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0481 - Laurins Amazonen

0481 - Laurins Amazonen

Titel: 0481 - Laurins Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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lachen die Kinder über sie, auch die Erwachsenen freuen sich über ihre Gags. Und außerhalb des Zirkus? Da sind sie Krüppel, an denen man achtlos vorbeigeht, und zwar möglichst schnell. Kleidung muß maßgeschneidert sein, Autos müssen umgerüstet werden - das alles kostet ein Heidengeld. Das Benutzen öffentlicher Verkehrmittel ist eine Tortur, weil die Einstiege viel zu hoch sind schon ›normal‹ gewachsene ältere Menschen haben Probleme, Busse und Eisenbahnwagen zu besteigen, weil die Schwellen zu hoch sind und es noch zu wenige neue Fahrzeuge gibt, bei denen das anders ist.«
    Nicole schüttelte den Kopf- »Worauf willst du hinaus, Zamorra? Laurin und seine Zwerge leben in einer Welt, in welcher die Zeit stehengeblieben ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Busse und Bahnen in unserer Welt benutzen oder sogar Autos auf ihre körperlichen Bedürfnisse Umrüsten lassen, um anschließend auf den Autobahnen im Urlauber-Stau neue Stillstand-Rekorde aufzustellen!«
    Zamorra schüttelte den Kopf. Er nippte wieder an seinem Wein, auf den er nach den Fruchtsäften umgestiegen war. »Das ist nicht das Problem, Nici«, meinte er. »Das Problem ist, daß grundsätzlich immer jeder, der kleiner oder auch nur anders als der Betrachter ist - welcher sich natürlich nicht nur für den Durchschnitt, sondern sogar für überdurchschnittlich hält -von eben diesem Betrachter einen niedrigeren gesellschaftlichen und sozialen Status zugeordnet bekommt. Je niedriger, desto einfacher die Schablone, in die man den Kleinen steckt. Im Klartext: Zwergwüchsige werden verachtet und ausgenutzt, wo es nur geht. Sieh dich in der Sagenwelt um. Zwerge sind und waren immer am unteren Ende der Skala. Der Trend geht nach oben - es ist einfacher, ein Riese zu sein.«
    »Deshalb also hast du dich jetzt zum Unterzwerg gemacht?«
    Zamorra nickte.
    »Wer so klein und am unteren Ende der Skala ist, hat nichts als seinen Stolz. Laurin und seine Zwerge mögen noch so befähigt sein, sie mögen Fertigkeiten beherrschen, von denen wir ›normalgroße‹ Menschen vielleicht in zehntausend Jahren noch nur träumen können - aber sie sind trotzdem die Getretenen. Und den letzten Stolz will ich keinem von ihnen nehmen. Hast du gesehen, wie Aldebarans Augen aufleuchteten, als ich ihm mit meinen Worten von Ehrung und ›als würdig erweisen‹ entgegenkam? Laurin hat sich durch seine Bitte um Hilfe erniedrigt, und Aldebaran empfand das als gar nicht so richtig. Vor allem, weil dadurch gleich das ganze kleine Volk mit erniedrigt wurde. Es muß dem stolzen Laurin sehr, sehr schwer gefallen sein, zuzugeben, daß er ein Problem nicht aus eigener Kraft lösen kann.«
    Nicole fuhr sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe.
    »Na schön, wir drängen Laurin unsere Hilfe also auf, ungeachtet seiner eventuellen Bitte«, sagte sie. »Aber hast du auch nur die geringste Vorstellung davon, womit wir es zu tun haben? Die Zwerge kennen ihren Gegner nicht, hatten nie mit ihm zu tun. Aber er wendet eine starke Magie an! Und es sind Zwerge, die angreifen! Bei Merlins hohlem Backenzahn, Zamorra, was soll das? Zwerge gegen Zwerge! Was haben wir damit zu tun?«
    »Ich habe das dumpfe Gefühl«, erwiderte Zamorra, »daß es hier nicht nur Zwerg gegen Zwerge geht. Ich mag keine Zufälle. Das hier ist sicher keiner. Auch wenn Aldebaran uns nichts sagen kann, bin ich der Überzeugung, daß wir den Gegner kennen. Und daß Laurin gerade deshalb mich als Helfer haben will.«
    Nicole seufzte. »Da bin ich mal gespannt drauf. Ich mag übrigens auch keine Zufälle, noch weniger aber Überraschungen. Und von denen werden wir vermutlich einige erleben.«
    »Ich werde versuchen, das zu verhindern.«
    »Und wie?«
    »Morgen ist auch noch ein Tag«, sagte Zamorra, »Dann werde ich ihn noch einmal eingehend befragen - mit seinem Einverständnis unter Hypnose. Heute aber läuft in dieser Hinsicht gar nichts mehr.«
    »In welcher Hinsicht denn dann?« fragte sie.
    Er lächelte. »Es gibt da eine Menge, was wir aus der angebrochenen Nacht noch machen können.«
    »Schlafen, zum Beispiel«, sagte Nicole. »Tief und fest schlafen - für alles andere ist es mir, verflixt, zu heiß.«
    Sie gab ihm noch einen liebevollen Kuß, ehe sie sich zurückzog.
    Und danach fühlte er sich erst recht ein wenig frustriert. Den Rest der Nacht hatte er sich etwas anders vorgestellt. Aber er konnte und wollte es nicht erzwingen. Seine geliebte Partnerin hatte das Recht, dann Ruhe zu haben, wenn sie sie

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