0488 - Die Mumie und der Totengott
und spitz. Haarscharf geschliffen. Mit einer solchen Waffe war es möglich, Operationen durchzuführen, was in den alten und neuen Reichen am Nil auch geschehen war.
Hier sollte er töten!
Als die Diener der Sechmet den Dolch sahen, verneigten sie sich hoheitsvoll und schauten danach zu, wie der Hohepriester den Griff mit beiden Händen umklammerte und dann die Arme hochhob.
Eine typische Geste, wie Suko sie auch von entdeckten Fundstücken aus dieser Zeit kannte.
Es wurde still.
Nur nicht auf dem Dachboden, wo sich der Inspektor bewegte. Er hätte mit einem Schuß alles klarmachen können, das widerstrebte ihm. Suko wollte keine Toten. Es mußte noch eine andere Chance für ihn geben. Und die hing links von ihm.
Dort befanden sich die langen Seile, an denen er sich in die Tiefe schwingen konnte. Er würde über sie kommen wie ein Sturmwind.
Geduckt huschte Suko auf sein neues Ziel zu.
Die im Tempel versammelten Sechmet-Diener hatten nur Augen für ihren Hohepriester und das Mädchen, das auf dem Rücken lag.
Lord Ralston ließ sich Zeit.
Mit lauter Stimme sagte er: »Ich werde jetzt die Worte sprechen, um dich, Sechmet, davon zu überzeugen, daß wir es ernst meinen. Wir haben dir die Pyramide in diese Zeit geholt. Wir konnten…«
Er verstummte.
Suko hatte schon das Seil zwischen seine Hände genommen und machte sich zum Abschwung bereit.
Als er die Stimme nicht mehr hörte, zögerte er ebenfalls. Was war geschehen?
Der Hohepriester trat einen halben Schritt zurück, auch in die Reihen der Diener geriet Unruhe.
Den Grund sah Suko mit Staunen.
Miriam Kirk war dabei, sich aus ihrer Rückenlage aufzurichten!
***
Niemand sprach. Lastend hatte sich die Stille über den Tempel gelegt. Wie war es möglich, daß dieses Mädchen, das in tiefer Trance gelegen hatte, so reagierte?
Selbst Ralston und seine Diener waren davon überrascht. Sie schauten sich an, hoben die Schultern, in ihren Gesichtern stand der reine Unglaube, dann flüsterten sie sich Worte zu, die Suko nicht verstand.
Das Geschehen lief weiter.
Miriam richtete sich so weit auf, daß sie eine sitzende Haltung erreicht hatte. Jetzt sah Suko auch wieder ihr Gesicht. Durch das ungewöhnliche Licht hatte es eine ebenfalls ungewöhnliche Farbe angenommen. Schattenhaft und violett. Es wirkte wie angestrichen und gleichzeitig wie tot. Nur die Augen leuchteten. Sie waren dunkle Kugeln in den Höhlen. In der unteren Gesichtshälfte hatten sich die Schatten noch mehr verdichtet, deshalb konnte Suko nicht sehen, daß sich ihr Mund bewegte, als sie anfing zu sprechen und damit auch die anderen Personen überraschte.
»Ich habe gesehen!« hörte Suko ihre helle klare Stimme. »Ich habe Sechmet in meinen Träumen gesehen. Sie befand sich in der gläsernen Pyramide, und sie war nicht allein, denn Anubis stand als Beschützer an ihrer Seite. Aber ich möchte euch warnen. Es besteht eine Gefahr für Sechmet. Jemand ist gekommen und in die Pyramide eingedrungen. Ein sehr gefährlicher Mensch. Er ist mächtig, denn er besitzt eine bestimmte Waffe, und er hat es geschafft, sie gegen Sechmet einzusetzen. Er will etwas von ihr, er will sie vernichten, er hat der Pyramide die Kraft geraubt und hat sie gleichzeitig umfunktioniert. Sie ist nicht mehr da. Sie ist weg. Die Verbindung zwischen den Zeiten ist gerissen…«
»Neeinnnn!« Lord Ralston stieß einen röhrenden Schrei aus und schüttelte den Kopf. »Das darf nicht wahr sein. Das können wir nicht zulassen. Wir haben alles aufgebaut. Wer ist gekommen? Wer hat es geschafft, die Mauer zu überwinden?«
»Ich weiß es nicht. Es muß ein bsonderer Mann sein, der sehr stark ist. Ungewöhnlich stark. Ich war bereit, mein Blut für Sechmet zu opfern, damit sie wieder erstarkt. Ich spürte, daß man sie begraben hatte, sie aber nicht hatte töten können. Und nun ist er eingedrungen. Er wird…«
»Du wirst sterben!« rief der Hohepriester. »Wir können nicht mehr zurück!«
Miriam Kirk drehte den Kopf, damit sie den Mann anschauenn konnte. »Aber es hat sich vieles verändert.«
»Nichts hat sich geändert. Wenn wir dich töten und dein Blut vergießen, wird die Pyramide den Weg wieder in unsere Zeit zurückfinden. Der Totengott gibt ihr Kraft. Anubis hat zugestimmt, daß wir das Totengericht halten können. Wie damals, wie vor Tausenden von Jahren.« Lord Ralston schüttelte wütend den Kopf.
Er löste seine linke Hand vom Griff des Dolches, stieß den Arm vor und traf das Mädchen hart in Höhe der Brust,
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