0480 - Satan mischt die Karten
mehr ganz so unerträglich. »Nie wieder«, ächzte Zamorra. »Nie wieder dieses Lokal, wenn’s Live-Musik gibt. Hier kann ma ja nicht einmal ordentlich Krach machen, weil keiner den Krach hört, bei der Geräuschkulisse…«
Nicole zog sich den weißen Cowboyhut vom Kopf, den sie sich kurz vor Ladenschluß noch in einem Western-Store in der »Zeil« besorgt hatte -nicht ohne Zamorra zum Indianer zu deklarieren und ihm ein dort selbst gekauftes Perlenstirnband zu verpassen. Carsten Möbius hatte beschlossen, den »Nashville Rodeo Saloon« in Offenbach, unmittelbar in der Nähe des Kaiserlei-Kreisels und in zu Fuß erreichbarer Nähe des »Scandic Crown«-Hotels, heimzusuchen - dort trat an diesem Abend eine ihm bekannte Country-Band auf, die »Gambling Rovers«. Möbius war mit einem der Roadies befreundet und hatte Zamorra und Nicole mit ihm bekannt gemacht; der Roadie namens Rolf interessierte sich für die geradezu fantastischen Abenteuer der Zamorra-Crew, und seine Freundschaft zu Carsten Möbius kam allein daher, daß Carsten und sein Freund und Bodyguard Michael Ullich früher an Zamorras Seite haarsträubende Zeitreise-Abenteuer in der Vergangenheit der Erdgeschichte erlebt hatten; der Roadie gehörte einem Kreis von Rollenspielern an und profitierte von den Erzählungen des jungen Konzernchefs. Er war begeistert darüber gewesen, Zamorra persönlich kennenzulernen und hatte auf weitere, ergänzende Abenteuer gehofft, aber abgesehen davon, daß die sich nicht innerhalb weniger Stunden erzählen ließen, sprach auch der Lärm im Lokal dagegen; die Country-Band »Gambling Rovers« war sehr gut, aber die Tontechnik für das »Nashville« einfach zu laut.
Die entschieden überhöhten Preise für Speisen und Getränke hatte Zamorra zähneknirschend akzeptiert; es war eben ein Lokal für ein spezielles, kleines Publikum und der Pächter mußte schließlich auch von irgendwas leben.
»Und darüber hast du nachgegrübelt?« fragte Nicole.
»Unsinn«, brummte Zamorra. »Ich versuche immer noch zu ergründen weshalb Merlins Stern nicht auf Ebels Beeinflussung reagierte. Schließlich funktioniert es einwandfrei, aber es hätte Schwarze Magie doch erfassen müssen! Himmel, wenn man bei diesem Krach doch wenigstens einen einzigen klaren Gedanken fassen könnte!«
»Die Klarheit des Geistes kehrt beim Abrechnen der Verzehrkarten zurück«, spöttelte Nicole. »Hast du dir die Preise mal angeschaut? Wenn wir noch ein paar Stunden hier bleiben, werde ich meine Kleidung verpfänden müssen.«
»Keine schlechte Idee«, gestand Zamorra, »zumal es bei diesem tropischen Sommerwetter auch nach Mitternacht noch warm genug sein müßte, um auf Textilien zu verzichten - nur, was die hiesige Polizei dazu sagt, ist vermutlich eine andere Frage. Schlimmer aber ist, daß wir nach besagten Stunden stocktaub sein dürften. Wir sollten das Lokal wechseln.«
»Meinst du, dann klarer denken zu können? Was hältst du davon, wenn wir uns heute abend einfach nur amüsieren? Dafür verpfände ich meine Klamotten gern. In ein paar Wochen sind die ohnehin aus der Mode.«
Zamorra seufzte.
»Wenn du sonst keine Sorgen hast…? Nein, im Ernst, Nici, daß eine Beeinflussung stattfand, ist klar, aber warum war sie nicht zu erfassen? Warum hast du auch telepathisch nichts herausgefunden?«
»Dämonen scheiden also aus, Schwarzmagier jeglicher Art auch. Bleiben folgende Möglichkeiten: erstens die Meeghs. Vielleicht ist von dem Zeitparadoxon trotz allem noch etwas hängengeblieben, und das ausgerechnet hier.«
»Aber es ist nicht die Art der Meeghs, so gegen uns aktiv zu werden. Es war kein Zufall, Nici. Es war ein gezielter Anschlag, dessen bin ich absolut sicher.«
»Zweitens: Die DYNASTE DER EWIGEN.«
»Möglich, derzeit aber unbegründet. Sie haben genug mit ihren eigenen Rangfolge-Problemen zu tun, nachdem ihre ERHABENE die Seiten wechselte.«
»Drittens: die MÄCHTIGEN.«
»Das klingt am wahrscheinlichsten«, gestand Zamorra. »Und trotzdem will es mir einfach nicht in den Kopf. Auch die MÄCHTIGEN hätten andere Möglichkeiten, wenn sie uns an den Kragen gehen wollten.«
»Du glaubst also an keine dieser Alternativen?«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Dann«, sagte Nicole leise, »gibt es praktisch nur noch eine letzte Alternative. Zugegeben, ich bin auch erst gerade jetzt darauf gekommen. Aber wir haben noch einen weiteren Feind, dem wir schon mal in die Quere gekommen sind, und den zu unterschätzen wir uns wirklich hüten
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