur.
Gryf gesellte sich zu den drei Damen. Die Rothaarige musterte ihn recht ungeniert. »Hast du keine Lust, auch als Modell zu agieren, Mann?« fragte sie. »Du gefällst mir. Ich könnte mir vorstellen, daß es eine Menge Spaß macht, mit dir zusammen vor der Kamera…«
»Keine Chance, Süße«, fauchte Rhiannon. »Der Junge ist längst vergeben - an mich. Und Fotos macht er auch keine, schon gar nicht mir dir. Wir sehen uns ja demnächst wieder.«
»Bring ihn dann aber wieder mit«, verlangte die Rothaarige lachend.
Gryf begleitete Rhiannon in die Umkleidekabine. »Wie hältst du ein solches Arbeitsklima über die Jahre aus?« fragte er. »Ständig in diesem heißen Scheinwerferlicht herumturnen, unsinnige Anweisungen folgen, die lächerlichsten Positionen einnehmen, sich von Fremden ängaffen und auch angrabschen lassen…«
Sie zuckte mit den Schultern. »Mir macht es eben Spaß«, sagte sie. »Mein Körper ist mein Kapital, und ich versuche damit so viel Geld zu verdienen wie möglich. Außerdem kommt man in der Welt herum. Okay, diese Session war hier in London im Studio. Aber wir fotografieren auch draußen, und in aller Welt. Wenn ich all die Flugkilometer zu den anderen Ländern, vor allem den tropischen, zusammenrechne, kommt vermutlich die Strecke Erde-Mond dabei heraus. Kannst du dir vorstellen, daß wir schon im tiefverschneiten Grönland Nacktfotos gemacht haben? Witzigerweise habe ich mich dabei nicht mal erkältet, aber einer der Beleuchter flog mit einer Lungenentzündung nach Hause.«
Gryf zuckte mit den Schultern. »Was machst du, wenn du alt und runzlig bist?«
Sie sah ihn verwundert an. »Interessiert dich das wirklich?«
»Ja.«
»Nun, ich hoffe, daß ich bis dahin von den Zinsen meines erarbeiteten
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