Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0487 - Griff aus dem Nichts

0487 - Griff aus dem Nichts

Titel: 0487 - Griff aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Kellerlängen auseinander. Sie konnten also pünktlich um Mitternacht in Rom sein und eine oder zwei Stunden später schon wieder zu Hause.
    »Ihr tuschelt ja schon wieder hinter meinem Rücken«, stellte Don Cristofero fest. »Solltet Ihr Euch etwa in trauter Zweisamkeit zurückziehen wollen? Oh, laßt euch von mir nicht stören. Ich kenne mich schließlich aus, nicht wahr? Ich werde schon bestens zurechtkommen, und notfalls werden mir der Schwarze und Euer Lakai zur Seite stehen, denke ich. Fülle Er nach, mein Bester!« Damit streckte er Raffael das leere Glas entgegen.
    Raffael zauberte die Cognacflasche aus ihrem Versteck. Prompt schoß die Hand des Zeitreisenden vor und entwand sie ihm. »Er füllt mir zu wenig ein, wie mir scheint«, sagte er und bediente sich selbst. Als Raffael fast hilflos wieder nach der Flasche greifen wollte, verkorkte Cristofero sie und klemmte sie sich wie eine Kriegsbeute unter den Arm. »Sehr zum Wohle!«
    Wirklich kein guter Gedanke, dachte Zamorra, der sich an einen Abend erinnerte, wo sie Cristofero sturzbetrunken aus dem Kaminzimmer geschleppt hatten. Da war er zum ersten Mal mit Cognac in Berührung gekommen, und bis zuletzt hatte er wesentlich trinkfester und nüchterner gewirkt, als er war - um dann von einem Moment zum anderen umzukippen.
    Cristofero ließ sich mit randvollem Glas und Flasche in einen Sessel fallen, ohne auch nur einen einzigen Tropfen zu verschütten. Zamorra überlegte, ob es eine Chance gab, ihm die Flasche wieder zu entwenden, aber ohne einen Ablenkungsfaktor würde das kaum gehen. »Wo wir schon mal in so fröhlicher Runde zusammensitzen«, bemerkte er launig, griff nach Nicoles Hand und zog sie, nachdem er sich in einen Sessel Cristofero gegenüber gepflanzt hatte, auf seinen Schoß, »da könnten Sie uns doch vielleicht darüber informieren, Señor Fuego, aus welchem Grund Sie künftig auf die Gastfreundschaft des Earl of Pembroke verzichten möchten. Es kann ja wohl kaum nur daran liegen, daß er Brite ist, oder irre ich mich da?«
    Cristofero beugte sich vor. Er wirkte etwas irritiert durch die profane Anrede, lehnte sich dann aber wieder zurück und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Dieser verflixte Engländer«, seufzte er. »Ihr habt recht, Professor. Ich verzichte künftig gern auf seine sogenannte Gastfreundschaft. Er wird Euch natürlich die Hucke voll lügen. Er wird behaupten, er habe mich fortgeschickt, weil ich zu viel Unruhe stiften würde. Dabei waren es seine Gespenster, die diese Unruhe gestiftet haben! Aber als Engländer ist er natürlich viel zu dumm, um das zu begreifen.«
    Zamorra seufzte; er hatte schon früher beschlossen, Cristoferos Hetztiraden gegen alles Englische einfach zu ignorieren. Zu seiner Zeit hatte England mit Spanien in Fehde gelegen; die Niederlage der Spanischen Armada war unvergessen. Und Engländer und Franzosen waren damals ebenfalls unversöhnliche Gegner gewesen. Von daher mußte man Cristofero nachsehen, daß er gleich aus zwei Gründen jede Gelegenheit nutzte, auf »die Engländer« zu schimpfen; daß an einem Tunnel unter dem Ärmelkanal gebaut wurde, um England und Frankreich auf dem Landweg miteinander zu verbinden, hatte ihn geradezu entsetzt und ihn eine schreckliche Invasion eroberungslüsterner englischer Soldaten heraufbeschwören lassen.
    Der Gnom kicherte über seinem Met. »Rausgeschmissen hat der Earl uns. Einfach rausgeschmissen. Er will uns nie Wiedersehen. Dabei bin ich unschuldig, ich habe überhaupt nichts getan!«
    Don Cristofero beugte sich vor und drehte sich zu ihm um; Zamorra hoffte vergeblich auf die Chance, ihm die Cognacflasche zu stibitzen; der Grande hielt sie eisern fest. »Schweig Er da in Seiner lausigen Ecke, oder ich nehme Ihm den Honigwein weg! ’s ist ja just das Problem, daß er absolut nichts tat, das dräuende Unheil zu verhindern. Dabei schimpft Er sich einen Zauberer! Allerlei unnützes Zeug bewerkstelligt Er in großer Vielzahl, aber schafft Er es etwa, uns in unsere Zeit zurückzutragen? Und schaffte Er es, mir dieses Weibsbild vom frisch gewaschenen Halse zu schaffen? Mitnichten! Ja, wenn es drum ginge, einem Bären den Honigtopf vor den Pranken wegzuzaubern! Aber so…«
    Als der Gnom immer mehr in sich zusammenkroch, lehnte Don Cristofero sich endlich wieder zurück - allerdings nur, um sich sofort wieder vorzubeugen und höflich den Hut zu ziehen und zu schwenken. »Verzeiht, Mademoiselle Duval, daß ich in Eurer holden Gegenwart den schimpflichen Begriff«

Weitere Kostenlose Bücher