0481 - Laurins Amazonen
war ihm auch egal, solange er in Ruhe gelassen wurde. Doch mit dieser Ruhe schien es nunmehr vorbei zu sein. Ganz ohne Grund kam einer von Zamorras Recken schließlich nicht hierher. Hatte sich in der Welt der sterblichen Menschen etwas ereignet, womit sie nicht fertig wurden, und hatte Zamorra oder einer seiner Kämpfer sich an den gegenseitigen Beistandspakt erinnert, den Zamorra und Laurin besiegelt hatten, und kam jetzt, um ihn anzumahnen?
Laurin beobachtete, wie die Raubkatzen sich spielerisch anschlichen. Sie langweilten sich natürlich, und der Eindringling war eine willkommene Abwechslung in ihren Alltagstrott.
Wann hatten sie denn schon eimmal Gelegenheit, mit anderen Lebewesen zusammenzukommen als mit Zwergen oder ihren seelenlosen Garten-Mitbewohnern in Gestalt von Insekten, Vögeln oder Fischen, die allesamt einmal eine andere Gestalt besessen hatten? Sie alle waren Menschenwesen gewesen, schöne junge Frauen, die Sintram, der hinterhältige Verräter, ins Albenreich entführen ließ, um ihnen Gewalt anzutun und sich mit ihnen zu amüsieren. Sobald er ihrer überdrüssig wurde, raubte er ihnen die Seele und verwandelte sie in Tiere, je nach Laune, um sie für alle Zeiten in diesen einstigen Rosengarten zu verbannen und anschließend das nächste Opfer entführen und herbeibringen zu lassen. Erst das Eingreifer Teri Rhekens und Professor Zamorras hatte diesem üblen Treiben ein Ende bereitet, nur war es Laurin bis heute nicht gelungen, den Verwandelten ihre Seelen zurückzugeben. Da hatte Sintram, der Schurke, ganze Arbeit geleistet!
Plötzlich schoß Ted Ewigk mit einer Zauberwaffe auf die Panther, die mit ihm spielen wollten, und erlegte eines der Tiere! Dabei mußte er doch wissen, daß die Großkatzen harmlos waren! Er mußte es wissen von seinem letzten Besuch. Dennoch tötete er eiskalt und bedenkenlos eines dieser unschuldigen Wesen!
»Nein!« schrie Laurin auf. »Jetzt ist’s genug!« Mochte dieser Ewigk auch Zamorras Freund sein - das berechtigte ihn trotzdem nicht, zu morden! Laurin zog sein Schwert, gab dem Pferd die Sporen und griff an -während er sich zugleich unsichtbar machte.
Der Zwerg, der ihn hergeführt hatte, griff ebenfalls zur Waffe und folgte seinem Herrn mit einem wilden Kampfschrei.
***
Professor Zamorra streckte sich auf dem Bett aus und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Er vermied es sorgsam, einen Blick auf die Zeitanzeige des Radioweckers zu tun. Es mußte Mittag sein. Im Schatten vor dem weit offenstehenden Schlafzimmerfenster randalierte eine Vogelschar; vermutlich hatten die Vögel eine der hin und wieder durch das Gelände um Château Montagne patrouillierenden Katzen entdeckt. All das interessierte Zamorra nicht; er fühlte sich einfach rundherum wohl und genoß den Augenblick. So enttäuschend der Abend für ihn zuendegegangen war, so schön hatte der neue Tag begonnen, als Nicole in Shorts und Bluse sein Zimmer betrat und ihn mit liebevollen Küssen zärtlich weckte. Nun lag Nicole malerisch hingestreckt und verträumt lächelnd neben Zamorra auf der breiten »Spielwiese«, die Shorts lagen irgendwo im Zimmer, und Zamorra lag die Bemerkung auf der Zunge, daß Nicole Aktionen dieser Art gern häufiger in Angriff nehmen könne. Ihre Hand fuhr leicht über seine Haut, und er hob den Kopf, beugte sich zu ihr und küßte sie einmal mehr.
»Ich habe nachgedacht«, sagte sie plötzlich.
Zamorra richtete sich halb auf und zog ihren immer noch ein wenig erhitzten Körper an sich. »Worüber? Über eine Möglichkeit, mich morgen umgekehrt in deine Kemenate zu locken, um das aufregende Spiel in umgedrehter Reihenfolge zu zelebrieren?«
»Quatschkopf«, erwiderte sie. »Typisch Mann - du Wüstling denkst auch immer nur an das eine!«
»Du etwa nicht?« grinste er.
»Darüber wollen wir hier und jetzt nicht diskutieren«, wich sie sofort und mit funkelnden Augen aus. »Ich habe mir überlegt, wie wir am einfachsten an Laurins Rosengarten kommen.«
»Der Zwerg«, ächzte Zamorra und ließ sich aufs Kissen zurückfallen. Schlagartig kam die Erinnerung zurück, die er beim Erwachen und der darauf folgenden Vergnüglichkeit schlicht verdrängt hatte. Richtig, da war doch gestern dieser Aldebaran aufgetaucht und hatte um Hilfe für Laurin gebeten! Und dieser Zwerg mußte natürlich immer noch im Château sein - das erklärte auch, warum Nicole entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit angezogen durch den Korridor und in Zamorras Zimmer gegeistert war. Falls sie dem Kleinen
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