0488 - Blutregen
Señor Fuego, weshalb Sie uns in Ihrem Vollrausch unbedingt in diese fatale Situation bringen mußten!«
»Dafür kann ich nichts!« entrüstete der Zeitreisende sich. »Mich dünkt, ’s war der Schwarze, dieser Nichtsnutz von einem Zauberer. Vermutlich wollte er sich mittels der Magie wieder einmal unerlaubt Süßigkeiten beschaffen.«
»Was hier absolut nicht zur Debatte steht«, unterbrach Nicole scharf. »Gib nicht pausenlos diesem armen Teufel die Schuld, du Scheusal!«
»Mon Dieu! Welch kecke, unverfrorene Rede! Ich muß doch sehr bitten!« empörte sich Cristofero.
»Bitten darfst du - und den Mund halten. Jetzt rede ich, und du hast Sendepause!« fuhr Nicole ihm über den Mund. Cristofero knirschte mit den Zähnen. Zamorra schüttelte den Kopf. Daß Nicole dem Zeitreisenden recht abhold war, wußte er natürlich längst, aber zu einem solchen Eklat war es bisher noch nie auch nur ansatzweise gekommen. Es mußte ein recht grobes Zerwürfnis zwischen den beiden gegeben haben.
Nicole erzählte endlich, wie sich alles aus ihrer Sicht abgespielt, welche Schlüsse sie daraus gezogen und was sie dann unternommen hatte. Cristofero hörte stumm zu; eigentlich paßte diese Ruhe gar nicht zu ihm. Aber vielleicht hielt er sich jetzt bewußt zurück, um nicht mit Zamorra in Streit zu geraten.
Zamorra berichtete seinerseits, was ihm zugestoßen war.
»Reichlich verworren«, urteilte Nicole. »Entweder werden die Brüder vom Stein von Unlogik beherrscht, oder es ist ein Fakt im Spiel, den wir noch nicht kennen. Ich nehme letzteres an. In einem Punkt aber kann ich dich beruhigen; Robor dürfte der einzige Teleporter sein. Freund Xolox hat jedenfalls keine Anstalten gemacht, sich per Teleportation zu verflüchtigen, obgleich er die Chance dazu einige Male gehabt hätte, als der Dicke ihn gefangennahm.«
»Du meinst Don Cristofero?«
Nicole nickte.
Zamorra seufzte. »An sich kann es uns ja völlig egal sein, was hier geschieht«, meinte er. »Für uns ist nur wichtig, wie wir wieder nach Hause kommen. Da das Regenbogenblumenfeld verbrannt ist, sind wir hier gestrandet. Und ich fürchte, es ist nicht damit getan, daß wir wie ›E.T.‹ im Film einen verrückt aussehenden Apparat konstruieren, um damit ›nach Hause telefonieren‹ zu können.«
»Wenn wir wissen, was das hier für eine Welt ist, sind wir ein Stück weiter«, überlegte Nicole. »Ash’Cant scheint es wohl nicht zu sein.«
»Ist es auch nicht«, sagte Zamorra und deutete nach Osten. »Ich wüßte nicht, daß es auf Ash’Cant jemals einen türkis-farbenen Sonnenaufgang gegeben hätte!«
***
Der Gnom öffnete die Augen. Er fühlte sich zerschlagen und kraftlos. Aber da war ein süßlicher Duft, der ihm in die Nase stieg. Langsam raffte er sich von dem harten Boden auf, auf welchem er gelegen hatte. Er versuchte sich zu erinnern. Das Bild einer verbrannten Ebene, darin eine kleine, schnell emporwachsende Pflanze!
Um ihn herum die magischen Kreidezeichen auf dem Boden. Und da war auch der Blütenstaub, den er aus den Regenbogenblumen gezupft hatte - nein, das war kein Blütenstaub mehr. Das war Honig!
Daher kam der intensive, süße Duft! Etwas an seinem Zauber mußte diesen Honig bereitet haben, so wie es normalerweise die Bienen in ihren Waben taten. Unwillkürlich fuhr der Schwarze sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Das war ja ein recht willkommener Nebeneffekt seines Zaubers!
So prächtig war es ihm noch nie gelungen! Er hatte gesehen, was er sehen wollte, brauchte jetzt nur noch seine Schlüsse daraus zu ziehen, und er hatte Honig gezaubert!
Ganz so wie normaler Honig sah die klebrige Masse allerdings nicht aus, sondern sie schimmerte trotz ihres goldfarbenen Grundtons in Regenbogenfarben. Der Namenlose lächelte und tauchte den Finger in den Honig ein, um ihn dann genüßlich abzuschlecken. Es ging ihm durch und durch; für ein paar Minuten vergaß er Zeit und Raum. Er war geradezu süchtig nach allem Süßen.
Noch während er naschte, ging eine Veränderung in ihm vor. Das Bild des Kellergewölbes und der Blumen verschwamm, wurde überlagert von der verbrannten Landschaft. Die schnell wachsende Pflanze war größer geworden, sie hatte bereits breite Blätter ausgebildet und trug eine Knospe, die sich mehr und mehr verdickte.
Der Gnom erschrak.
Wieso konnte er plötzlich, ohne den kräftezehrenden Zauber anzuwenden, dieses Bild wahrnehmen?
Er schüttelte sich, zwinkerte heftig. Aber das Bild blieb. Ein Fotograf hätte diesen
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