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0490 - Feuerschädel

0490 - Feuerschädel

Titel: 0490 - Feuerschädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einem erschreckenden Zustand, wenn man kontinentaleuropäische Verhältnisse gewohnt war. Es war auch wieder kälter geworden, und hier und da glitzerten Eiskristalle auf der Fahrbahn.
    In Cluanie-Bridge brannten noch ein paar Lichter. Auch der Pub war noch geöffnet. Zamorra fragte sich, wovon der Wirt lebte. Die paar Menschen, die im Ort wohnten, hatten mit Sicherheit anderes zu tun, als ihr gesamtes Einkommen in der Kneipe zu verprassen. Trotzdem stoppte Zamorra den Mercedes vor dem Pub, froh darüber, daß hier noch Licht brannte.
    »Wartet hier. Ich bin gleich wieder zurück«, informierte er seine beiden Begleiter, stieg aus und durchquerte eine breite Pfütze, die er beim Einparken übersehen hatte. Die Stiefeletten verhinderten aber, daß er nasse Füße bekam.
    Gestern mußte hier noch eine Menge Schnee gelegen haben. Wenn Zamorra in Richtung Ben Attow, zum Gien Altric-Massiv oder über den langgestreckten See blickte, sah er Berghänge, die im Mondlicht nach einer geschlossenen Schneedecke aussahen. Unwillkürlich fröstelte er; er war so gut wie nie im Winter hier gewesen.
    Drei Leute waren noch in der Schankstube, einschließlich des Wirtes. Keith Ulluquart stutzte und bewies sein phänomenales Gedächtnis, denn er erkannte den späten Gast sofort wieder, der nur einmal hier eingekehrt war. »Ich werd’ verrückt - das ist ja der Dämonenprofessor aus Frankreich! Von Ihnen haben wir ja lange nichts mehr gesehen und gehört, Professor! Darf ich Ihnen einen Whisky auf Kosten des Hauses anbieten?«
    Zamorra schmunzelte. »Nur, wenn der Weg zum Castle unbefahrbar geworden ist und wir hier Quartier nehmen müssen, Keith«, sagte er. »Aber Sie können uns eine Flasche von Ihrem Selbstgebrannten mitgeben - natürlich gegen Bezahlung.«
    »Abzüglich der Runde aufs Haus«, grinste Ulluquart. »Schön, daß Sie wieder mal hier sind, aber wie kommen Sie darauf, der Weg sei unbefahrbar? Der Schnee ist doch wieder weggetaut. Außerdem haben sowieso nur fünfzehn Zentimeter gelegen.«
    Nur, nannte der Mann das!
    »Warten Sie, ich hole eine frische Flasche«, versprach Ulluquart. »Für Sie sogar eine mit Etikett. Handgemalt!« Er verschwand durch eine kleine Tür und tauchte Augenblicke später wieder auf, eine große Literñasche in der Hand. »Nehmen Sie die mit, Professor, und der Teufel soll Sie holen, wenn Sie auch nur einen Penny dafür bezahlen!«
    »Der Weg ist wirklich frei?« fragte Zamorra vorsichtig.
    »Wenn ich es Ihnen doch sage, Professor! Gestern war’s schlimm, da ist William zu Fuß runter und wieder ’rauf gepilgert, aber heute herrschen schon wieder hochsommerliche Verhältnisse. Sie können sogar mit Sommerreifen hinauffahren!«
    Zamorra nickte. »All right, Keith, dann biete ich Ihnen jetzt einen Schluck von Ihrem Geschenk an und trinke mit Ihnen. Aber nur ein Glas - den beiden anderen möchte ich das Lenkrad nämlich lieber nicht überlassen.«
    »Ich denke, Ihre Frau kann fahren?« wunderte Keith sich. Daß Zamorra und Nicole nicht verheiratet waren, wußte er nicht und konnte es auch nicht an den Ringfingern ablesen - allein in Cluanie sparten neunzig Prozent der verehelichten Einwohner das Gold für die Trauringe. Daß sie verheiratet waren, wußte ja ohnehin jeder.
    »Die ist aber nicht mitgekommen«, sagte Zamorra und wurschtelte den Korken aus dem Flaschenhals - Schraubverschlüsse waren hier verpönt und bei der Eigenabfüllung auch unpraktisch. Dabei bewunderte er das handgemalte Etikett. »Wer ist denn hier in Cluanie ein so begnadeter Künstler?« wollte er wissen.
    »Roy Thurso, aber den werden Sie heute hier nicht mehr sehen. Der war schon hier und ist im Vertrauen gesagt, ein wenig durcheinander. Kein Wunder; mit Rhu Mhôrven legt man sich nicht einfach so an.«
    »Angelegt hat er sich doch gar nicht mit ihm«, mischte sich einer der beiden Oldtimer am Ecktisch ins Gespräch. »Was kann Roy dafür, wenn Mhôrven sich einfallen läßt, plötzlich in seinen Gedanken herumzuspuken und ihn nicht mehr in Ruhe zu lassen? Mhôrven bringt mehr Unruhe in diese Gegend, als es die Engländer in all den Jahrhunderten getan haben!«
    Dieser Rhu Mhôrven schien ja nicht gerade einer der sieben angenehmsten Zeitgenossen zu sein, und Zamorra gefielen die Andeutungen nicht, die über ihn gemacht wurden. Er selbst hatte bei seinen früheren Besuchen nie etwas von Mhôrven gehört.
    »Wie auch?« gab der Oldtimer am Ecktisch die entsprechende Frage zurück. »Sie sind ja auch kein Highlander,

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