0481 - Laurins Amazonen

mit welcher er eingedrungen sein sollte?
    Laurin war schon immer neugierig gewesen.
    Er klatschte in die Hände. »Man sattele mein Pferd«, befahl er und sah dann den Boten durchdringend an. »Er wird mich begleiten«, befahl er. »Und während wir uns dem Land der Seelenlosen nähern, wird Er mir mehr über diese fliegende Kugel erzählen. Und Sintrams unheiliger Geist komme über Ihn, so Er versucht, mir einen Bären aufzubinden! Auf, auf, wir wollen keine Zeit verlieren!«
    ***
    »Der König erbittet meine Hilfe«, murmelte Professor Zamorra. Jetzt begriff er, weshalb es dem Zwerg so schwergefallen war, auf den Grund seines Hierseins zu sprechen zu kommen. Es war derselbe Grund, der ihn zu allerlei Tricks und auch der Spielerei in Sachen Wegezoll veranlaßt hatte - er wollte die Stunde der Wahrheit so lange wie möglich hinauszögern. Es war der Stolz seines Volkes. Niemals hatte einer vom kleinen Volk es nötig gehabt, einen Menschen um Hilfe zu bitten. Sie hatten sich gegen Menschen durchsetzen müssen, von denen die wenigstens sie wirklich ernst nahmen, und sie hatten sich gegen die Riesen behaupten müssen. All das war ihnen gelungen, aus eigener Kraft. So kleinwüchsig sie waren, so stark waren sie auch, und sie waren stolz auf ihre Stärke, die manchmal ihren Ursprung auch in ihrer Pfiffigkeit und List hatte. Selbst der um seinen Thron betrogene Laurin hatte viele Jahrhunderte gebraucht, bisher sich dazu durchrang, Sintram mit Hilfe von Menschen auszuschalten. Und auch das hatte er erst eingefädelt, als Sintram die Aufmerksamkeit der Druidin Teri Rheken auf sich gezogen hatte - wenn auch aus einem völlig anderen Grund.
    Teri Rheken in sein Reich zu holen und sie um Hilfe zu bitten, hatte er dabei wohl noch einigermaßen verkraften können. Immerhin war sie als Druidin, wie er selbst, ein magisches Wesen. Das verband sie beide. Aber Zamorra, in dessen Schuld Laurin ebenfalls stand, war nun mal kein magisches Wesen, sondern ein Mensch. Auch wenn man ihn den »Meister des Übersinnlichen« nannte und er mit seinem Amulett ungeheure Kräfte freisetzen konnte. Zamorra allerdings war nicht gebeten worden; er hatte seine Hilfe unaufgefordert erbracht, sogar eher zufällig, weil er einfach in den Strudel der Ereignisse hineingerissen worden war [4]
    Diese ungeforderte Hilfe anzunehmen, war Laurin möglich gewesen.
    Aber um so schwerer mußte es jetzt Laurin fallen, einen seiner Untertanen zu Zamorra zu schicken und ihn abermals um Hilfe zu bitten. Das würde die Schuld, in der er stand, nur noch vergrößern!
    Zamorra räusperte sich.
    »Seht, Freund Aldebaran, mit der Hilfe, das ist so eine Sache. Vielleicht ist es Euch nicht bekannt, aber ich bewundere das Volk der Alben; es besitzt eine ungeheure Durchsetzungskraft und Stärke. Ich bewundere auch Laurin, Euren König, und es ist mir eine außerordentliche, unbeschreibliche Ehre, diesen wahrlich großen Herrscher meinen Freund nennen zu dürfen. Ich bin dieser Ehre kaum würdig, und ich warte seit langem darauf, mich dieser Freundschaft wert zu zeigen. Monatelang habe ich gegrübelt, fand manchmal nur wenig Schlaf, weil ich einfach nicht wußte, wie ich Eurem König für diese Ehre danken könnte. Aber… vielleicht ist dies jetzt der Moment, meinen Dank zu zeigen. Der König mag über mich verfügen. Ich fiebere danach, ihm einen Dienst zu erweisen. Aldebaran, Ihr sagt, er bittet um meine Hilfe? Nein! Er soll nicht bitten. Ich biete sie ihm an, das ist das Mindeste, was ich tun kann, um mich der Ehre würdig zu erweisen. Sagt, was soll ich tun?«
    Aldebaran schluckte.
    »Die Feinde aus unserem Land werfen«, sagte er heiser.
    ***
    Ein kurzer, schriller Pfeifton erklang. Eysenbeiß hatte den Vogel, den er getötet hatte, schon vergessen, als er sich umwandte und sah, was aus seinem Flugapparat geworden war.
    Es war keine Kugel mehr. Ein ausgeklügelter Mechanismus hatte, vom Computerprogramm gesteuert, den Apparat teilweise zerlegt und anders wieder zusammengebaut. Das Antriebssystem wirkte jetzt auf einer anderen Basis. Was da entstanden war, war die Projektionsschale eines Materietransmitters, und was früher die Steuereinheit für die Flugbewegungen war, diente jetzt der Zielprogrammierung.
    Von dem Augenblick an, in welchem Eysenbeiß das Gerät einschaltete und die Transmitterstraße programmmierte, existierte eine dauerhafte Verbindung zwischen Laurins Rosengarten und dem Ort, an welchem die Invasionstruppen der Dynastie auf ihren Einsatzbefehl warteten,