0488 - Die Mumie und der Totengott
durch die Suko zuletzt gekommen war. Der Inspektor wurde mißtrauisch. »Geht es dort zum Keller?«
»Ja.«
»Ich habe weder eine Treppe noch eine Tür im Korridor entdecken können.«
»Sie sind auch kein Eingeweihter, Mister.«
Suko hatte beschlossen, dem Mann zu glauben und ließ ihn vorangehen. Der Waffenlauf blieb dabei stets auf den Rücken des Ägypters gerichtet.
Shariz öffnete die Tür, wartete, bis Suko bei ihm war, und ging erst dann weiter.
Suko hielt einen Sicherheitsabstand. Auch wenn der Mann nicht gerade wie ein Kämpfer aussah, traute Suko ihm nicht. Hochaufgerichtet schritt Shariz durch den Korridor und blieb etwa in der Mitte stehen, wo auch die Lampe brannte.
Suko fühlte sich leicht auf den Arm genommen. »Von hier wollen Sie in den Keller gelangen?« fragte er trotzdem.
»Sie wollten es so!«
»Keine Tricks!« warnte der Inspektor.
Shariz rückte wieder an seiner Brille. »Nein, ich werde schon keine Tricks versuchen.«
Die Wand sah fugenlos glatt aus. Erst jetzt stellte Suko eigentlich fest, daß sie überhaupt nicht in dieses alte Haus hineinpaßte. Man mußte sie nachträglich eingesetzt haben.
Welchen Kontakt der Mann berührte, konnte Suko nicht erkennen. Wahrscheinlich befand er sich in Bodenhöhe, jedenfalls ertönte ein leises Knacken, und einen Moment später bildete sich in der Wand eine ziemlich große Lücke.
Ein Teil des Betons schwang nach innen. Suko konnte nur staunen, und er hörte gleichzeitig das unheimlich klingende Singen wesentlich lauter als bei seinem ersten Besuch.
Bevor Shariz gehen konnte, tippte ihn Suko noch mit der Mündung an. »Hören Sie, mein Freund. Was hat das zu bedeuten? Wohin geht es dort?«
»Auf einen Speicher.«
»Und weiter?«
»Wollen Sie es sehen?«
Der Inspektor nickte. »Sicher. Ich bin jetzt so weit gegangen und werde den Rest auch noch schaffen. Aber Sie werden vorgehen, Meister. Und versuchen Sie nicht, mich reinzulegen.«
»Wie käme ich dazu?«
»Es war nur eine freundliche Warnung.«
Sie betraten den hinter der Wand liegenden Raum. Es war tatsächlich ein großer Speicher, dessen Untergrund aus breiten Holzbohlen bestand. Licht brauchten sie hier nicht anzuknipsen, es kam von unten und erfüllte den Speicher mit einem gewissen Dämmer.
Obwohl die beiden Männer über Holzbohlen schritten, war der Speicher rechts von ihnen offen.
Er bildete dort ein Dreieck, zu vergleichen mit einem Balkon in der Oper, von dem aus man einen hervorragenden Blick in die Tiefe besaß und auch die Bühne sehen konnte.
Suko kam sich ebenfalls vor wie ein Zuschauer, als er den Mann nach rechts dirigierte, um in die Tiefe schauen zu können. Am Rand blieben beide stehen.
Wer immer das alte Haus umgebaut hatte, er hatte es jedenfalls sehr gründlich getan. Falls sich tief unter ihnen tatsächlich der Keller befand, so waren sämtliche Wände und Mauern entfernt worden, so daß ein einziger Raum entstand. Ein gewaltiger, großer, unheimlicher Keller und gleichzeitig ein Versammlungsort.
Dort unten trafen sich die wahren Freunde der ägyptischen Kultur. Aber was sie taten, hatte mit der Kultur diess Landes kaum etwas zu tun. Sie hielten eine Zeremonie ab.
Über Sukos Kopf befand sich das Dachgebälk. Es bestand aus starken Holzstreben, die miteinander verbunden waren und die dicken Dachstreben stützten. Seile und Ketten hingen an Rollen. Sie pendelten über dem Boden wie erstarrte Arme.
»Wollten Sie das sehen?« fragte Shariz.
»Wahrscheinlich.«
Der Mann nickte und lächelte. »Sie können stolz darauf sein, es gesehen zu haben. Nicht vielen Menschen ist dies erlaubt worden. Die wenigen, die es gesehen haben, gehören entweder zu uns, und wenn nicht, haben sie nichts mehr verraten können.«
»Heißt es, daß sie die Leute töteten?«
»Zumindest schwiegen sie.«
Shariz lächelte kalt, und Suko merkte, daß dies kein Spiel mehr war, sondern tödlicher Ernst.
»Allerdings werden Sfe mit mir Schwierigkeiten bekommen«, flüsterte er. »Ich mag es nämlich nicht, wenn Menschen einfach umgebracht werden. Verstanden?«
Shariz bekam große Augen. »Umgebracht, sagen Sie? Nein, die Leute werden nicht einfach umgebracht. Sie erleben eine andere Welt, sie treten hinein in das große Reich der Sechmet.«
»Und wer ist das?«
»Unsere Königin!« erklärte Shariz voller Stolz. »Unsere Göttin. Was Sechmet zu sagen hat, wird uns das Heil bringen. Sie ist die Kriegsgöttin mit dem Löwenkopf. Ihr dienen wir, und wir haben eine Verbindung zu
Weitere Kostenlose Bücher