0487 - Griff aus dem Nichts
meiner Wortwahl beleidigt haben, so war’s nimmer meine Absicht. Ich… hups.«
Zamorra verdrehte die Augen. Er wußte, wie ungeheuer flink der Grande mit seinem Degen war. Aber abgesehen davon, daß Zamorra nicht vorhatte, Cristofero zum Duell zu fordern, war er selbst mit Schwert, Säbel und Degen auch nicht gerade unbewandert. Wie sonst hätte er bei seinen eigenen Zeitreisen in die Vergangenheit oder in archaische Parallelwelten immer wieder überleben können?
»Oh, Don Cristofero, redet ruhig, wie Euch der Schnabel gewachsen ist«, bat Nicole. »Wir sind ja unter uns, nicht wahr?«
»Das ist wahr«, murmelte der Zeitreisende. »Nicht einmal Roi Louis’ Spione können uns hier belauschen. Die sind ja alle schon vor ganzen, unbegreiflichen drei Jahrhunderten zu Staub zerbröselt und von den Würmern gefressen worden. Wie Madame Beaufort, und wie dieser Mönch.«
Er kicherte, riß sich dann sichtbar zusammen und nahm einen weiteren Schluck. »Der Mönch«, kicherte er. »Ausgerechnet der Mönch. Gnihihi.«
»Wovon sprecht Ihr?« wollte Nicole wissen.
»Von dem Mönch doch. Narr, der er war. Zu dumm zum Leben. Na ja, ich glaube, sie haben ihn dann ja auch aus dem Orden hinauskomplimentiert. Untragbar für das Ansehen seiner Bruderschaft. Er kann froh sein, daß er die Kutte trug. Wäre er ein Adliger gewesen - ich hätte ihn vor die Klinge gefordert, wenn es nicht Monsieur Beaufort getan hätte. Aber ich glaube, der wäre dazu nicht fähig gewesen. Dieser tumbe Tölpel. Gerade gut genug, einen Federkiel ins Tintenfaß zu tauchen. Aber bei einem Degen wußte er sicher nicht einmal, wo vorn und hinten ist. Nun ja, auch er dürfte längst tot sein. Auf sein Wohl.« Er trank erneut und rülpste kräftig, um sich danach anhaltend zu entschuldigen, bis Nicole ihn endlich zum Weitererzählen drängte.
Demnach hatte Madame Beaufort wohl so etwas wie sexuelle Belästigung betrieben und Don Cristofero geradezu verfolgt, nur wollte der nichts von ihr wissen, weil er von verheirateten Damen grundsätzlich die Finger ließ. Aber sie wollte ihn nun mal, und da schwärzte sie ihn beim König an. Er habe sie geschwängert. »Dabei habe ich sie nicht einmal angerührt«, beschwor er. »Wirklich nicht einmal! Roi Louis hörte sich das alles an, schickte sie dann aus dem Saal und nahm mich beiseite und murmelte: ›Ich kann dich ja gut verstehen, daß du sie genommen hast. Wenn du nicht dazu stehen willst, mein Lieber, werden wir sicher eine Lösung finden.‹ - ›Sire‹, beteuerte ich händeringend. ›Ich war es nicht, ich schwör’s bei allem, was mir heilig ist.‹ Aber er lachte nur, offenbar glaubte er nicht, daß mir überhaupt etwas heilig sei. Aber, bei Gott, er ist der König, und der König hat immer recht. Leider, soweit es mich betrifft.«
Zamorra verkniff sich eine Bemerkung zu den Vorzügen der absolutistischen Monarchie, die Don Cristofero sonst immer gegen die Nachteile der Demokratie hervorhob und anpries.
Eines Tages würde er dem Grande dieses Eigentor unter die Nase reiben können.
»Leider?« hakte Nicole nach. »War sie denn tatsächlich schwanger?«
»Na ja, ein bißchen«, gestand Don Cristofero; Zamorra verdrehte die Augen. Ein bißchen schwanger, ein bißchen tot, ein bißchen taubstumm… »Aber nicht von mir!« fügte der Grande sofort hinzu, ehe Zamorra ihn auf den offenkundigen Schwachsinn hinweisen konnte, den er da gerade formuliert hatte. »Es war dieser Mönch! Das konnte ich nachweisen. Deshalb haben sie ihn ja auch ausgeschlo…äh, ups, ausgest… gestoßen. Oje. Dieser Cognac ist wirklich gut. Aber ich war’s wirklich nicht.«
Es hatte keinen Sinn mehr, ihm die Flasche abzunehmen; sie war fast leer. Zamorra lehnte sich seufzend zurück.
»Nun«, fuhr Cristofero fort, »taucht sie in Pembroke-Castle plötzlich als Gespenst auf. Sagt, sie habe sich das Leben genommen, weil ich sie nicht erhört hätte. Seitdem müsse sie spuken. Ich hätte ihr Leben ruiniert. Ich hätte sie geschwängert, ich hätte die Schuld auf den Mönch abgewälzt. Ich, ausgerechnet ich!«
Nicole schüttelte den Kopf. »Vielleicht war es ja auch ihr eigener Mann, und sie hat sich nur gewünscht, das Kind sei von Euch, Don. Einbildung kann Berge versetzen.«
»Ihr Göttergatte konnte keine Kinder mehr zeugen. Ihn trat ein Pferd wohin«, bemerkte Cristofero mit schadenfrohem Grinsen und verschluckte sich prompt. »Äh, ich glaube, ich habe etwas zuviel getrunken. Naja, diese Madame Beaufort war also schon
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