0483 - Im Zeichen des Ganjos
leicht drehen, dann widerstand es all unseren Bemühungen.
Ich trat einige Schritte zurück und winkte Perry hinter mich.
Dann zog ich meinen Hochenergiestrahler, stellte ihn auf stärkste Bündelung ein und zielte auf die Tür.
Der grelle Energiestrahl fraß sich mit unheimlicher Geschwindigkeit durch das Metall. Wahrscheinlich handelte es sich um eine präkosmische Legierung. Zwei Minuten später stürzte die Tür polternd nach innen.
Jetzt sahen wir, warum sie sich nicht geöffnet hatte. Sie war auf der anderen Seite durch einen Stapel großer Kisten verstellt worden.
Perry riß den Plastikdeckel einer Kiste ab und lachte plötzlich.
Ich beugte mich vor und musterte den Inhalt.
Er bestand aus dicken staubigen Büchern, deren lederne Einbände mit Metall beschlagen waren. Bücherkisten in genügend großer Anzahl waren natürlich schwer genug, um eine Tür zu versperren.
Mein terranischer Freund schob mich ein Stück zurück, dann zerstrahlte er das Hindernis. Geschmolzenes Plastik rann in kleinen Bächen über glimmendes Leder und flackernd brennendes Papier. Wir traten die Flammen aus, mußten wir doch damit rechnen, daß die Bücher äußerst wertvolle geschichtliche Tatsachen enthielten, einen kostbaren Schatz, der dem ganzen ganjasischen Volk gehörte und nicht einfach ein Opfer der Flammen werden durfte.
Danach war es nicht mehr schwierig, den Fluchtstollen zu verlassen. Wir stiegen eine endlos erscheinende steinerne Wendeltreppe hinauf und kamen an eine zweite Stahltür. Auch sie besaß ein Handrad, ließ sich aber im Gegensatz zur ersten Tür mühelos öffnen.
Das erste, was wir sahen, als wir durch die Tür traten, waren die ovalen Ein- bzw. Ausstiegsöffnungen eines Doppelschacht-Antigravlifts. Die Kontrollplatten daneben leuchteten gelb und zeigten offenbar an, daß der Lift in Betrieb war.
„Na, bitte!" flüsterte Perry. „Die Zivilisation hat uns wieder."
Ich streckte die Hand prüfend in eine Schachtöffnung und spürte den abwärts gerichteten Zug. Demnach führte der andere Schacht nach oben.
„Was nun?" fragte ich.
Statt einer Antwort betrat der Terraner den Liftschacht mit dem aufwärts gepolten Kraftfeld. Das war wieder einmal typisch für ihn. Was blieb mir anderes übrig, als ihm zu folgen!
Während wir in der schwach erleuchteten Röhre nach oben schwebten, schob Perry seinen khusalischen Symbionten unter den Kragen der Kombination. Er rechnete also doch mit Kampf.
Nur schade, daß wir unsere Pilgerumhänge nicht mehr besaßen.
Links von uns befanden sich in regelmäßigen Abständen ovale Ausstiegsöffnungen. Ich blickte jedesmal aufmerksam hindurch, sah aber immer nur langgestreckte Korridore ohne jedes Anzeichen von Leben.
Perry wartete natürlich, bis der Schacht zu Ende war. Wir verließen den Antigravlift und standen auf einem hell erleuchteten Korridor. Irgendwo rumorten Maschinen, und in gleichmäßigen Abständen waren Türen in die Wände eingelassen.
Wir drückten uns gegen die Wände, als etwa zehn Meter vor uns ein humanoid geformter Roboter vorbeiging. Er hatte offenbar einen Quergang benutzt, aber uns nicht beachtet. Das war wirklich erstaunlich.
Neben mir öffnete sich eine der Türen. Ich verhielt mich ruhig und barg die Hand mit der Waffe hinter meinem Rücken.
Ein Ganjase mit schulterlangem schwarzem Haar trat auf den Flur. Er war in eine lindgrüne Kombination gehüllt und trug kurze gelbe Stiefel mit dicken Sohlen.
Da er zuerst Perry anblickte, konnte ich seine Augen nicht sehen. Deshalb wunderte ich mich darüber, daß mein terranischer Freund sich entspannte und lächelte.
„Mein Bruder erinnert mich an die Mutter...", sagte der Ganjase leise, ‘".. die im Springbrunnen neben meinem Bett lebt. Oh, die Blumen duften heute so zärtlich wie wilder Zucker!"
Er atmete tief ein und wandte sich um. Sekundenlang blickte ich in seine Augen - die Augen eines Irren -, dann schritt der Mann langsam davon.
Ich sah meinen Freund fragend an.
Perry nickte.
„Ja, wir befinden uns in einem Heim für Geisteskranke, Arkonide", erklärte er. „Ich hatte schon zuvor eigenartig wirre Gedankenmuster bemerkt, aber sie für die von Pedotransferern gehalten."
Ich holte tief Luft.
Wie mir schien, stand uns noch einiges bevor.
*
„Hier sind wir vorerst in Sicherheit", vernahm ich Ovarons Gedankenimpulse. „Geisteskranke galten bei uns Ganjasen immer als unantastbar."
Aber wir sind nicht geisteskrank, gab ich gedanklich zurück.
Vielleicht merken die
Weitere Kostenlose Bücher