0490 - Hiebe auf den ersten Blick
Zündschlüssel und führte ihn seelenruhig wieder ins Zündschloß. »Das ist die Aufregung, Mr. Torrington. Es wird Ihnen gleich besser gehen, wenn wir erst aus der City heraus sind.«
Sein Gesicht verzerrte sich zur Fratze. Mit einem Mal kam der Torrington zum Vorschein, den ich hatte sehen wollen, der haltlose Verbrecher, der Brudermörder.
Nach außen blieb ich gleichmäßig freundlich. Ich mußte das Spiel bis zum bitteren Ende, bis zum völligen Zusammenbruch, bis zum Geständnis fortsetzen. Das Tonbandgerät lief seit einer Viertelstunde. Wenn es auch vor Gericht keine Beweiskraft besaß, so würde es doch, zusammen mit den übrigen Beweisen, die ich gegen ihn gesammelt hatte, die Anklage unterstützen.
Torrington war irrsinnig vor Angst. Und ich wußte auch, warum! Nach seiner Meinung konnte der Wagen jeden Augenblick in die Luft fliegen. Genauer gesagt, in dem Moment, wenn die Bremstrommel den dünnen Draht durchgescheuert hatte, der die Sprengladung zünden sollte. Er war es gewesen, der Mac Semple den Auftrag gab, mich in die Luft zu jagen.
Plötzlich hielt er einen kurzläufigen Derringer in der Hand. Ich sah es ihm an, er war zum Letzten entschlossen. Inzwischen hatten wir die Ausfallstraße nach Tuckahoe erreicht. Nur selten fuhr ein Auto an uns vorüber.
»Was soll das'bedeuten, Mr. Torrington?« fragte ich ruhig.
»Anhalten, sofort anhalten«, zischte er.
Ich stoppte den Wagen an einer Ausbuchtung der Straße und stellte den Motor ab. Ich wartete gespannt, wie weit er sein Spiel treiben würde.
Er ging aufs Ganze.
Im Bruchteil einer Sekunde sah ich, wie er den Zeigefinger krümmte.
Ich warf mich instinktiv nach links, und die Kugel schlug dicht neben mir in das Sesselpolster.
»Fertig, Mr. Torrington?« fragte ich ruhig.
Er drückte nochmals auf den Abzugshebel. Aber der Hahn schlug mit einem hellen Klicken auf die leere Patronenhülse.
Ich warf mich nach vorn und entwand ihm die Waffe. »Diese doppelläufigen Revolver«, so belehrte ich ihn, »haben ihre Tücken. Sie müssen den Hebel an der Seite zurücklegen, wenn Sie auch den zweiten Schuß abfeuern wollen. Jetzt ist es allerdings zu spät dafür.«
Torrington gab sich noch nicht verloren. »Ich muß plötzlich verrückt geworden sein. Es war einfach zu viel. Die Nerven… ich…«
Mit einer blitzschnellen Bewegung ließ ich die Handschellen um seine Gelenke schnappen. »Sparen Sie sich Ihre Worte für die Vernehmung, Mr. Torrington. Wir können zurückfahren. Ich habe Ihnen doch heute am Telefon versprochen, daß ich Sie an einen Ort bringen würde, an dem Sie absolut sicher sind. Eine Gefängniszelle ist ein solcher Ort, meinen Sie nicht auch?«
Er wehrte sich verzweifelt. Aber es gelang mir schließlich, ihn zur Ruhe zu bringen.
»Sie brauchen keine Angst mehr zu haben, daß die Sprengladung hochgeht, die Sie für mich legen ließen. Wir haben sie natürlich rechtzeitig entfernt.«
Was er hervorsprudelte, war nicht zu verstehen. Flüche und Verwünschungen prasselten auf mich nieder, die, wenn sie in Erfüllung gingen, für ein ganzes Leben gereicht hätten.
Als ich mit meiner kostbaren Fracht zum Distriktgebäude kam, war Phil der erste, der mich begrüßte.
»Alles erledigt?« fragte er strahlend.
»Alles, bis auf ein paar Kleinigkeiten. Aber die hebe ich mir für die Sitzung beim Chef auf.«
***
Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt der Ereignisse. Aber diesmal ließ es sich wirklich nicht umgehen. Mehr noch als über den Erfolg im Fall Torrington freute ich mich, daß Phil zurück war und den Schluß des Dramas miterleben konnte.
Vorher machte ich Franklin Torrington darauf aufmerksam, daß er nicht auszusagen brauchte.
»Sie können sich einen Rechtsanwalt nehmen und…«
»Ich werde alles sagen, was Sie wünschen«, unterbrach er mich knapp.
Wir versammelten uns im Zimmer des Chefs: Mr. High, Phil, Dick Borden, Franklin Torrington, ein Stenograf und ich. Zwischendurch kam Helen ein paarmal herein und brachte uns ihren berühmten Kaffee.
Als alle Platz genommen hatten, gab ich eine kurze Einführung. Ganz wohl fühlte ich mich dabei nicht. Phil grinste unverschämt. Er kannte meine Abneigung gegen solche Schlußsitzungen.
»Ich werde mich auf das Notwendigste beschränken«, sagte ich. Und zu Franklin Torrington gewandt, fügte ich hinzu: »Unterbrechen und korrigieren Sie, wenn ich etwas Falsches sagen sollte.«
Torrington nickte. Er machte einen völlig apathischen Eindruck.
»Der Fall Torrington begann
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