0483 - Im Zeichen des Ganjos
erreichen könnte", erklärte Avimol.
„Was befindet sich in deiner Tasche?" fragte Atlan harmlos.
Das Gesicht des Uarters bekam einen wachsamen Ausdruck.
Er wich einen Schritt zurück.
„Wer meine Tasche anrührt, stirbt!" rief er erregt.
„Wir haben uns ihren Inhalt vorhin angesehen", erklärte ich wie beiläufig.
Avimol zuckte zusammen und spannte seine Muskeln. Ich bewegte meinen Schockstrahler ganz leicht, um ihn daran zu erinnern, daß die Mündung noch immer auf ihn gerichtet war. Da entspannte er sich seufzend. Meine kleine Psycholektion hatte gewirkt. Er wußte nun, daß wir uns nicht vor ihm fürchteten, was sein Selbstvertrauen ein wenig erschütterte.
„Allerdings ...", fügte ich hinzu, „... respektieren wir die Geheimnisse anderer Personen, solange sie sich nicht als unversöhnliche Feinde erweisen."
Zu meiner Überraschung lachte der Uarter. Offenbar hatte er mich durchschaut. Immerhin lockerte das Lachen die Atmosphäre ein wenig. Atlan und ich lächelten.
„Ich gehe jetzt", sagte Avimol. „Vielleicht finde ich meine Freunde, dann werde ich ihnen über euch berichten. Mehr kann ich nicht tun."
„Einverstanden", erwiderte ich. „Wir bleiben jedoch nicht hier.
Aber ihr könnt eine Nachricht für uns in diesem Gewölbe hinterlegen."
Avimol entgegnete nichts darauf. Er sah uns zögernd an, dann bewegte er sich von uns weg. Atlan und ich behielten ihn im Lichtkreis unserer Lampen.
Der Uarter fand mit traumhafter Sicherheit die Stelle, an der sein Vibratormesser lag, dann tauchte er in dem finsteren Stollen unter.
Wir warteten eine halbe Minute und folgten ihm danach so vorsichtig wie möglich. Doch Avimol mußte auf dem direktesten Weg nach oben gestiegen sein, und er hatte sich so lautlos bewegt, daß wir normalerweise gezögert hätten, ihm weiter zu folgen. Aber ich spürte, daß seine Gedankenimpulse sich von uns entfernten.
Als wir im Freien ankamen, stand die Sonne fast im Zenit. Atlan und ich blickten uns aufmerksam um, konnten den Uarter aber nirgends mehr entdecken.
Auch sonst ließ sich niemand sehen. Der Park war menschenleer bis auf einen alten Pilger mit schulterlangem weißem Haar, der leicht gebeugt durch das Gras schlurfte ...
5.
Quid sit futurum eras, fuge quaerere. - Was morgen sein wird, meide zu fragen.
Horaz, Oden 1, 9,13.
Mein terranischer Freund blickte dem weißhaarigen Pilger so intensiv nach, daß ich seine Gedanken zu hören glaubte.
„Das ist er, nicht wahr?", fragte ich.
Perry drehte sich um und sah mich überrascht an, dann lächelte er verstehend.
„Richtig, Arkonide. Unser uartischer Freund ist ein hervorragender Schauspieler."
„Und ein hervorragender Kämpfer", erwiderte ich. „Wenn du seine Gedankenimpulse nicht gespürt hättest, wäre der Kampf im Gewölbe anders ausgegangen, fürchte ich."
Ich dachte daran, wie lautlos sich der Uarter bewegt hatte, wie ein Schatten, der über die Hindernisse schwebte, ohne sie zu berühren. Mir war auch das ungläubige Staunen nicht entgangen, mit dem Avimol uns nach dem Kampf gemustert hatte.
Wahrscheinlich war er gewohnt, seine Gegner zu besiegen.
Ohne unsere jahrtausendelange Erfahrung wäre ihm das vielleicht sogar gelungen.
„Ein unglaublich harter Bursche", meinte Perry. „Mein erster Handkantenschlag hätte ihm den Arm brechen müssen, und der Hieb gegen die Halsschlagader hätte jeden anderen Ganjasen sofort getötet. Er aber zeigte nicht die geringsten Nachwirkungen."
Ich lächelte maliziös. Es war typisch für den Terraner, daß er einen Gegner um so mehr achtete, je härter er war. Diese sportliche Einstellung konnte ihm noch einmal gefährlich werden.
Andererseits gehörte sie zu den Eigenschaften, die ihn mir so sympathisch machten. Deshalb schwieg ich dazu.
„Natürlich verlassen wir diese Ruine noch nicht", fuhr Perry fort.
„Wir werden abwarten, ob es Avimol gelingt, Kontakt mit den Perdaschisten aufzunehmen und einige dieser Leute hierher zu führen."
Ich schüttelte verärgert den Kopf.
„Das halte ich nicht für klug", widersprach ich. „Ich hatte eigentlich angenommen, daß wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Der Uarter ist zwar gegen die Pedolotsen, aber für den Ganjo, und wenn er uns noch immer für Verräter hält, dann hetzt er vielleicht die Arrivawächter auf uns."
„Du bist zu mißtrauisch, Atlan", entgegnete mein Freund. „Ein Kämpfertyp wie Avimol würde seine Gegner nicht gegeneinander ausspielen."
Ich seufzte. Perry war
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