0491 - Der Blutjäger
Stadt über und unter der Erde. Gigantisch, mit eigenem Bahnhof, mit allem.
»Haben Sie eine Vorliebe für einen bestimmten Wagen?«
»Eigentlich nicht.«
Wir fragten bei Hertz nach und konnten wählen. Mit dem BMW hatte ich gute Erfahrungen gemacht und entschied mich für ein Modell der 3er Reihe.
»Kennen Sie den Weg?«
Ich nickte. »Zumindest bis Stuttgart.«
»Der Rest ist leicht.«
»Für Sie«, erwiderte ich lächelnd und deutete auf in der Nähe stehende Telefonzellen. »Sie entschuldigen mich einen Moment. Ich muß anrufen.«
»Okay.«
Kleingeld hatte ich mir besorgt. Der Mann, den ich anrufen wollte, saß beim BKA in Wiesbaden.
Er hieß Kommissar Mallmann. Er und ich hatten schon so manchen Fall gemeinsam gelöst. Wenn jemand etwas von unheimlichen Vorfällen auf der Schwäbischen Alb gehört hatte, dann mußte es Kommissar Mallmann sein.
Bei ihm lief eigentlich alles zusammen, was nicht so recht in den Rahmen paßte und nach Übersinnlichem roch. Das hatte der Kommissar inzwischen durchsetzen können.
Hoffentlich war er auch im Büro. Beim vierten Läuten hob jemand ab. Es war nicht mein Freund Will. Eine Frauenstimme fragte nach meinen Wünschen.
»Kommissar Mallmann, bitte.«
»Tut mir leid, er ist in einer Konferenz. Kann er zurückrufen?«
»Das geht schlecht. Aber melden Sie ihm bitte, daß ein gewisser John Sinclair angerufen hat. Ich werde es später noch einmal versuchen.«
»Danke, Herr Sinclair, schon notiert und auch verstanden.«
»Danke sehr.«
Eva Leitner wartete am Wagen. Fragend schaute sie mich an. »Nun, haben Sie Erfolg gehabt?«
»Leider nein. Wir müssen es von unterwegs noch einmal versuchen.« Ich warf den Autoschlüssel hoch, er blitzte auf im Sonnenlicht, schnappte ihn wieder und öffnete die Türen.
»So, schnallen Sie sich an.«
»Wollen Sie Tiefflieger spielen?« fragte sie lachend.
»So ungefähr.«
Ich nahm ihr Parfüm war, das mir gefiel. Wie eine frische Brise verteilte es sich im Wagen. Eva trug das lange Haar offen. Sie war, wie man so schön sagte, ein Vollblutweib… Alles dran.
Unser Ziel war die Autobahn Karlsruhe. Wir stießen über die ziemlich freie Straße hinein in den Morgen und rauschten schon bald am Odenwald vorbei, an den ich schreckliche Erinnerungen hatte.
Vor Jahren hatte Will Mallmann in einer kleinen Kirche Hochzeit feiern wollen. Nach der Trauung war der Schwarze Tod erschienen und hatte die junge Braut mit einer Sense getötet.
Vor Karlsruhe wurde der Verkehr dichter. Er nahm noch zu, als wir in Richtung Stuttgart fuhren und uns in der Höhe von Pforzheim befanden. Baustellen zwangen uns in einen kleinen Stau, danach konnte ich nie mehr als Siebzig fahren.
So schlichen wir dahin. Es wurde Mittag, bevor wir die Gegend um Stuttgart erreichten, wo auch die große Steigung begann, die im Winter und an Hauptverkehrstagen stets verstopft war.
»Der Aufstieg zur Alb«, meldete Eva. Sie mußte laut sprechen, um den Lärm der neben uns fahrenden Lastwagen zu übertönen. Die schweren Fahrzeuge krochen auf der rechten Seite. Sie bildeten eine nie abreißende Schlange aus Fahrzeugen.
»Wollten Sie nicht noch einmal anrufen?« Eva stellte die Frage nach der Steigung, als wir uns auf der Höhe befanden, wo die Autobahn etwas schmaler wurde und ein Schild schon wieder auf die nächste Baustelle hinwies.
»Ich halte an der nächsten Raststätte.«
Sie lag in einem kleinen Tal und war von bewaldeten Bergen umgeben. Eva hatte mir erklärt, daß wir nicht mehr lange auf der Autobahn bleiben konnten. Die übernächste Abfahrt mußten wir nehmen.
Während ich telefonierte, blieb die junge Frau beim Auto. Sie rauchte eine Zigarette.
Es war kühl, eigentlich zu kalt für Mai, aber der Himmel zeigte eine herrliche Bläue, und die Sonne schien auch.
In der Zelle hatte sich die Luft aufgeheizt. Ich suchte wieder mein deutsches Kleingeld zusammen, warf es ein und wählte.
Diesmal bekam ich Will Mallmann an die Strippe. »John, ich habe extra auf meine Mittagspause verzichtet, weil ich auf deinen Anruf wartete. Was gibt es denn?«
»Fasten tut dir mal ganz gut.«
»Das sagst du. Wo bist du eigentlich?«
»Zwischen Stuttgart und Ulm.«
»Was?«
Ich mußte grinsen, als ich Wills Schrei hörte, weil ich mir vorstellen konnte, daß er jetzt von seinem Schreibtischstuhl in die Höhe sprang.
»So ist es.«
»Und da bist du nicht bei mir vorbeigekommen?«
»Ich hatte keine Zeit.« Im Schlitz verschwanden mehrere Markstücke.
»Das darf doch
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