049 - Die Höhle der Untoten
schüttelte er den Kopf.
Er begriff einfach nicht, wie dieser Felsbrocken auf die Straße gekommen sein konnte. Die Hügel links und rechts von der Straße waren sanft ansteigend, ihr Gefälle hätte niemals ausgereicht, solch einen Stein nach unten rollen zu lassen.
»Selbst ein Dutzend Männer könnten einen solchen Stein nicht tragen.« Lehrer Laube sah Dorian nachdenklich an.
Der Dämonenkiller verzichtete auf jeden Kommentar. Für ihn war es klar. Der Dreiäugige hatte seine Visitenkarte abgeliefert. Er spielte offensichtlich mit seinen magischen Fähigkeiten. Es sah alles danach aus, dass Olivaro das Ungeheuer steuerte. Der Fürst der Finsternis von eigenen Gnaden liebte skurrile Späße dieser Art. Er hatte das in der Vergangenheit schon oft bewiesen: Immer dann, wenn er glaubte, sein Ziel erreicht zu haben, brach bei ihm die satanische Freude aus, dann musste er seinen Gegnern einfach prahlerisch zeigen und beweisen, wie unbesiegbar er war, über welche Kräfte er verfügte.
»Ich muss die Gefahrenstelle absichern«, sagte der Kommissar und öffnete den Kofferraum seines Dienstwagens. »Die Taucher werden gleich nachkommen. Warten Sie einen Moment!«
Er holte das Warndreieck hervor und lief zurück zur Straßenbiegung. Dorian zündete sich eine Zigarette an.
»Was sagen Sie dazu?«, fragte Laube.
»Ich denke, wir werden noch einige böse Überraschungen erleben.«
»Und wenn Roth eine Armee auf die Beine stellt, er wird den Dreiäugigen nicht finden«, sagte Laube. »Wie soll das alles noch enden?«
»Lassen wir uns überraschen.« Dorian verriet nicht, was er plante.
»Es muss doch Menschen geben, die gegen Geister und Dämonen ankommen können«, redete Laube weiter. »Wir können diesen Wesen doch nicht hilflos ausgeliefert sein.« Der Lehrer ging zu dem Felsbrocken hinüber und betrachtete ihn. Zögernd streckte er seine rechte Hand aus – und zuckte sofort zurück, als sei er von einem elektrischen Schlag getroffen worden.
»Sehen Sie doch!«, rief er. »Das ist übernatürlich!«
Dorian hatte es natürlich schon bemerkt. Der mächtige Steinbrocken löste sich auf, zerfiel vor ihren Augen. Zuerst zeigten sich feine Risse, die den Stein zerteilten. Dann löste er sich in viele kleine Brocken auf, die zu Staub wurden. Dieser unerklärbare Vorgang dauerte nur Sekunden. Als Kommissar Roth zurückkam, war alles schon vorbei.
»Was – was ist denn das?« Er schluckte, schüttelte ungläubig den Kopf, beugte sich vor, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, schluckte erneut. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Der tischgroße Felsbrocken existierte nicht mehr, war zu einem Haufen aus Sand und Staub geworden. Der Kommissar wollte den Sandhaufen mit der Schuhspitze berühren, doch eine warnende Geste Dorians ließ ihn davon Abstand nehmen: »Tun Sie's lieber nicht! Man kann nie wissen. Moment! Nehmen wir lieber einen Zweig.« Dorian lief zum Straßengraben und riss von einem Strauch einen langen, dünnen Zweig ab. Damit fuhr er in den Staub hinein und sprang sofort zurück. Er ließ den Zweig fallen, als hätte er ein glühendes Stück Eisen in der Hand gehabt. Der Zweig loderte blitzartig auf und wurde innerhalb von Sekundenbruchteilen zu Asche.
Der Kommissar wurde bleich und trat unwillkürlich einen weiten Schritt zurück. »Woher wussten Sie das?«
»Misstrauen. Nichts als Misstrauen, Kommissar.«
»Das glaubt mir kein Mensch. Wenn ich das erzähle, wird man mich für verrückt halten. Das ist doch physikalisch unmöglich!« Der Kommissar war außer sich.
»Fahren wir weiter!«, drängte der Lehrer und schaute sich ängstlich um.
Das Gelände hier war unübersichtlich. Die hohen Wacholdersträucher schienen verwunschene Wesen zu sein. Hinzu kam jetzt noch, dass die Sonne von Wolken verdeckt wurde. Ein fahles Zwielicht lag über der Landschaft. Sie setzten sich in den Wagen. Dorian sah Coco prüfend an. Mit ihr schien alles in Ordnung zu sein.
Sie hatte die Unterhaltung der Männer zwar Wort für Wort mitbekommen, doch wie aus weiter Entfernung. Dorians Gesicht war für sie zu einem weißen Oval geworden. Irgendetwas hinderte sie daran, ihm das zu sagen. Kommissar Roth fuhr langsam an, steuerte den Wagen um den Staubhaufen herum und gab dann Vollgas. Von rechts kam plötzlich ein heftiger Windstoß, der den Staub hoch wirbelte und gegen den Wagen warf. Unmittelbar darauf roch es nach verbranntem Lack.
»Halten Sie an!«, bat Dorian.
Er hatte sich umgedreht und sah, dass
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