0487 - Ich, der Ganjo
die ich unter dem Umhang verborgen habe. Da fällt der zweite Schuß. Er trifft mich in die Schulter. Der Schmerz ist furchtbar. Auch wenn ich ein Nichts bin: Schmerzen empfinde ich wie jedes andere Wesen auch.
Im Gang steht ein Priester. Seine Robe hängt in Fetzen vom Körper. Sie schleift auf dem Boden. Er kommt mit gezogener Waffe langsam auf mich zu. Vielleicht denkt er, daß ich tot bin.
Ich liege ganz ruhig. Es fällt mir schwer, jetzt nicht zu stöhnen oder nach der Wunde an meiner linken Schulter zu greifen. Als ich sicher bin, daß er unmittelbar neben mir steht, packe ich eines seiner Beine und ziehe mit aller Kraft. Er schießt sofort, aber im Fallen kann er nicht zielen. Der Schuß faucht an mir vorbei und brennt ein Loch in den Boden.
Der Priester stürzt schwer. Als er aufstehen will, verfängt er sich in seiner Robe. Seine Augen sind weit geöffnet. Er nimmt an, daß ich ihn töten will. Aber das kann ich nicht. Ich zwinge ihn, seine Waffe wegzuwerfen. Ich nehme sie an mich und treibe den Priester in einen verlassenen Raum, den ich von außen abschließe.
Ich habe jetzt zwei Waffen.
Schwäche überkommt mich. Meine Beine drohen nachzugeben.
Ich schwitze fürchterlich. Die Wunde macht mir schwer zu schaffen. Mühevoll schleppe ich mich zur anderen Wand hinüber, damit ich mich mit der gesunden Hand stützen kann. Ich darf jetzt unter keinen Umständen das Bewußtsein verlieren. Vor meinen Augen bilden sich Kreise. Alles um mich herum scheint zu schwanken. Ich kann nicht unterscheiden, ob das dumpfe Dröhnen in meinem Kopf von fernen Explosionen oder von meinem eigenen Pulsschlag ausgelöst wird. Ich sehe die Umgebung nur verschwommen.
Irgendwie gelange ich zum Funkraum. Ich umklammere eine Waffe und öffne die Tür mit einem Tritt. Drei erschrockene Techniker drehen sich in ihren Sitzen zu mir um. Sie starren mich an wie eine Erscheinung.
Ich bin zu spät gekommen!
Guvalasch und die fünf anderen sind verschwunden.
Enttäuschung und Schwäche drohen mich zu übermannen. Ich stolpere vorwärts und falle mit dem Oberkörper auf einen Tisch.
Jemand kommt und richtet mich auf. Ich will mich losmachen, bin aber viel zu schwach.
„Trinken Sie!"
Einer der Techniker hat Mitleid. Warum mißachtet er Guvalaschs Befehl und tötet mich nicht?
Er flößt mir irgend etwas ein, aber es bekommt mir nicht. Ich muß mich übergeben. Der Mann läßt mich auf den Tisch zurücksinken.
„Ich kümmere mich nicht um Ihre Angelegenheit", sagt der Techniker. „Es geht mich nichts an. Sie sind nicht der Ganjo, und ich will nicht wissen, wer Sie wirklich sind."
Was redet er nur für einen Blödsinn!
„Wir müssen Guvalasch rufen", sagt einer seiner Freunde.
Allein die Nennung des Namens läßt mich hochfahren. Ich muß schrecklich aussehen, denn der Techniker, der mit einem Becher neben mir steht, weicht unwillkürlich zurück.
„Wenn Sie die Verletzung nicht behandeln lassen". sagt er, „werden Sie nicht mehr lange leben."
„Halten Sie Ihren Mund!" fahre ich ihn an. Ich blicke zu den beiden anderen hinüber. „Und Sie auch."
Ich fuchtele mit meiner Waffe herum.
„Ich bringe jeden um, der noch irgend etwas sagt!"
Ich glaube, ich könnte meine Drohung wahrmachen. Ich bin jetzt in einer schrecklichen Verfassung.
Ich ramme dem Mann, der neben mir steht, den Lauf der Waffe in den Bauch. Er läßt den Trinkbecher fallen. In seinen Augen zeichnet sich Todesangst ab.
„Wo ... wo ist Guvalasch?" fragte ich.
„Er ist vor wenigen Augenblicken mit den fünf Pedolotsen gegangen."
„Wohin? Los, sagen Sie mir, wohin er gegangen ist!"
Er überlegt. Vielleicht weiß er nichts - vielleicht will er mich auch belügen. Ich erkenne, daß er noch Angst vor Guvalasch hat. Ich verstärke den Druck mit der Waffe.
Er wird schnell gefügig.
„Sie sind zum Transmitterraum unterwegs."
Ich beiße mir auf die Unterlippen. Guvalasch und seine Pedolotsen wollen fliehen. Sie haben erkannt, daß sie hier verloren haben. Sie lassen ihre Organisation im Stich. Ich habe damit gerechnet. Allerdings wußte ich nicht, daß sie sogar einen Transmitter haben.
Wohin wollen sie sich abstrahlen lassen?
Ich schüttele den Kopf. Darüber kann ich später noch nachdenken. Jetzt muß ich sie verfolgen. Sie dürfen nicht entkommen.
Ich wende mich wieder an die Techniker.
„Wie komme ich zum Transmitterraum?"
Diesmal antwortet der Mann, den ich mit meiner Waffe bedrohe, sofort.
„Sieben Etagen tiefer, genau unter diesem Raum.
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