0488 - Die Mumie und der Totengott
Fragte sich nur, was sie dort trieben?
Für Suko stand längst fest, daß er in den Keller mußte. Nur dort konnte er dem Rätsel des Singsangs auf die Spur kommen.
Aber wie war das zu schaffen, ohne aufzufallen? Das Haus war ziemlich groß, nach dem Eingang konnte er lange suchen. Von den Zuhörern wußte sicherlich keiner Bescheid.
Dafür aber der Redner.
Der hatte seinen Vortrag mittlerweile beendet, denn Suko vernahm das dünne Geräusch des Beifalls durch die geschlossene Tür.
Sekunden später hatte er die Tür erreicht und zog sie behutsam auf. Er peilte durch den Spalt in den Vortragsraum, wo jetzt die Deckenbeleuchtung brannte.
Eine Sekunde später war Suko durch die Tür gehuscht und hatte sich unter die Gäste gemischt, von denen einige zum Ausgang schritten, andere aber noch bei ihren Stühlen standen und diskutierten. Auch der Redner war noch umringt, aber er hatte es eilig, denn er schaute mehrmals auf die Uhr, bis er es schließlich leid war und den Unentwegten erklärte, daß er keine Zeit mehr habe.
Eine junge Frau fragte nach dem nächsten Vortrag.
»Morgen wieder.«
»Und welches Thema?«
»Wir können das heute Gehörte vertiefen.«
»Danke, Mr. Shariz.«
Jetzt kannte Suko auch den Namen des Mannes. Er hieß Shariz.
Das hörte sich ägyptisch an, obwohl der Redner eigentlich nicht wie ein Orientale aussah. Er war schon etwas älter, sein Haar zeigte eine graue Farbe und lag gescheitelt auf dem Kopf. Die dicke Hornbrille paßte eigentlich nicht zu seinem Typ, ließ ihn aber gelehrter erscheinen.
Shariz hatte es endlich geschafft, sich seiner Bewunderer zu entledigen, nahm seine Aktentasche an sich und wandte sich ebenfalls in Richtung Ausgang.
Dort stand Suko.
Shariz sah ihn erst, als er nur wenige Schritte entfernt war, weil er zu Boden geschaut hatte. Dann erschrak er über Sukos Anblick und ging einen halben Schritt zurück, bevor sein Gesicht einen ärgerlichen Ausdruck annahm.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich noch etwas tun muß. Bitte, der Vortrag ist beendet. Weitere Fragen…«
»Ich gehöre nicht zu Ihren Zuhörern, Mr. Shariz.«
Der Mann überlegte. »Ach ja. Was tun Sie dann hier?«
»Ich habe auf Sie gewartet.«
»So!« Shariz rückte die Brille zurecht. »Und womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Sie sollten mich dorthin führen, wo die Action ist«, erklärte Suko locker.
Shariz schüttelte den Kopf. »Wie meinen Sie?«
»Ich will in den Keller, Meister. Und zwar so, daß ich nicht sofort entdeckt werde.«
Shariz war blaß geworden. »Nein, unmöglich. Das ist nicht drin. Sie… Sie …« Er verstummte und schnappte nach Luft, weil er plötzlich in die Mündung einer Beretta schaute.
»Wirklich nicht?« fragte Suko.
Der Mann hob die Schultern und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
»Sie müssen verrückt sein«, flüsterte er.
»Sie sind nicht ganz bei Sinnen. Wissen Sie, was Sie da tun?«
»Ja, ich bedrohe Sie mit der Waffe, weil Sie mir den Weg freiwillig nicht zeigen wollen. Aber ich will in den Keller, denn ich habe meine Gründe.«
Shariz hatte sich wieder gefangen. Die Waffe beeindruckte ihn nicht mehr. »Mister«, sagte er, »ich weiß nicht, wer Sie sind und was Sie hier wollen. Aber ich möchte Ihnen nur raten, dieses Haus so rasch wie möglich zu verlassen. Verschwinden Sie, und zwar rasch. Wenn nicht, würden Sie es bitter bereuen. Was Sie hier finden werden, ist der Tod.«
»Der mich schon immer gereizt hat. Bsonders dann, wenn er in einem Zusammenhang mit alten Gesängen und plötzlich auftauchenden gläsernen Pyramiden steht, die von einer Mumie und einem Totengott bewohnt werden. Das ist doch der Fall gewesen, nicht wahr?«
Shariz holte tief Luft. »Ihnen ist wirklich nicht zu helfen. Gehen Sie, bitte!«
»Mit Ihnen – und in den Keller!« Suko blieb knallhart.
Shariz schaute dem Inspektor ins Gesicht. Dabei verzog er die Lippen. »Es ist gut«, sagte er schließlich. »Es ist alles gut, wir können gehen. Ich zeige Ihnen den Weg.«
»Hoffentlich den inoffiziellen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich will in keine Falle laufen. Wenn ja, wären Sie der erste, der es zu büßen hätte.«
Shariz blieb stehen und senkte die Arme. »Sie wollen also nur in den Keller schauen?«
»So ist es.«
»Nun gut, diesen Wunsch kann ich Ihnen erfüllen. Darf ich noch fragen, mit wem ich es zu tun habe?«
»Namen sind wie Schall und Rauch.«
»Auch das akzeptiere ich. Darf ich vorangehen?«
»Gern.«
Shariz wandte sich der Tür zu,
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